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       # taz.de -- Rechtsoffener Agrarverband: Neue „Freie Bauern“-Sprecherin gegen die Wahrheit
       
       > Die neue Sprecherin der „Freien Bauern“ ist bekannt für Esoterik. Und für
       > ein Papst-Buch, das geklaute Texte von der taz-Satireseite als wahr
       > verkauft.
       
   IMG Bild: Protest mit Galgenattrappe: Demonstration der „Freien Bauern“ Mitte Januar 2024 in Berlin
       
       Der rechtsoffene Landwirteverband „[1][Freie Bauern]“ bestreitet regelmäßig
       den wesentlichen Beitrag der Agrarbranche zur Klimakrise – und hat nun eine
       Pressesprecherin, die es mit der Wahrheit ebenfalls nicht sehr genau
       genommen hat: Esther von Krosigk ist schon durch Falschinformationen,
       Plagiate und Esoterik aufgefallen. Auf der [2][Internetseite der
       Bauernorganisation] teilte die zuletzt freiberufliche Autorin Mitte August
       den Verbandsunterstützern mit, dass sie jetzt „als Presse- und
       Öffentlichkeitsreferentin für ihre Interessenvertretung“ tätig sei.
       
       Gemeinsam mit einem Co-Autoren veröffentlichte Krosigk Ende 2005 das Buch
       „[3][Worüber der Papst lacht: Anekdoten, Aperçus und Allerlei über Benedikt
       XVI.]“ Rund 10 der gut 80 Geschichten wurden teils wortwörtlich, teils
       leicht abgewandelt von der taz-Satire-Seite „die Wahrheit“ übernommen –
       ohne auf die Quelle und den satirischen Charakter hinzuweisen.
       
       Die Texte waren bereits Monate vor dem Buch [4][im April 2005 in der taz
       erschienen]. „Sämtliche Texte waren komplett erdichtet: dass der Papst
       nachts heimlich Hanutas isst; dass seine Lieblingsfernsehsendung ‚Drei
       Engel für Charlie‘ ist; oder dass er als Student gern scherzhaft rief:
       ‚Habemus Kartoffelmus‘“, deckte einer der „wahrheit“-Autoren, Michael
       Ringel, bereits 2007 und [5][2023] in der taz auf. Er kritisierte, dass
       ihre Texte „ohne Nachdruckgenehmigung“ kopiert worden seien.
       
       Trotzdem wird Krosigks Buch bis heute zum Beispiel beim
       Onlineversandhändler Amazon beworben mit dem Text: „Wussten Sie, dass der
       Heilige Vater während besonders stressiger Arbeitsphasen nachts heimlich
       Hanuta aß, […] oder dass er als junger Student in der Mensa rief ‚Habemus
       Kartoffelmus‘?“ Krosigk nennt die Publikation immer noch im [6][Lebenslauf]
       auf ihrer Internetseite ein „Sachbuch“.
       
       Ebenfalls 2005 erschien Krosigks Band mit dem Titel „Du bist nicht allein
       auf Erden. Wie wir alle unseren kosmischen Begleitpartner finden“. Auf dem
       Cover steht: „Dieses Buch wurde mit Liebesenergie durch das bekannte Medium
       Sylvia Douglas aufgeladen“. So preist Krosigk auch ihr Taschenbuch
       [7][„Spirituelle Empfängnis. Sanfte Wege bei ungewollter Kinderlosigkeit]“
       an. Für Nichtesoteriker dürfte es nichts mit überprüfbarem Wissen zu tun
       haben, wenn ein Buch damit beworben wird, es sei von einer Person mit
       angeblichen Verbindungen zum übersinnlichen Bereich „mit Liebesenergie
       aufgeladen“.
       
       Von 2007 bis 2012 war Krosigk laut ihrer Website Herausgeberin der Reihe
       „Edition Classic“ des nicht gerade als seriös geltenden Verlags VDM, sie
       fungierte demnach auch als Zuständige für „Global Communication“ des
       Unternehmens. Dieses war unter anderem dafür bekannt, teure Bücher fast
       ausschließlich mit Inhalten des freien Onlinelexikons Wikipedia zu füllen.
       [8][Mehrere Medien] und Verbraucherschützer warfen VDM vor,
       „[9][Mogelpackungen“] zu viel zu hohen Preisen zu verkaufen.
       
       Auf die Bitte der taz um Stellungnahme zu den Vorwürfen antworteten Krosigk
       und Freie-Bauern-Geschäftsführer Alfons Wolff: „Wir werden uns inhaltlich
       mit Ihrer verzerrten und teilweise schlicht falschen Form der Darstellung
       vermeintlicher Fakten in dieser Weise nicht inhaltlich auseinandersetzen.“
       Was sie an der „Form der Darstellung“ für falsch halten, führten sie nicht
       aus.
       
