# taz.de -- Qual-Schlachthof geht neue Wege: Vom Kuhmassaker zum Weideabschuss
> Der unter dem Verdacht von Tierschutzverstößen stillgelegte Schlachthof
> Elsfleth könnte neu eröffnet werden, aber ohne Lebendtransporte und
> Tötungen.
IMG Bild: Auf der gewohnten Weide abgeknallt zu werden, ist für die Rinder fast schon ein Vergnügen
Osnabrück taz | Um den Schlachthof Elsfleth, Landkreis Wesermarsch bei
Oldenburg, Niedersachsen, war es lange still: Ende Oktober 2024 hat das
Veterinäramt Jade-Weser den [1][auf Halal-Schlachtung spezialisierten
konventionellen Betrieb geschlossen]. Der Verdacht: massive
Tierschutzverstöße. Jetzt zeichnet sich eine Wiedereröffnung ab.
Ein der Tierrechtsorganisation Aninova zugespieltes Undercover-Video hatte
den Schlachthof zu Fall gebracht. Den blutigen Qual-Horror, der auf ihm
zu sehen ist, bezeichnet Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender von Aninova,
als „Massaker“. Aninova erstattete bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg
Strafanzeige, das Veterinäramt desgleichen.
Der Zweckverband Veterinäramt Jade-Weser in Schortens hat Ende Oktober,
„sofort nach Erhalt der ersten Videosequenzen“ die Schlachtung verboten.
„Die weiteren Prüfungen stützten die erste Einschätzung, dass deutliche
Verstöße gegen das Tierschutzrecht vorliegen“, schreibt der Zweckverband.
Die Ermittlungen dauerten an, schreibt Thorsten Stein, Sprecher der
Staatsanwaltschaft Oldenburg. „Derzeit sind die Akten an die Polizei
versandt zwecks Identifizierung und anschließender Vernehmung noch
unbekannter Beschuldigter, die auf Videoaufnahmen zu sehen sind.“
## Gerüchte über einen Neuanfang
Kürzlich schlug Aninova Alarm: „In der Region kursieren Gerüchte“, teilt
die Organisation mit, „ein neuer Betreiber wolle den Schlachthof zum
Jahresanfang umbauen und wieder in Betrieb nehmen.“ Geschähe das, wäre das
für ihn „völlig unverständlich“, sagt Peifer der taz. Und dann wird er
grundsätzlich: „Nur ein geschlossener Schlachthof ist ein guter
Schlachthof!“
Derzeit gebe es keinen neuen Betreiber für den Schlachthof Elsfleth, teilt
der Zweckverband Veterinäramt mit. Ihm und dem Niedersächsischen Landesamt
für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit seien „in den letzten
Monaten lediglich verschiedentliche Ideen für eine Umstrukturierung unter
einem neuen Betreiber vorgestellt“ worden.
Issam Hijazi, Geschäftsführer des Schlachthofs Elsfleth, vermittelt einen
Kontakt zur Ursache des Gerüchts. Es ist die „Regional-Weidefleisch GbR“,
zu der sich rund 30 Rinderhalter aus dem Raum Bremen zusammengeschlossen
haben.
„Das ist also schon weit mehr als nur ein Gerücht“, sagt Wolfgang
Golasowski der taz, ehrenamtlicher Sprecher der Firma und vor seiner
Pensionierung Richter und Staatsrat in Bremen. „Wenn alles klappt, pachten
wir den Betrieb und beginnen dort so schnell wie möglich mit der Arbeit,
vermutlich Ende des Jahres.“
## Schlachtung per Gewehrkugel
Aber der Betrieb werde kein Schlachthof mehr sein, sondern nur noch eine
Verarbeitungsstätte. „Die Tiere werden in ihrer gewohnten Umgebung getötet,
entweder auf dem Hof per Bolzenschussbetäubung und Kehlschnitt, oder,
idealerweise, auf der Weide, durch eine Gewehrkugel.“
Im Betrieb in Elsfleth werde dann „nichts mehr von dem existieren, was auf
den Videos zu sehen ist“, sagt Golasowski. Die Hof- oder Weidetötung sei
besser für das Tierwohl. Und sie sei besser für die Fleischqualität, weil
die Ausschüttung von Stresshormonen vermieden werde.
Die Rinderhalter, viele [2][Hofladen-Vermarkter], einige biozertifiziert,
suchen schon mehrere Jahre nach einer solchen Verarbeitungsstätte. Was in
Elsfleth vielleicht demnächst entsteht, bezeichnet Golasowski als
„Hotspot“, als Betrieb mit Vorzeigecharakter, denn „so was gibt es ja noch
nicht“.
Dass der Schlachthof ein belasteter Ort ist, ist eine Herausforderung für
die GbR. „Wir müssen das sehr offen kommunizieren“, sagt Golasowski. „Wir
wollen die Vergangenheit des Schlachthofs ja nicht verstecken, und uns
nicht vor ihr, aber sie ist Vergangenheit.“
## Tiere zu essen, gilt als vernünftig
Unabhängig vom Betreiber müssten die seit der Schließung bestehenden
Auflagen „vor einer (Wieder-)Inbetriebnahme umgesetzt bzw. abgearbeitet
werden“, erklärt der Zweckverband Veterinäramt. Derzeit sei die Schlachtung
dem Schlachthof Elsfleth „weiterhin untersagt“. Die Einhaltung des
Schlachtverbotes werde amtlich überwacht.
Wie verhindert werden kann, dass sich Zustände wie der in Elsfleth
wiederholen? Man sei dabei „auch auf die Weiterentwicklung rechtlicher
Regelungen und Vorgaben angewiesen“, schreibt das Veterinäramt. „So
[3][unterstützen wir ausdrücklich die Einführung einer verpflichtenden
Kameraüberwachung] für schlachtende Betriebe mit behördlichen
Zugriffsrechten.“
„Das klingt natürlich erst mal besser“, kommentiert Jan Peifer die
Perspektive, dass in Elsfleth Tiere zukünftig nicht mehr getötet werden
sollen, nur noch zubereitungsgerecht zerlegt. „Aber eine wirklich
tiergerechte Alternative sehe ich hierin nicht. Auch hierbei sterben die
Tiere ja.“
[4][Paragraph eins des Tierschutzgesetzes] verfügt: „Niemand darf einem
Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“ Die
Fleischauslagen unserer Supermärkte zeigen: Anscheinend gilt es als
vernünftig, Tiere essen zu wollen.
10 Sep 2025
## LINKS
DIR [1] /Schlachthof-bei-Oldenburg/!6042656
DIR [2] /Nachfolge-gesucht-in-der-Landwirtschaft/!6092725
DIR [3] /Gruene-Ministerin-ueber-Schlachthoefe/!6045740
DIR [4] https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/BJNR012770972.html
## AUTOREN
DIR Harff-Peter Schönherr
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