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       # taz.de -- Gipfel der Europäischen Union: Hitzige Debatten in Kopenhagen
       
       > Beim EU-Gipfel am Mittwoch geht es um Drohnensichtungen über
       > Nato-Staaten. Strittig ist, woher weitere Finanzhilfen für die Ukraine
       > kommen sollen.
       
   IMG Bild: Flugverbotsschilder alleine werden gegen russische Drohnen nicht helfen
       
       Brüssel taz | So kriegerisch hat sich die EU noch nie präsentiert: Deutsche
       und französische Soldaten, die Fregatte „Hamburg“ und ein Hubschrauber
       sollen beim EU-Gipfel am Mittwoch in Kopenhagen für Sicherheit sorgen. Das
       ist die Antwort auf mysteriöse Drohnen, die Dänemark seit Tagen
       verunsichern und dem „hybriden Krieg“ Russlands gegen Europa zugeschrieben
       werden.
       
       Eine heiße Spur nach Moskau gibt es zwar nicht. Die russische Regierung
       bestreitet, es auf die EU abgesehen zu haben. Selbst die [1][Nato] hat –
       drei Wochen [2][nach russischen Luftraumverletzungen in Polen und Estland]
       – immer noch keine Beweise, dass böse Absicht vorlag. Doch für die meisten
       EU-Politiker steht fest, dass es sich um gezielte Provokationen handelt.
       
       In Kopenhagen dürfte die geballte Wut auf Russland und der angestaute Frust
       über die eigene Ohnmacht zutage treten. Die EU hat kein eigenes Militär,
       [3][gegen Drohnen kann sie bisher auch nichts ausrichten]. Zudem droht ihr
       das Geld für die Ukraine auszugehen – und das zu einer Zeit, da sich
       US-Präsident Donald Trump mehr und mehr aus dem Krieg zurückzieht.
       
       Beim EU-Gipfel liegen zwei Vorschläge auf dem Tisch. Kommissionspräsidentin
       von der Leyen wirbt für einen „Drohnenwall“, der in Osteuropa errichtet
       werden soll. Kanzler Merz macht sich für einen 140 Milliarden Euro schweren
       „Reparationskredit“ für Kyjiw stark. Er soll aus in der EU eingefrorenem
       russischem Vermögen finanziert werden.
       
       ## Belgien wacht über Putins Geld
       
       Beschlüsse werden in Kopenhagen nicht erwartet. Doch die Debatte dürfte
       hitzig werden. Bei den Drohnen stellt sich die Frage, „wer den Hut aufhat“
       und wer die ersten Pilotprojekte durchführen soll. Dass von der Leyen die
       Kontrolle übernehmen möchte, obwohl die EU eine zivile Organisation ist,
       stößt manch einem sauer auf.
       
       Für das Militär ist die Nato zuständig, um die Landesverteidigung kümmern
       sich die EU-Staaten selbst. Zwar hat Nato-Generalsekretär Mark Rutte keine
       Einwände erhoben. Ein europäisches Drohnenabwehrsystem sei „notwendig“,
       erklärte er nach einem Treffen mit von der Leyen in Brüssel. Doch um
       Details und die Finanzierung dürfte heftig gerungen werden.
       
       Ärger droht auch beim Vorstoß von Merz. Er hatte seine Idee zur
       Ukrainehilfe in der Financial Times präsentiert, um den deutschen
       Führungsanspruch zu untermauern. Doch er hat die Rechnung ohne den
       belgischen Premier Bart De Wever gemacht, der mit Argusaugen über das
       russische Vermögen im Wert von rund 200 Milliarden Euro wacht. Es ist bei
       „Euroclear“ in Belgien deponiert.
       
       Es komme überhaupt nicht infrage, „Putins Geld zu beschlagnahmen und uns
       allein mit dem Risiko zu lassen“, erklärte De Wever. „It ain’t gonna
       happen, das wird niemals passieren“, betont er. Belgien könnte das
       Vertrauen der internationalen Anleger verlieren, so die Sorge. Wenn der
       Eindruck entstehe, dass das Geld in der EU nicht sicher sei, sondern
       jederzeit enteignet werden könne, hätte dies auch Folgen für andere
       EU-Staaten.
       
       Die Bundesregierung beteuert zwar, sie könne die Sorgen entkräften und von
       einer Enteignung könne keine Rede sein. Doch selbst der dänische EU-Vorsitz
       bremst. Der Vorschlag habe „viele finanzielle und rechtliche
       Implikationen“, die genau bedacht werden müssten, sagt ein Insider. Dazu
       zählt auch die Frage, wer geradesteht, wenn die Ukraine den
       Milliardenkredit nicht zurückzahlen kann.
       
       Nach den bisherigen Plänen wären das die EU-Staaten – vor allem
       Deutschland. Denn als größtes EU-Land müsste es auch die größten Risiken
       übernehmen. Der deutsche Führungsanspruch hat einen Preis. Merz stehen
       schwierige Debatten bevor – nicht nur in Kopenhagen.
       
       1 Oct 2025
       
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