       Der Verband ist nicht nur wegen seiner Pressesprecherin umstritten. 2024
       verlor er eine Klage gegen die Agrarsoziologin Janna Luisa Pieper, die ihn
       als „[10][rechtspopulistisch]“ bezeichnet hatte. Die Freien Bauern stellen
       sich als „unpolitisch“ dar, obwohl sie agrarpolitische Forderungen
       aufstellen. Pieper argumentierte, gerade auch solche Themen könnten
       „rechtspopulistisch bearbeitet und kommuniziert werden“. So hätten die
       Freien Bauern in einer Pressemitteilung erklärt, in „der gegenwärtigen
       Agrarpolitik würden sich fast ausschließlich die weltfremden Ideologien
       einer selbstgerechten liberalen Oberschicht widerspiegeln“.
       
       In einer anderen Pressemitteilung sei von „Brüsseler Bürokraten“ die Rede,
       die „als grüne Ideologen“ einen „Vormachtsanspruch“ und das Ziel einer
       „schleichende[n] Enteignung“ verfolgten. Der rechtspopulistische Influencer
       Anthony Lee konnte in einer Rede bei einer Demo der Freien Bauern Mitte
       Januar 2024 in Berlin Politiker im Reichstag als „[11][die da drüben in dem
       Affenkäfig]“ schmähen und die falsche Behauptung verbreiten, Deutschland
       zahle „10 Milliarden Euro für den Aufbau eines Katasteramts in Kolumbien“.
       
       Bei einem Bauernprotest im Januar 2024 in Berlin tolerierte die Gruppe ein
       [12][Banner mit einer rechtsextremen Aufschrift] „Eure Demokratie ist unser
       Volkstod“. Zudem ließ sich ein führender Funktionär des Verbands auf
       Vorschlag der rechtsextremen AfD als Sachverständiger in den Bundestag
       [13][einladen]; dabei verfolgten beide teils die gleichen Ziele, zum
       Beispiel die Umsetzung der [14][2021 geplanten Reform der
       EU-Agrarsubventionen] in Deutschland zu [15][verhindern]. Bei einer
       Demonstration der Freien Bauern im Februar 2024 in Hannover durfte ein
       [16][AfD-Politiker auf der Bühne] sprechen.
       
       ## Verschwörungsmythen zu Migration
       
       Bei einer Kundgebung im vergangenen März stellte ein Redner der
       Organisation [17][Umweltverbände auf eine Stufe mit Inquisitoren und
       Hexenverbrennern]. Die Gruppe bestreitet, dass die Treibhausgasemissionen
       des Landwirtschaft „in relevanter Größenordnung [18][zum Klimawandel
       beitragen]“. Mitte 2023 waren führende Freie Bauern maßgeblich an einer
       Veranstaltung mit Klimawandelleugnung, [19][Verschwörungsmythen zu
       Migration] und Parolen gegen Gendern beteiligt. Außerdem formulierte der
       Verband agrarpolitisch radikale Forderungen wie, „[20][alle seit 2017 in
       Kraft getretenen Auflagen] zu Düngung, Pflanzenschutz und Nutztierhaltung
       auszusetzen“.
       
       Dennoch wird die Organisation vom SPD-geführten Brandenburger
       Agrarministerium „wie jede andere Interessenvertretung“ behandelt. „Wir
       sind in regelmäßigen Gesprächen, sie werden bei Stellungnahmen beteiligt
       und sie werden zu Terminen eingeladen“, schrieb ein Sprecher der Behörde
       der taz.
       
       Auch das Landwirtschaftsministerium von Sachsen-Anhalt unterhält nach
       eigenen Angaben zu den Freien Bauern „wie zu allen anderen Verbänden einen
       regelmäßigen Kontakt.“
       
       Das Bundesagrarministerium von Alois Rainer (CSU) ließ die Frage der taz
       auch nach mehreren Tagen und bis Redaktionsschluss unbeantwortet, ob es
       Kontakte zu der Gruppe pflegt.
       
       Die Freien Bauern, die als nicht gemeinnützige GmbH organisiert sind,
       hatten nach eigenen Angaben Ende März 2024 nur [21][1.900 „Mitglieder]“,
       während es in Deutschland [22][260.000 Agrarbetriebe] gibt. Sie werden aber
       immer wieder in Medien unkritisch zitiert.
       
       19 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Freie-Bauern/!t5996782
   DIR [2] https://www.freiebauern.de/index.php/start/freie-bauern-deutschland/593-verstaerkung-fuer-die-oeffentlichkeitsarbeit-der-freien-bauern
taz.de:70 /!6112132:130: line too long