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       # taz.de -- SPD-Politiker machen soziale Vorschläge: Weniger Extrawürste für Millionenerben
       
       > Wer viel erbt, zahlt kaum Steuern. Führende SPDler wollen jetzt, dass
       > Millionenerben gerechter besteuert werden.
       
   IMG Bild: Fraktionschef Miersch sagte der taz: „Die Sonderregeln bei der Erbschaftssteuer für die Allerreichsten gehören auf den Prüfstand“
       
       Berlin taz | Führende SPD-Politiker wollen die Debatte über Reformen des
       Sozialstaats mit einer Diskussion über eine gerechtere Besteuerung von sehr
       hohen Erbschaften verknüpfen. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch sagte der
       taz: „Die ungleiche Vermögensverteilung ist ein Problem. Deshalb müssen wir
       in der Koalition jetzt diskutieren: Die Sonderregeln bei der
       Erbschaftssteuer für die Allerreichsten gehören auf den Prüfstand.“
       
       Auch Parsa Marvi, Finanzexperte und Mitglied des SPD-Fraktionsvorstands,
       erklärte gegenüber der taz: „Die Sozialstaatsreform und die Frage der
       Vermögensverteilung sollten zusammen angegangen werden. Das wäre eine
       starke Zukunftsbotschaft der Koalition.“ Zu einer gerechten Austarierung
       gehöre, dass man nicht nur Arbeitnehmer:innen und Empfänger:innen
       von Sozialleistungen etwas zumute, sondern auch jenen, die sehr viel
       besitzen. „Gerade die SPD muss beim Thema Vermögensverteilung vorn sein.“
       
       Marvi ist auch Mitglied der von Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas
       (SPD) einberufenen [1][Kommission zur Reform des Sozialstaats], die aktuell
       Veränderungen für steuerfinanzierte Leistungen wie Bürgergeld, Wohngeld
       oder den Kinderzuschlag erarbeitet. Diese sollen zu Jahresbeginn
       präsentiert werden.
       
       Am Dienstag hatte auch SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf in der Sendung
       Markus Lanz Vorschläge gemacht, um Millionenerb:innen stärker in die
       Verantwortung zu nehmen. So forderte er, dass die sogenannte
       Verschonungsbedarfsprüfung für Vermögen ab 26 Millionen Euro abgeschafft
       wird. Diese kann dazu führen, dass Erb:innen von Unternehmen die Steuer
       ganz erlassen wird, wenn sie nachweisen, dass sie sie nicht aus eigenen
       Mitteln zahlen können. Ihm gehe es nicht primär um mehr Einnahmen, sondern
       vor allem um Gerechtigkeit, erklärte der SPD-Politiker in der Sendung.
       
       ## Schlupflöcher schließen
       
       Fraktionschef Miersch unterstützt den Vorstoß. „Ich bin SPD-Generalsekretär
       Tim Klüssendorf dankbar für seine Vorschläge“, so Miersch zur taz. Wer
       Multimillionen- oder Milliardenerbschaften erhalte, dürfe sich nicht aus
       der Verantwortung stehlen. „Wenn wir die bestehenden Schlupflöcher
       schließen, schützen wir kleine und mittlere Erbschaften und sorgen für mehr
       Gerechtigkeit“, sagte Miersch.
       
       Zudem habe man in der Koalition vereinbart, zur Mitte der Legislatur eine
       Einkommenssteuerreform vorzulegen, erinnerte Miersch. „Wenn wir wollen,
       dass die Mitte wieder mehr Luft zum Atmen hat, dann müssen die ganz großen
       Einkommen und Vermögen stärker in den Fokus, zum Beispiel durch einen
       angepassten Reichensteuersatz“, sagte er und betonte: „Über eine solche
       Einkommenssteuerreform sind wir jederzeit bereit, mit der Union zu reden.“
       
       Jährlich werden in Deutschland 400 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt.
       Lediglich 12 Milliarden, also drei Prozent, zweigt der Staat davon in Form
       von Steuern ab. Dabei sind Steuerlast und Erbschaften hierzulande höchst
       ungleich verteilt. Ein Zehntel der Bevölkerung erbt die Hälfte des gesamten
       Volumens, während die ärmere Hälfte der Bevölkerung fast gar nichts erbt.
       Aufgrund zahlreicher Ausnahmen können sich zudem sehr reiche Erben arm
       rechnen und müssen effektiv kaum Steuern zahlen.
       
       ## Lautes Nachdenken in der CDU
       
       Klüssendorf hatte zusammen mit den SPD-Bundestagsabgeordneten mit Marvi und
       Armand Zorn bereits in der vergangenen Legislatur [2][ein Konzept
       vorgelegt], wie Steuerschlupflöcher geschlossen werden können. Im Gespräch
       mit der taz verwies Marvi darauf: „Es ist an der Zeit, dass die
       schwarz-rote Koalition sich mit diesen Vorschlägen beschäftigt. Sie
       umfassen Reformen, damit sehr große Vermögen nicht mehr steuerfrei
       weitergegeben werden.“ Marvi sieht „ein Zeitfenster, das sich aktuell
       öffnet“.
       
       Über eine gerechtere Erbschaftssteuer wird auch in der CDU längst laut
       nachgedacht. Der Vorsitzende des christlichen Arbeitnehmerflügels Dennis
       Radtke sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, es würden jedes Jahr
       Milliardenbeträge verschenkt, weil es Ausnahmen gebe, die man nicht mehr
       erklären könne. Diese sollten gestrichen werden. Auch Unionsfraktionschef
       Jens Spahn hatte die ungleiche Vermögensverteilung vergangene Woche im ZDF
       als „Problem“ bezeichnet.
       
       Das Bundesverfassungsgericht beschäftigt sich aktuell mit der
       Erbschaftssteuer. Ein Urteil könnte noch in diesem Jahr fallen.
       
       18 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Pressemitteilungen/2025/bundesministerin-baerbel-bas-setzt-sozialstaatskommission-ein.html
   DIR [2] https://parsa-marvi.de/fairerben-warum-eine-reform-der-erbschaftssteuer-notwendig-ist/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Lehmann
       
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