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       # taz.de -- Film „The Smashing Machine“: Die hässliche Seite des Sports
       
       > Der Film „The Smashing Machine“ erzählt vom Kampfsportler Mark Kerr. Er
       > gibt Dwayne Johnson die Chance, sich als ernsthafter Schauspieler zu
       > bewähren.
       
   IMG Bild: Ein entspanntes Paar? Mark Kerr (Dwayne Johnson) und Dawn Staples (Emily Blunt)
       
       Das Konzept des „Starvehikels“ ist so alt wie Hollywood selbst: Filme, die
       eigens dafür ersonnen wurden, um gewisse Schauspieler oder
       Schauspielerinnen ins beste Licht zu setzen. Rudolf Valentino in „Der
       Scheich“; Marilyn Monroe in „Blondinen bevorzugt“. Das Genre ist ein wenig
       ausgestorben in letzter Zeit, wahrscheinlich auch deshalb, weil die Sorte
       Stars rar geworden ist, für die sich der Aufwand lohnt, weil ihr Name genug
       Publikum ins Kino zieht.
       
       An die Stelle sind mehr und mehr die sogenannten Oscar-Köder-Filme (Oscar
       Bait) getreten, Filme, die mit einem bescheideneren Kassenergebnis
       auskommen, weil ihr wahrer Sinn darin besteht, ihrem Star die begehrte
       Trophäe zu beschaffen. „The Smashing Machine“ mit Dwayne „The Rock“
       Johnson kommt als Paradebeispiel für Letzteres daher.
       
       Obwohl „The Smashing Machine“ im Grunde ein Biopic ist und von der realen
       Karriere des Wrestling- und Mixed-Martial-Arts-Sportlers Mark Kerr erzählt,
       erscheint die Rolle [1][Johnson wie auf den Leib geschnitten. Schließlich
       stieg er als „The Rock“] selbst zu Beginn der Nullerjahre zu einem der
       erfolgreichsten Kämpfer im US-amerikanischen Wrestling-Sport auf.
       
       Mit besonderem Gespür für mediale Auftritte und wirkungsvolle Reden gelang
       Johnson schon bald der Übergang nach Hollywood, wo er zuerst in
       Abenteuerfilmen wie „Die Mumie kehrt zurück“ (2001) auftrat und später in
       Vin Diesels Team der muskelbepackten Männer in ihren röhrenden Autos in den
       „Fast & Furious“-Filmen große Erfolge feierte.
       
       Ein Superhelden-Franchise mit ihm als „Black Adam“ (2022) aus der Taufe zu
       heben, gelang nicht. Nun also versucht Johnson mit „The Smashing Machine“
       den Sprung ins Fach des „ernsthaften Schauspielers“. Sein Auftritt in einem
       neuen, schlanken, weniger muskelbetonten Look rund um die [2][Premiere
       Anfang September in Venedig] blieb nicht ohne Wirkung; Branchenblätter wie
       Variety sprechen dem inzwischen 53-Jährigen große Chancen auf zumindest
       eine Oscar-Nominierung zu.
       
       ## Dwayne Johnsons eigenes Charisma dominiert
       
       Aber das, was Johnson so geeignet erscheinen lässt für die Rolle von Mark
       Kerr, die sportbiografische Nähe ihrer Karrieren, erweist sich als Hypothek
       für den Film. Nicht nur, dass Johnsons eigene Karriere mit ihrem Wechsel
       zwischen Sport und Kino, zwischen Fitness-Influencer und Hollywood die
       schillerndere und interessantere ist, Johnsons eigenes Charisma – er gilt
       als ausgesprochen beliebt bei seinen Kollegen und Mitarbeitern – übertrifft
       das von Kerr um ein Vielfaches.
       
       Was die kuriose Folge hat, dass Johnson, sobald er in die Rolle von Kerr
       schlüpft, sich sichtlich bemühen muss, die eigene Ausstrahlung ein bisschen
       runterzufahren, ein bisschen introvertierter und, ja, schlichter zu
       erscheinen, als es sonst seine Sache ist.
       
       „The Smashing Machine“ will in einem Ausschnitt von wenigen Jahren aus
       Mark Kerrs Karriere dessen Leben und Beitrag zum Mixed-Martial-Arts Sport
       beleuchten. Es beginnt mit einem Auftritt bei den World Vale Tudo
       Championship 1997 in Brasilien, später kämpft Kerr vor allem in Japan, wo
       der MMA-Kampfsport sich großer Beliebtheit erfreut. Es sind Jahre, in denen
       Kerr hinnehmen muss, dass er nicht immer gewinnen wird können.
       
       Als Folge des Sports, der mit hohen körperlichen Risiken verbunden ist und
       oft wenig rücksichtsvoll mit seinen Athleten umgeht, entwickelt Kerr
       außerdem eine Schmerzmittelabhängigkeit, die er aber auch relativ
       schnell wieder überwindet, wobei sich seine turbulente Beziehung zu der
       launischen Freundin Dawn (Emily Blunt) als wenig hilfreich erweist.
       
       ## Beobachtende Haltung des Films
       
       „The Smashing Machine“ ist das Soloregiedebüt von [3][Benny Safdie, der
       im Duo mit seinem Bruder Josh Filme wie „Uncut Gems“] gedreht hat und als
       Schauspieler unter anderem in [4][Christopher Nolans „Oppenheimer“] zu
       sehen war. (Josh Safdie wird im Herbst mit „Marty Supreme“, in dem Timothée
       Chalamet einen Tischtennisspieler verkörpert, seinen eigenen Sportlerfilm
       vorstellen.)
       
       In die von viel kommerziellem Druck geprägte Welt des MMA-Sports
       einzuführen, gelingt „The Smashing Machine“ nur bedingt. Obwohl er die
       hässliche Seite des Sports mit ihrer körperlichen Rohheit recht
       schonungslos ausstellt, behält der Film eine vor allem beobachtende Haltung
       bei. Mit dem Privatleben von Kerr ist es ähnlich: Egal ob Drogensucht oder
       lautstarke Auseinandersetzungen mit Freundin Dawn, der Zuschauer wird in
       respektvoller Distanz gehalten.
       
       Blunts Rolle als kapriziöse Freundin, die immer im falschen Moment
       Aufmerksamkeit will, ist eine sehr undankbare. Die wichtigere Beziehung für
       Kerr ist sowieso die zum Sportsfreund und späteren Rivalen Mark Coleman,
       gespielt von dem echten Wrestling-Champion Ryan Bader, die tatsächlich
       nuancierter und berührender geschildert wird als die zu Dawn.
       
       Aber letztlich weiß man im ganzen Film nie so richtig, mit wem man hier
       mitfiebern soll: mit Kerr, der unspektakulär seine Krisen meistert, oder
       doch vor allem mit Johnson, der sich als Schauspieler ins Zeug schmeißt?
       Aber gerade weil alles auf ihn, den Schauspieler, zugeschnitten ist, kommt
       man Kerr nie richtig nahe.
       
       1 Oct 2025
       
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