# taz.de -- Polizeigewalt in Griechenland: Festgenommen und sexistisch beleidigt
> In Athen wurden vor einer regierungskritischen Demo 18 Personen offenbar
> willkürlich verhaftet. Die Polizei soll zudem Gewalt angewendet haben.
IMG Bild: Teilnehmer*innen bei der Demonstration am 6. September vor dem griechischen Parlament
Athen taz | Update vom 11.9.2025: Das Gericht hat am Mittwoch entschieden,
die Verhandlung auf den 19.02.26 zu verschieben. Alle Angeklagten der
Gruppe 18 sind freigelassen worden.
Offenbar Schikane pur: Sie wollten friedlich an einer Demo in Athen
teilnehmen, nun sind sie seit Tagen in Haft. Eine Gruppe von 18 Erwachsenen
aus der linksalternativen Szene, darunter Griechen, Belgier, eine
Italienerin und fünf Deutsche, stiegen am Samstagnachmittag in einen Bus im
Athener Zentrum ein. Sie hatten vor, an einer Protestkundgebung auf dem
Athener Verfassungsplatz teilzunehmen.
Dazu hatten Angehörige der 57 Toten des verheerenden [1][Zugunglückes im
zentralgriechischen Tempi-Tal] am 28. Februar 2023 aufgerufen. Die
Angehörigen werfen Griechenlands konservativer Regierung unter Premier
[2][Kyriakos Mitsotakis] Verschleierung bei der juristischen Aufarbeitung
des Frontalcrashes vor.
Sofort habe die Gruppe der 18 gemerkt, dass hinter dem Bus mehrere
Fahrzeuge von Spezialeinheiten der griechischen Polizei zur Prävention und
Bekämpfung von Kriminalität (O.P.K.E) sowie ein großes Aufgebot der
Motorradpolizei fuhren, sagt ihr Rechtsbeistand Nikos Kolokotronis der taz.
Später seien noch Zivilpolizisten in den Bus eingestiegen.
Offenkundig wurde die Gruppe schon zuvor von den Behörden observiert. Sie
traf sich an einer Wohnanlage „Prosfygika“ direkt an der Bushaltestelle, wo
sie auf den Bus warteten. Als die 18 aus dem Bus ausstiegen, wurden sie
sofort von rund dreißig Polizisten umstellt. Der Aufforderung der Polizei,
ihre Personalausweise zu zeigen, seien die 18 nachgekommen, erklärt
Kolokotronis. Dies sei durch Videoaufnahmen belegt. Gegen die
Leibesvisitationen hätten sie zu Recht protestiert. Kein gefährlicher
Gegenstand sei bei der Gruppe gefunden worden.
## Sexistische Beleidigungen
Die Athener Polizei habe dennoch eskaliert. Die Beamten teilte den 18
kurzerhand mit, sie würden in Polizeigewahrsam genommen. Die Frauen in der
Gruppe seien gezielt mit sexistischen Beleidigungen wie „Ihr Schlampen,
jetzt werdet ihr sehen, was euch blüht!“ überzogen worden, wie die Athener
Tageszeitung Efsyn berichtet.
Die zuständigen Polizisten habe griechischen Medienberichten zufolge zudem
Gewalt angewendet, um die 18 in einen wartenden Polizeitransporter zu
stecken. Er brachte sie zur Athener Polizeidirektion Gada. Dabei seien
unter anderem zwei deutsche Frauen verletzt worden. Eine der beiden sei von
einem Polizisten auf die Brust gedrückt worden, die andere habe ein
Polizist in den Schwitzkasten genommen. Beide durften erst Stunden später
das Athener Krankenhaus Elpis aufsuchen. In einem Fall habe die Klinik
einen Überweisungsschein für einen Gerichtsmediziner ausgestellt.
In der Nacht zum Sonntag wurde der Polizeigewahrsam in eine Verhaftung
umgewandelt. Die Männer bleiben seither in der Gada-Zentrale in Haft, die
Frauen sind in einer Polizeidirektion im Athener Bezirk Liosia im Westen
der Stadt in Haft. Nach taz-Informationen sind die Zellen in Liosia voller
Ungeziefer, mehrere Frauen klagen über Bettwanzenstiche. Ihre Haut ist von
roten Pusteln und Quaddeln übersät.
## Angeklagt wegen „Ungehorsam“
Am Montag wurde die Gruppe der 18 dem Athener Schnellgericht vorgeführt.
Angeklagt sind sie wegen „Ungehorsam“, hier des Nichtvorlegens der
Personalausweise, sowie der Weigerung, einen Fingerabdruck abzulegen –
beides in Griechenland Vergehen, für die Freiheitsstrafen von höchstens
sechs Monaten verhängt werden. Einziger Zeuge ist ein O.P.K.E.-Polizist. Er
hat eine eidesstattliche Erklärung abgegeben. Das Schnellgericht verschob
die Gerichtsverhandlung auf Mittwoch und verlängerte die Haft der 18 bis
dahin.
Das Gericht folgte dem Antrag der Verteidigung, die darauf verwies, dass in
der Verhandlung keine Übersetzer zugegen waren und ihm noch keine Strafakte
vorliege. Für Verteidiger Kolokotronis ist die Sache klar: „Das ist leider
die [3][übliche Praxis der griechischen Polizei]. Sie nimmt vor
Antiregierungsdemos sogenannte ‚präventive Festnahmen‘ vor. In diesem Fall
kommt die Gewalt seitens der Polizei dazu.“ Fest steht: Die Massendemo
wegen Tempi fand ohne die 18 statt.
9 Sep 2025
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## AUTOREN
DIR Ferry Batzoglou
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