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       # taz.de -- Unsicherheit bei der Wärmewende: Heizsaison startet, Preise ziehen an
       
       > Die Energiekosten steigen. Deshalb ermahnt der BUND Wirtschaftsministerin
       > Reiche zur Novelle des Heizungsgesetzes. Warten sei „Gift für die
       > Wärmewende“.
       
   IMG Bild: Das Heizen geht wieder los, für Kund*innen dürfte es wieder deutlich teurer werden
       
       Berlin taz | So trügerisch können Statistiken sein: Die Preise für Gas und
       Strom für private Haushalte in Deutschland seien im ersten Halbjahr
       gesunken, [1][meldete das Statistische Bundesamt am Dienstag]. Danach
       verbilligte sich Gas für Verbraucher*innen im Vergleich zur zweiten
       Jahreshälfte 2024 um 1,2 Prozent auf durchschnittlich 12,13 Cent je
       Kilowattstunde. Für Strom zahlten Privatkund*innen im Schnitt mit 39,92
       Cent je Kilowattstunde sogar 3,1 Prozent weniger.
       
       Ein Blick auf alte Energierechnungen zeigt, dass das nur eine
       Momentaufnahme ist: Insgesamt liegen die Preise für Privathaushalte weiter
       deutlich über dem Niveau vor der Energiekrise, die durch den Ukrainekrieg
       ausgelöst wurde. Im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2021, dem Zeitraum vor
       dem russischen Angriff auf die Ukraine, kostete Gas für Haushalte über drei
       Viertel (77,6 Prozent) mehr. Beim Strom lagen die Preise verglichen mit dem
       Niveau vor dem Ukrainekrieg immer noch gut ein Fünftel (21,4 Prozent)
       höher.
       
       Deshalb schlug der [2][Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND)] pünktlich
       zum Start der Heizperiode am 1. Oktober Alarm: Nicht nur, dass viele
       Verbraucher*innen angesichts hoher Heizkosten besorgt seien, heißt es
       in einer Mitteilung vom Dienstag. Zudem erhöhe Bundeswirtschaftsministerin
       Katherina Reiche (CDU) mit der Ankündigung, das sogenannte Heizungsgesetz
       abzuschaffen, die Verunsicherung.
       
       Denn: In Deutschland sind fast ein Drittel der Heizungen 20 Jahre und
       älter. Diese meist mit Gas und Öl betriebenen Heizungen sollen laut dem im
       Koalitionsvertrag zum Abschuss freigegebenen Gebäudeenergiegesetz (GEG)
       ersetzt werden. Bislang sieht das GEG vor, dass neue Heizungen mit einem
       Anteil von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden
       müssen. Als einen „Zwang zur Heizungspumpe“ hatte das Reiche kritisiert.
       CSU-Chef Markus Söder plädierte für eine geringere Förderung.
       
       ## Unklarheit über Gebäudeenergiegesetz
       
       [3][Was Reiche genau vorhat und wann sie ihre Pläne vorlegt, ist unklar].
       Laut einem am Montag vorgelegten [4][Gutachten des Wärmepumpenverbandes]
       würde eine simple Rücknahme der Heizungsregeln wahrscheinlich vor Gericht
       kassiert. Das aktuelle GEG setze nämlich nur „verbindliches Europa- und
       Verfassungsrecht um“.
       
       Ohne klare Aussagen zur künftigen Förderung wüssten
       Wohnungsbesitzer*innen aber nicht, wie es weitergeht, mahnte der
       BUND. Warten sei „Gift für die Wärmewende vor Ort und bremst Handwerk und
       Hauseigentümer*innen aus“, betont der Umweltverband. „Damit eine
       warme Wohnung nicht zum Luxus wird, braucht es klare gesetzliche
       Rahmenbedingungen und eine verlässliche sozial gestaltete Förderung“, sagte
       BUND-Expertin Tina Löffelsend. Klar sei: „Gasheizungen sind fossile
       Auslaufmodelle und werden zunehmend zur Kostenfalle für Verbraucher*innen.“
       
       Zwischen Januar und Juni 2025 wurden in Deutschland laut
       [5][Branchenangaben] 139.500 Wärmepumpen installiert, 55 Prozent mehr als
       im gleichen Vorjahreszeitraum. Das sind erstmals mehr als die Zahl neu
       verkaufter Gasheizungen (132.500 Geräte). „Doch“, mäkelt der BUND, „statt
       diesen Trend zu unterstützen, schafft die Bundesregierung bislang nur
       Verunsicherung“.
       
       Diese dürfte zulegen: Laut der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft
       CO2online müssen Haushalte in Deutschland 2025 deutlich mehr für eine warme
       Wohnung bezahlen. Die jährlichen Heizkosten für eine gasbeheizte
       70-Quadratmeter-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus würden im Schnitt um 15
       Prozent auf etwa 1.180 Euro steigen, [6][prognostiziert CO2online].
       
       ## Kaum spürbare Entlastungen
       
       Bei Fernwärme prognostizieren die Experten einen Anstieg von 2 Prozent auf
       1.245 Euro, bei Heizöl um 3 Prozent auf 1.055 Euro. Teurer werde auch das
       Heizen mit Holzpellets (plus 20 Prozent auf 740 Euro) und Wärmepumpen (plus
       5 Prozent auf 715 Euro). Hauptursachen für die Steigerungen: die
       Energiepreise und der kalte Winter.
       
       Immerhin hat die Bundesregierung kürzlich Entlastungen bei den
       Netzentgelten vorangebracht – allerdings kaum spürbar. Für einen
       Drei-Personen-Haushalt rechnen Fachleute mit einer Ersparnis von 64 Euro.
       Bei Gas werden Verbraucher ab 2026 von der Gasspeicherumlage befreit. Das
       könnte ähnlich hohe Kosten einsparen. Bei der Stromsteuer sollen Industrie,
       Land- und Forstwirtschaft entlastet werden, nicht jedoch die
       Verbraucher*innen.
       
       Geringere Energiepreise sind auch Teil der Beratungen bei der
       Kabinettsklausur der schwarz-roten Bundesregierung in Berlin, die noch bis
       zu diesem Mittwoch dauert. Dabei geht es allerdings auch wahrscheinlich nur
       um Kosten für Unternehmen.
       
       30 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2025/09/PD25_354_61243.html
   DIR [2] https://www.bund.net/service/presse/pressemitteilungen/detail/news/bund-heizen-muss-bezahlbar-und-klimafreundlich-sein/
   DIR [3] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/heizungsgesetz-zwei-jahre-koalition-100.html
   DIR [4] https://www.waermepumpe.de/presse/pressemitteilungen/details/gutachten-warnt-vor-ruecknahme-der-heizungsregeln-im-gebaeudeenergiegesetz-waermepumpen-branche-fordert-rechtssicherheit/
   DIR [5] https://www.waermepumpe.de/presse/pressemitteilungen/details/waermepumpe-belegt-erstmals-top-position-unter-den-verkauften-heizsystemen-verband-fordert-klarheit-ueber-zukuenftige-rahmenbedingungen/
   DIR [6] https://www.heizspiegel.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/beitrag/heizspiegel-2025-heizen-mit-gas-wieder-deutlich-teurer-waermepumpen-seit-2022-guenstiger-26411/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schöneberg
       
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