# taz.de -- Tanz-WM in Leipzig: Glitzer ohne Promis
> Bei der Tanz-WM präsentiert sich der Wettkampfsport einer begeisterten
> Bubble. Und hofft auf Sichtbarkeit. Im TV ist er längst von Tanzshows
> abgelöst.
IMG Bild: Marius Balan und Khrystyna Moshenska aus Deutschland während des Latein-Finales im Tanzsport
Pailletten, Federn und unzählige Strasssteine an den aufwändigen Kostümen
der Tänzer:innen sind das Erste, was in der Messehalle ins Auge springt.
Eine große Discokugel lässt die Steine noch mehr funkeln. Dort, wo sonst
Messestände stehen, ist an diesem Samstag eine große Tanzfläche aufgebaut.
Leipzig ist Austragungsort der Tanzweltmeisterschaft, in diesem Jahr in der
sogenannten Professional Division, der Profiklasse im Lateintanz. Auf dem
Parkett stehen ausschließlich professionelle Tänzer:innen, ein
[1][exklusiver Kreis innerhalb der Tanzszene].
Sie verdienen mit dem Tanzen ihren Lebensunterhalt, haben eine Ausbildung
absolviert und benötigen eine Startlizenz, um überhaupt antreten zu dürfen.
In den Vorrunden sieht man Paare aus ausschließlich europäischen Ländern,
mit einer bemerkenswerten Ausnahme: China. Das Land hat in den vergangenen
Jahren stark in den [2][professionellen Tanzsport] investiert und gezielt
Trainer:innen aus Europa angeworben. Das macht sich an diesem Tag
bezahlt. Li Mingxuan und Zhou Wanting sichern sich den
Vizeweltmeister:innentitel, knapp hinter den Favorit:innen
Marius-Andrei Balan und Khrystyna Moshenska aus Deutschland.
In der breiten Öffentlichkeit gilt Turniertanz eher als nischig. Viele
hatten kaum mehr Berührungspunkte damit als die obligatorischen Tanzstunden
in der Schule. Hier jedoch trifft sich die Bubble der Begeisterten: Auf den
Tribünen sitzen Freund:innen und Familien der Tanzpaare, von denen sich
die Tänzer:innen immer wieder letzte Tipps abholen. Und das restliche
Publikum tanzt selbst ziemlich gut. Denn nicht nur filmen sie mit gezücktem
Handy die Paare auf dem Parkett, klatschen und pfeifen bei jeder gelungenen
Aktion, sie tanzen gleich in den Pausen selbst. Das Parkett füllt sich im
Handumdrehen mit Publikum. Getanzt werden dabei dieselben Tänze wie bei den
Profis: Samba, Cha Cha Cha, Rumba, Jive und Paso Doble.
Die Begeisterung im Saal spiegelt sich auch in Zahlen wider: Derzeit zählt
der Deutsche Tanzsportverband rund 220.000 Mitglieder. Hinzu kommen
deutschlandweit mehr als zwei Millionen Menschen, die laut dem Allgemeinen
Deutschen Tanzlehrerverband jährlich in Verbandstanzschulen tanzen oder das
Tanzen erlernen. Hier geht es völlig anders zu als in Fernsehformaten à la
„Let’s Dance“. Es geht kaum um Show, sondern um einen echten sportlichen
Wettkampf. Hier tanzen keine Prominenten, und auch der Glamour um bekannte
Gesichter bleibt aus. Selbst Showelemente wie Hebefiguren sind beim
Turniertanzen verboten.
## Einstige TV-Präsenz
In den 1970er und 1980er Jahren genoss der Tanzsport im deutschen Fernsehen
deutlich mehr Präsenz. Unter dem damaligen ZDF-Sportredakteur Uly Wolters
wurden Tanzturniere regelmäßig im „Aktuellen Sportstudio“ thematisiert, und
auch in der [3][„Sportschau“] der ARD fanden die Ergebnisse Erwähnung. In
den folgenden Jahrzehnten verschob sich der Fokus jedoch: In den großen
Sportmagazinen fand der Tanzsport immer weniger Platz und Privatsender
setzten auf Showformate wie „Let’s Dance“, bei denen Unterhaltung und
Prominenz im Vordergrund stehen. Der eigentliche Wettkampfsport rückte
dabei immer mehr in den Hintergrund.
Wie eigen seine Welt ist, zeigt sich auch bei der Tanzweltmeisterschaft im
Latein: Die Inszenierung gehört zwar auch hier zum Business dazu, bekommt
aber eine andere Bedeutung. Sie dient nicht nur der Show, sondern dem
gemeinsamen Erleben einer Szene. Der Showtanz, wie man ihn aus dem
Fernsehen kennt, mag längst Mainstream geworden sein. Der Turniertanz kann
von Fernsehpräsenz derzeit nur träumen. Das Turnier wird lediglich im
Online-Livestream des MDR gezeigt. Der Veranstalter appelliert, es sollten
viele einschalten – damit es künftig eine Chance auf lineares Fernsehen
gibt.
19 Oct 2025
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Lilli Drummer
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