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       # taz.de -- Volksentscheid über Grundeinkommen: Bedingt unterstützt
       
       > Beim Volksentscheid am 12. Oktober stimmt Hamburg darüber ab, ein
       > Grundeinkommen zu testen. Kritik am Versuch kommt vor allem wegen der
       > hohen Kosten.
       
   IMG Bild: War im vorangegangenen Volksbegehren erfolgreich: 95.000 Menschen unterstützen „Hamburg testet Grundeinkommen“
       
       Hamburg taz | Will sich Hamburg ein 50-Millionen-Euro-Experiment leisten?
       Am 12. Oktober sollen die wahlberechtigten Hamburger:innen [1][nicht
       nur in einem Volksentscheid darüber abstimmen, ob der Stadtstaat ein
       strengeres Klimaschutzgesetz bekommen soll, für das die Aktivist:innen
       des „Hamburger Zukunftsentscheids“ werben.] Auch steht der Vorschlag der
       Volksinitiative „Hamburg testet Grundeinkommen“ zur Wahl, mit dem [2][über
       einen dreijährigen Zeitraum ein Grundeinkommen an 2.000 Hamburger:innen
       ausgezahlt werden soll.] 
       
       So ließe sich „Wirkung, Akzeptanz und Umsetzbarkeit von Elementen eines
       bedingungslosen Grundeinkommens“ erforschen, legen die Aktivist:innen
       in dem zur Abstimmung stehenden Gesetzesvorschlag dar. Vor allem wegen der
       hohen Kosten aber verweigern die meisten Parteien wie auch
       zivilgesellschaftliche Akteure der Initiative die Unterstützung.
       
       „Es ist ein extrem teures und unnötiges Experiment“, begründen die
       Regierungsfraktionen von SPD und Grünen in einer gemeinsamen Erklärung ihre
       Ablehnung, der CDU-Fraktionschef Dennis Thering spricht von einem
       „Experiment mit der Gießkanne“, das keine gezielte Unterstützung für die
       Menschen darstelle, die wirklich Hilfe brauchen.
       
       Auch vom Sozialverband SoVD, bei dem seit Jahren schon kontrovers über das
       Für und Wider eines Grundeinkommens diskutiert wird, gibt es keine
       Unterstützung für den Volksentscheid. Einzig die Linksfraktion spricht sich
       für die Volksinitiative aus, weil das Pilotprojekt einen „echten Kontrast
       zum bestehenden Bürgergeld-System mit seinen Sanktionen“ darstelle.
       
       ## Grundeinkommen richtet sich nach Erwerbseinkommen
       
       Auch wenn ein Grundeinkommen schon öfter ausprobiert wurde, unterscheidet
       sich den Initiator:innen zufolge der Hamburger Test: Die ausgewählten
       Personen sollen sich in unmittelbarer Nachbarschaft befinden, um zu
       erforschen, wie es sich auf Alltag und Zusammenhalt auswirkt; die
       Nachbarschaft und die Teilnehmer:innen sollen in ihrer Zusammensetzung
       wiederum repräsentativ der gesamten Hamburger Gesellschaft ausgewählt
       werden.
       
       Zwar stehe die Auszahlung bedingungslos allen Teilnehmer:innen zu,
       allerdings würde das persönliche Einkommen angerechnet werden, das die Höhe
       der Auszahlung verringert. Nach der gegenwärtigen Bemessung würde das
       ausgezahlte Grundeinkommen höchstens 1.346 Euro zuzüglich der Kosten für
       Krankenversicherung betragen. Neben mindestens einer Testgruppe solle es
       eine Kontrollgruppe geben, um Unterschiede zu erkennen. Durchgeführt und
       begleitet werden soll der Versuch durch ein wissenschaftliches
       Forschungsteam.
       
       Allzu einig sind sich aber die Hamburger Grünen nicht in ihrer Ablehnung
       des Versuchs, das zeigte am Dienstagabend eine Online-Diskussionsrunde, die
       das parteiinterne Grüne Netzwerk Grundeinkommen anlässlich des anstehenden
       Volksentscheids organisiert hat: So bekundete die Bürgerschaftsabgeordnete
       Miriam Block, mit „Ja“ stimmen zu wollen. Auch weitere Fraktionsmitglieder
       stünden dem Volksentscheid deutlich offener gegenüber als es die zusammen
       mit der SPD veröffentlichte ablehnende Positionierung nahelegt.
       
       Schließlich entspreche die Forderung nach einem bedingungslosen
       Grundeinkommen dem Grünen Grundsatzprogramm: „Existenzsichernde
       Sozialleistungen sollen Schritt für Schritt zusammengeführt und langfristig
       soll die Auszahlung in das Steuersystem integriert werden“, heißt es dort.
       [3][„Dabei orientieren wir uns an der Leitidee eines Bedingungslosen
       Grundeinkommens.“] Auch der Landesverband der Grünen Jugend hat sich
       deshalb hinter die Volksinitiative gestellt.
       
       ## Hamburger Grundeinkommenstest bräuchte Millionen
       
       Bei der Diskussion stellte [4][Joy Ponader von der Volksinitiative] zum
       Grundeinkommen auch klar, dass die vielfach kritisierten Kosten von 50
       Millionen die absolute Höchstgrenze des Versuchs darstellten – und
       wahrscheinlich am Ende deutlich niedriger lägen: „Es ist ein Maximalbetrag
       – unter den Annahmen und entgegen dem, was wir in anderen Modellversuchen
       erlebt haben –, dass die Erwerbstätigkeit um 15 Prozent nachlässt.“
       
       Bislang zeige aber die internationale Grundeinkommensforschung, dass die
       Erwerbstätigkeit eher um etwa 5 Prozent nachlasse. Demnach würden sich beim
       Hamburger Test auch die tatsächlichen Kosten, die aus dem Landeshaushalt
       fließen sollen, deutlich verringern und vermutlich eher bei 35 Millionen
       Euro liegen.
       
       30 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Abstimmung-ueber-Klima-und-Grundeinkommen/!6074873
   DIR [2] /Modellversuch-zum-Grundeinkommen/!6102165
   DIR [3] https://www.gruene.de/grundsatzprogrammprozess
   DIR [4] /Volksentscheid-uebers-Grundeinkommen/!6110394
       
       ## AUTOREN
       
   DIR André Zuschlag
       
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