# taz.de -- Die Wahrheit: Mit dem Auto ins Taufbecken
> In der PS-starken Kraftfahrerstadt Nürnberg findet wieder das
> alljährliche Festival der Falschparker statt.
IMG Bild: Parkraum findet man auf dem engsten Radweg
Pünktlich zur herbstlichen Volksfestsaison veranstaltet die Stadt Nürnberg
auch dieses Jahr wieder das Festival des Falschparkens. In den vergangenen
zehn Jahren hat sich die Franken-Metropole zum Festivalstandort gemausert,
sagt Oberbürgermeister König stolz. Weltbekannt sind das große
Bratwurstwettessen, das Fest der zweckentfremdeten Biomülltüten sowie die
Woche der schlechtgeredeten Ideen. Immer größere Beliebtheit genießt quasi
aus der zweiten Reihe heraus das Falschparker-Festival, das jedes Jahr
Zehntausende Teilnehmer und Gäste aus ganz Europa in die alte Kaiserstadt
an der Pegnitz zieht.
„Ich denke, was unser Festival so attraktiv macht, ist, dass auch alle
Normalos willkommen sind“, erläutert der OB, der für seine Volksnähe
berühmt ist und schon mal kettenrauchend in der Spielothek gesichtet wurde.
„Falschparker wie du und ich, die ihre Karren mitten in der Fußgängerzone
oder in Feuerwehrzufahrten abstellen. Der gesunde Durchschnitt also. Der in
den USA schon länger als Fun Parking bekannte Freizeittrend ist hierzulande
absolut angekommen.“
## Gestaltungsideen für fossiles Blech
Doch wäre das Falschparker-Festival nicht das Falschparker-Festival, wenn
nicht auch zahlreiche fantasievolle Extravaganzen zur Aufführung kämen.
„Der Einfallsreichtum der Gruppen ist faszinierend“, schwärmt König. „Sie
stellen ihre SUVs und Wohnmobile wirklich überall hin. Selbst an Orte, die
einem Laien niemals einfallen würden.“
Autos werden auf Fußgängerüberwegen festgeklebt, damit sie nicht
weggetragen werden können. In Einkaufspassagen, in den Verteilerzugängen
zur U-Bahn, aber auch in Bahnhofshallen und Fußballstadien, auf
Straßenbahn-Wendeschleifen, Roof-Top-Bars, Spielplätzen, Pocket-Parks und
Pop-up-Biergärten – überall stapelt sich das fossile Blech. Gerade solche
Gestaltungsideen begeistern das Publikum und machen das Festival, so
Bürgermeister König, „zu einem echten Highlight und unterstreichen die
Attraktivität Nürnbergs als Stadt der Innovation und der Kultur.“
Ministerpräsident Markus Söder höchstpersönlich war zur Eröffnung anwesend
und bedankte sich in seinem Grußwort vor allem bei den Sponsoren BMW, Red
Bull und HUK Rechtsschutzversicherungen. Der Freistaat sei ohne
Falschparken nicht denkbar, das Auto Teil der bayerischen DNS. Wer in
Zukunft bestehen wolle, müsse sich jedoch von weibischen Ökoquatschregeln
freimachen. Für Söder, so Söder, lägen zwei Tatsachen auf der Hand: Das
Festival stelle erstens die „absolut hohe Attraktivität und Schlagkraft
Bayerns“ unter Beweis. Und zweitens sei Red Bull wie kaum ein anderes
Getränk geeignet, Bratwürste „hinunter zu spülen“.
## Radfahrer aus dem Verkehr gezogen
Sogar die Teilnahme einer russischen Gruppe ließ die risikofreudige Stadt
zu. Zum Glück, das Dutzend Schützenpanzer, deren Ketten die Wiesen des
Stadtparks zermalmen, stellt einen malerischen Kontrapunkt dar, der sich
zum Besucher-Magneten entwickelt hat.
Zahlreiche Zuschauer nutzen die Möglichkeit, während der vierzehn Tage, die
das Festival in den engen Altstadtgassen zu Gast ist, im eigenen Auto zu
den Aufführungen zu fahren und falsch in der zweiten oder dritten Reihe zu
parken. Für das leibliche Wohl sorgt eine Flottille von Foodtrucks, die
sich ein spannendes Rennen um die besten Park- und Halteverbotszonen
liefern. Dazu gehören natürlich auch Rad- und Fußwege.
Radfahrer wurden dem innerstädtischen Verkehr zuvor entnommen. Eine
Maßnahme, für die es, so König, sowieso höchste Zeit geworden war, nachdem
Radfahrer zuletzt auf Verkehrsflächen vorgedrungen waren, die
ausschließlich für Autos vorgesehen sind, wie Gehsteige, Zebrastreifen,
Einfahrten, Liegewiesen, Grünflächen, die Nichtraucher-Bereiche um
Kindergärten, Operationssäle und Taufbecken.
## Keine Knöllchen-Schikane
Der Bürgermeister versichert, dass auch nach Abschluss des Festivals
Falschparker auf keinen Fall aufgeschrieben würden. Alles werde bleiben wie
zuvor – Knöllchen-Schikane sei mit ihm nicht drin. „Freiheit ist immer die
Freiheit der Parkenden – zitieren Sie mich ruhig damit!“
Auch genial: Die Kommune ließ am Stadtrand einen Hektar Wald roden, um eine
Fußgängerzone nachzubilden, in der jederzeit nach Herzenslust falsch
geparkt werden kann. Das Modell dieses Nürnberger „Fun-Parks“ erregte in
zahlreichen anderen Mittelstädten große Aufmerksamkeit, sodass ein Export
in andere Städte nur eine Frage der Zeit sein dürfte. Mannheim, St. Ingbert
und Erfurt sind interessiert.
„Unterm Strich ein unglaublicher Erfolg“, lautet das Resumée des
Stadtoberen. „Vor allem in Hinblick auf die städtischen Finanzen, die seit
Jahren keinen Cent mehr mit Strafzetteln eingenommen haben.“ Dann
entschwindet der OB in seinem Dienst-Sattelschlepper, den er im idyllischen
Biergarten der mittelalterlichen Kaiserburg abgestellt hatte.
1 Oct 2025
## AUTOREN
DIR Theobald Fuchs
## TAGS
DIR Nürnberg
DIR Verkehrspolitik
DIR Autos
DIR Rentner
DIR Schwerpunkt Klimaproteste
DIR Waffen
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