# taz.de -- Hamburg und der Deutschlandtakt: Neuer S-Bahntunnel kommt so schnell nicht
> Der Plan, die zentrale Hamburger S-Bahnlinie unter die Erde zu legen, ist
> auf der langen Bank gelandet. Das sollte Platz für Fernzüge schaffen.
IMG Bild: Drunter oder drüber? S-Bahn fährt an der Kunsthalle vorbei
Hamburg taz | Ein neuer S-Bahn-Tunnel mitten unter der Stadt, der Hamburg
in den Deutschland-Takt der Bahn einfügen soll, rutscht auf die lange Bank.
Wie das Bundesverkehrsministerium jetzt bestätigte, wird er wohl nicht vor
2035 gebaut. „Vor dem Hintergrund, dass die Planungen noch nicht begonnen
haben und es sich um ein komplexes Vorhaben handelt, kann eine Umsetzung
aktuell noch nicht für die Etappe 2035 unterstellt werden“, teilte ein
Ministeriumssprecher mit.
Hamburg ist ein Nadelöhr für den überregionalen Bahnverkehr, weil die
sogenannte Verbindungsbahn zwischen Altona und dem Hauptbahnhof um 40
Prozent überlastet ist. 300 Züge täglich rattern über die Fernbahngleise;
dazu kommen auf einem eigenen Gleispaar 600 S-Bahnen. Zudem platzt der
Hauptbahnhof aus allen Nähten.
Diese Verhältnisse gefährden den von der Bahn geplanten Deutschland-Takt.
Demnach sollen in Zukunft bundesweit die Züge in einem aufeinander
abgestimmten Rhythmus fahren – die wichtigsten Fernzüge im Halbstundentakt.
Als [1][Lösung hatte der damalige parlamentarische Staatssekretär im
Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann] (CDU), im Dezember 2019
vorgeschlagen, die S-Bahn unter die Erde zu verlegen, um oberirdisch zwei
zusätzliche Fernbahngleise zu gewinnen. Mit Ehrgeiz könne der Tunnel
vielleicht bis Mitte der 30er-Jahre fertig werden.
## Gutachten in Arbeit
Doch mittlerweile ist ungewiss, wann und auch ob dieser
„Verbindungsbahnentlastungstunnel“ (VET) kommt. „Derzeit wird ein Gutachten
erarbeitet, das alle Vorhaben des Deutschlandtakts priorisiert und in
Etappen bündelt“, schreibt das Ministerium. Im vergangenen Monat hätten die
Gutachter den aktuellen Arbeitsstand mit den Stakeholdern, darunter den
Ländern, diskutiert.
Weil die Stakeholder noch die Möglichkeit hätten, ein fachliches Feedback
zu geben, sei das Gutachten noch nicht fertig. „Erst danach wird das
weitere Vorgehen abgestimmt, insbesondere mit Blick auf die zur Verfügung
stehenden Finanzmittel sowie Planungs- und Baukapazitäten“, so das
Ministerium.
Auch bei der Deutschen Bahn wird noch nachgedacht. Wegen der komplizierten
Verschlingung des Bahnverkehrs in Hamburg plant sie für das kommende Jahr
eine „Knotenstudie“. Damit soll nach Auskunft des Ministeriums „in
Abstimmung mit den betroffenen Ländern und Aufgabenträgern analysiert
werden, mit welcher Infrastruktur die prognostizierten Bedarfe
wirtschaftlich umgesetzt werden können“.
Stand jetzt hat der Senat eine Vorplanung gemacht und in der Folge zwei
Trassenvarianten vorgeschlagen. Einfach wird das Projekt in der Tat nicht:
Die Tunnel würden direkt unter dem Ohnsorg-Theater und dem Museum für Kunst
und Gewerbe hindurchführen – bei letzterem durch das erste und zweite
Untergeschoss. Beide Einrichtungen müssten auf Jahre hinaus umziehen.
## Geplante U- und S-Bahnen kreuzen
Darüber hinaus muss der Tunnel mit anderen Nahverkehrsprojekten der Stadt
koordiniert werden: Die neue, bereits im Bau befindliche U-Bahn-Linie 5,
die die Stadtteile Osdorf und Lurup anbinden soll, wird in einem
u-förmigen Bogen die Innenstadt durchfahren und würde mehrfach den
S-Bahntunnel kreuzen, unter anderem unter dem Hauptbahnhof. Verkehrssenator
Anjes Tjarks (Grüne) will sie so weiterbauen, dass sie dem VET nicht ins
Gehege käme.
Gleiches gilt für die S-Bahn-Linie S6, die zur Science City Bahrenfeld
führen soll. Hier halten sich die Planer die Möglichkeit offen, die Strecke
ober- oder unterirdisch aus dem Netz auszufädeln.
In der Öffentlichkeit hat der 5,4 Kilometer lange, knapp drei Milliarden
Euro teure und überwiegend vom Bund zu bezahlende Tunnel [2][viel Kritik
auf sich gezogen]. Die [3][Bürgerinitiative (BI) Prellbock Altona hält
diesen Plan] für teuer, klimaschädlich und [4][fahrgastunfreundlich].
Angesichts der enormen Kostensteigerung beim S-Bahn-Tunnel in München
erwartet sie eher zehn bis zwölf Milliarden. Die Bauzeit werde sich bis
Mitte des Jahrhunderts ziehen und für den Bahnverkehr kaum Vorteile
bringen.
Gegenvorschläge gibt es viele: eine Eisenbahn-Elbquerung im Hamburger
Westen, die Gutachter allerdings verworfen haben; eine Umorganisation des
Verkehrs am Hauptbahnhof – bis hin zu einer [5][Verlegung des Hauptbahnhofs
anderthalb Kilometer nach Osten] zum Berliner Tor.
25 Sep 2025
## LINKS
DIR [1] /Ueberfuellter-Hamburger-Hauptbahnhof/!5646295
DIR [2] /Neuer-S-Bahn-Tunnel-fuer-Hamburg/!5968144
DIR [3] https://buergerbahn-denkfabrik.org/wp-content/uploads/2023/06/2023.05.31_praes.-PK-VET-_Handout.pdf
DIR [4] /Verkehrwende-in-Hamburg/!5934740
DIR [5] /Vorschlaege-fuer-den-Verkehrsknotenpunkt/!6100023
## AUTOREN
DIR Gernot Knödler
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