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       # taz.de -- Die Wahrheit: Korrekte Wiesn in Berlin
       
       > Lebenslänglich Bayer: Die Hauptstadt lockt mit etlichen
       > oktoberfestartigen Vergnügungen. Doch nur eine findet auch beim Kenner
       > Zustimmung.
       
       Ins Speiselokal Hippokrates werde ich wahrscheinlich nicht gehen.
       Interessieren würde es mich zwar schon, was das sein soll, ein original
       griechisches Oktoberfest, aber weil das Lokal im Ärztehaus am S-Bahnhof
       Köpenick ein bisschen so aussieht, als wäre es der Warteraum für die
       radiologische Praxis im selben Gebäude, wird die Hellas-Wiesn wohl ohne
       mich stattfinden. Es bleibt schwierig. Heuer klappt es leider nicht mit
       einem Besuch des Oktoberfests in München. Und so suche ich nach einer
       Alternative in Berlin. Derer gibt es jede Menge.
       
       Gleich am Samstag gibt es in der Filiale des Münchner Hofbräuhauses, das
       hinter der hässlichsten Ecke des nun auch nicht gerade schmucken
       Alexanderplatzes seine Berliner Heimat gefunden hat, den „traditionellen
       Fassanstich“ mit Tim Raue. Was der gut frisierte Meisterkoch wohl mit dem
       Oktoberfest zu tun hat? In seiner Münchner Brasserie Colette gibt es
       derzeit ein Wiesnmenü für 89 Euro. „Pommes bavière“ gibt es da zum halben
       Stubenhendl. Außerdem hat er mal eine Präsentation des Designerlabels
       „Schatzi Dirndl“ in seiner Brasserie zu Gast gehabt, bei der auch das
       Modell „São Paulo“ (585 Euro im Onlineshop) vorgeführt worden ist. Ich weiß
       ja nicht.
       
       Eine Art Dirndlpflicht herrscht übrigens auf den (!) Spreewiesn am
       Ostbahnhof in Berlin. Wer einen Tisch buchen möchte, wird in einem
       „Wiesn-Knigge“ auch darauf hingewiesen, „dass die Schleife am Dirndl
       angibt, welchen Beziehungsstatus die Dame hat. Ist die Schleife links
       gebunden, darf die Dame angeflirtet werden, denn sie ist ledig.“ Dazu dann
       der Hashtag #Metoo. Das ist mir dann doch zu blöd.
       
       Da gehe ich ja lieber zum Oktoberfest eines großen Berliner Möbelhauses im
       Industriegebiet Waltersdorf unweit des Flughafens BER. Dort tritt am
       Nationalfeiertag Deutschlands Nationalschlagerstar Heino („Made in
       Germany“) höchstselbst auf, und eine echte „Malle-Party“ soll es dann noch
       dazugeben. „Des wird a Gaudi!“, heißt es auf der Website von Möbel Höffner.
       Auch wenn es einen kostenlosen Shuttle zum S-Bahnhof Grünau geben wird, ist
       mir das zu weit vom Schuss. Mit dem Festzelt der Hauptstadt, das die
       Berliner Schaustellerlegende Thilo-Harry Wollenschlaeger an der Zitadelle
       in Spandau aufgestellt hat, geht es mir nicht anders, auch wenn
       „Meisterjodler Mario Bamberger mit seinen Gaudi Buam“ gewiss sein Bestes
       geben werden.
       
       Es wird jede Menge getan in Berlin, um eine kulturelle Brücke nach Bayern
       zu schlagen in diesen Tagen. Seit 1876 eine Vorreiterrolle in dieser
       Hinsicht nimmt gewiss der Verein der Bayern in Berlin e. V. ein, „gegründet
       zur Pflege authentischer bayerischer Lebensart und Lebensphilosophie“. Der
       Verein richtet natürlich auch ein Oktoberfest aus – mit der Alphorngruppe
       Bavaria Berlin und den Blasmusikern der Berliner Böhmischen. Ein
       Multikulti-Event, wie es korrekter kaum sein könnte. Da gehe ich hin. Ob
       wohl wer mitgehen mag?
       
       19 Sep 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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