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       # taz.de -- Studie der Universität Hamburg: Fast keine Fische mehr in der Elbmündung
       
       > Der Fischbestand in der Elbmündung ist seit 2010 um über 91 Prozent
       > gesunken. Schuld sind laut der Studie die Elbvertiefung und der
       > Klimawandel.
       
   IMG Bild: Für sie gibt's hier heutzutage fast nichts mehr zu fangen: Fischer*innen an der Elbmündung im Jahr 2022
       
       Seit 2010 ist der Gesamtbestand aller Fischarten in der Elbmündung um über
       91 Prozent gesunken. Es ist der geringste Bestand der letzten vier
       Jahrzehnte. Zu diesem Ergebnis ist ein Forschungsteam der Universität
       Hamburg gekommen. Es hat für eine Studie die Daten aus Fischproben
       untersucht, die seit 1984 an fünf Messstationen in der Elbmündung in die
       Nordsee genommen worden waren. Dabei wurden die gefangenen Fische jeweils
       identifiziert, gezählt, gewichtet und vermessen.
       
       Neben einem sinkenden Fischbestand fanden die Forscher*innen für die
       Studie auch heraus, dass mehr Schwebstoffe und ein höherer Salzgehalt in
       der Elbe zu finden sind. Mit dem zunehmenden Anstieg des Meeresspiegels
       aufgrund des Klimawandels dürfte das in Zukunft auch noch stärker zunehmen,
       schreibt der Hauptautor Jesse Theilen vom Leibniz-Institut zur Analyse des
       Biodiversitätswandels. Die Studie gebe einen Einblick in die starken
       Auswirkungen menschlicher Eingriffe, schreibt Theilen weiter.
       
       Die Elbmündung bei Cuxhaven hat schon so Einiges erlebt: Ein besonders
       großer Faktor ist die Vertiefung der Fahrrinne. Sie soll dafür sorgen, dass
       immer größere Containerschiffe in den Hamburger Hafen fahren können.
       
       Durch die Elbvertiefung reduzieren sich allerdings auch die
       [1][Flachwasserzonen]. Diese sind wichtige Laich- und Aufwuchsgebiete für
       viele Fischarten. Auch Einflüsse, wie die zunehmende Zulassung von
       Industrie-, Agrar- und Gemeinschaftsabwässern sowie die Nutzung von Wasser
       für die Kühlung von Kraftwerken, werden in der Studie als Gründe für den
       Rückgang der Fische aufgezählt.
       
       In den ersten Erhebungsjahren ab 1984 hatten sich die Fischbestände
       zunächst erholt. Vor den 1980er-Jahren verursachten unerwünschte Zunahmen
       von Nährstoffen, die zu übermäßigem Pflanzen- und Algenwachstum führten und
       ein Mangel an Sauerstoff einen Rückgang der Bestände. Bis 2010 waren diese
       durch ein gutes „Verschmutzungsmanagement“ wieder gewachsen und erreichten
       sogar einen Höhepunkt. Seitdem geht es allerdings wieder bergab.
       
       Den Landesvorsitzenden des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu) Malte
       Siegert überrascht das nicht: „Schon 2016 haben wir prognostiziert, dass
       genau das passieren wird.“ Als verantwortlich für den Rückgang der Fische
       sieht auch er die vielen Eingriffe, die in den letzten Jahren an der
       Elbmündung durchgeführt wurden.
       
       Allerdings betont er: „Die Fische sind nur ein Symptom für einen kranken
       Fluss.“ Es gehe nicht nur darum, was in der Elbe passiert, sondern auch um
       die Abhängigkeit zwischen verschiedenen Ökosystemen. Fische seien besonders
       für Beutetiere wichtig – sowohl für die Nahrung anderer Fische, als auch
       für Vogelarten wie die Seeschwalben. „Ich glaube, das hat keiner so richtig
       auf dem Schirm“, sagt Siegert. In seinen Augen ist genau diese Ignoranz
       eine große Gefahr für die Biodiversität.
       
       Durch die Elbvertiefung würden auch landseitig Habitate wie Schlickflächen
       verloren gehen, wo bestimmte Vogelarten ihre Nahrung finden. „Die
       Gesamtzusammenhänge von Natur werden politisch [2][weder begriffen noch
       beachtet]“, sagt Siegert.
       
       Auch wichtig sei der Salzgehalt in der Elbe. Früher lag die Salzgrenze,
       also der Bereich, ab dem Salz im Fluss nachweisbar ist, wesentlich weiter
       westlich. Durch die [3][Elbvertiefung] und den [4][Klimawandel] verschiebt
       sie sich aber immer weiter Richtung Inland. Das passiert dadurch, dass mit
       der Vertiefung viel mehr Wasser in den Fluss kommt. „Heute ist die
       Salzgrenze fast bis nach Wedel vor gerutscht“, sagt Siegert.
       
       Das habe besonders Auswirkungen für die Bauern im alten Land bei Hamburg.
       Früher hätten diese ihre Obstplantagen mit Wasser aus der Elbe bewässert,
       das gehe jetzt nicht mehr. Auch viele Pflanzenarten sind nicht auf den
       hohen Salzgehalt eingestellt. „Die Pflanzen haben von Natur aus gar keine
       Toleranz“, sagt Siegert. Eigentlich müsse es jetzt einen Rückbau der
       Elbvertiefung geben, sagt er. Das ist auch die gemeinsame Forderung des
       Nabu mit der Umweltschutzorganisation WWF und dem Bund für Umwelt- und
       Naturschutz. Siegert vom Nabu hat die Hoffnung, dass sich die Fische in der
       Elbe so gut wie regenerieren würden, wenn es insgesamt weniger Eingriffe in
       das Gewässer gäbe.
       
       30 Sep 2025
       
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