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       # taz.de -- Unterwegs mit viel Bier: Zum Ende hin noch letzte krakelige Notizen
       
       > Auf der „Bierbutterfahrt“ reisen Hamburger Bierenthusiasten mit dem Bus
       > durch Schleswig-Holstein. Ein durchaus alkoholhaltiger Reisebericht.
       
   IMG Bild: Begeisterung für Bier muss sein: Brauereien in Metal-Manier als Abzeichen auf der Jacke einer der Organisatoren der Tour
       
       Sonntag in aller Herrgottsfrühe vor Astra auf der Reeperbahn: Während noch
       kistenweise „Begrüßungsbier“ in den Reisebus gewuppt wird, sind draußen
       schon die ersten Flaschen offen. Oder vielleicht immer noch: Denn einige
       Teilnehmer:innen der anstehenden Bierbutterfahrt waren ja gestern schon
       mit.
       
       „Bier bewusst genießen“, hat sich Reiseleiterin Iris als großformatiges
       Patch auf die Jeansjacke genäht, die auf den ersten Blick nach Metal-Kutte
       aussieht. Aber es stehen keine unleserlich verschnörkelten Bandlogos drauf
       – sondern unleserlich verschnörkelte Brauereinamen.
       
       Organisatorisch läuft’s: Anschnallpflicht ist durchgesagt, Busfahrer Mehmet
       wird vorgestellt. „Wir sind froh, dass er wieder dabei ist“, heißt es aus
       dem Lautsprecher. „Er macht das wirklich gut, beim letzten Mal ist keiner
       gestorben.“ Einziges Problem: „Aktuell haben wir nicht genug Platz im
       Kühlschrank.“ Aber auch das soll sich bald erledigt haben.
       
       „Bierbutterfahrt“ geht so: Ein Bus voller Craft-Bier-Trinker:innen macht
       sich auf den Weg zu vier Brauereien auf dem Land, weil die erstens weit weg
       sind und Craft-Bier-Trinker:innen zweitens oft nicht fahrtauglich bleiben.
       
       Noch vor der Hamburger Stadtgrenze ist das erste offizielle Bier dran: ein
       französisches Weißbier mit Orange- und Koriandernoten, das vor dem
       Frühstück schon leichte Wirkung zeigt. Gegen die Süße hilft es, ein herb
       gehopftes „Bohemian Hopsody Lager“ nachzuschieben. Wir gleiten über die
       Autobahn aufs platte Land, während „Let it go“ aus Disneys „Eiskönigin“ aus
       den Boxen schallt. Die Playlist stammt auch von Iris.
       
       Beim ersten Stopp in Neumünster erfahren wir, dass die Wittorfer Brauerei
       seit 2017 besteht und hier nicht nur regionales Bier braut, sondern sich
       mit der Gastro auch ums kulturelle Angebot auf dem Schleswig-Holsteiner
       Land verdient macht. Tolle Sache! In den nächsten eineinhalb Stunden
       schmecken hier ein Pumpkin Ale, zwei India Pale Ale und ein Lager. Vom
       Wittorfator, einem Doppelbock mit schlanken 7,5 Prozent, gibt es
       vorsichtshalber nur ein kleines. Der Tag ist ja noch lang.
       
       Die Stimmung löst sich und man kommt ins Gespräch. Tenor: Tolle Idee, tolle
       Veranstaltung, tolle Brauereien – und schön, [1][dass der Frauenanteil auf
       der Tour] wächst. In der Tat: Die Bartquote ist zwar hoch, aber ein
       geschätztes Drittel der reisenden Trinker:innen dann doch weiblich
       gelesen.
       
       „Wir haben gerade einen sehr intensiven Stopp erlebt“, lallt es etwas
       später aus dem Lautsprecher, während Mehmet unser Schlachtschiff gegen
       Mittag über die Landstraße bei Schillsdorf rangiert. Auf dem Radweg machen
       fröhlich winkende Familien Platz. Sie gucken zu Recht freundlich, denn
       Sommeliers sind Genießer und geben sich auch mit eineinhalb Promille im
       Blut noch ausgesprochen kultiviert.
       
       Bei der „Beer Brauerei“ (plattdeutsch „Behr“ gesprochen) gibt es leckere
       Suppe. Und drei weitere Biere: zwei Rubin und ein Helles zum Runterkommen.
       Auch hier in Schillsdorf profitiert der Ort vom Craft-Bier: Im
       angeschlossenen Gasthaus ist die Bude voll, und man schämt sich ein
       bisschen, am festlich gedeckten Mittagstisch vorbei zum Klo zu wanken.
       
       Aber die Stimmung ist gut: Man tauscht sich aus über Beers tolle
       Handpumpzapfanlage und über gemeinsame Bekannte aus der Szene. Und weil
       hier alle hart im Nehmen sind, bleibt es bis abends … genau so. Ein
       bisschen schade ist, dass die wirklich spannende Czerny-Brauerei an der
       Kieler Förde und „Land in Sicht“ in Eckernförde an dieser Stelle
       unterbelichtet bleiben. Denn der teilnehmende Chronist hat zwischen
       Bierquiz, sechs weiteren Gläsern und Bingo irgendwann den Überblick
       verloren. Seine letzte krakelige Notiz auf der Brezeltüte: „Czerny sehr
       gut, war Meeresbiologe, torfiger Whiskey besser“.
       
       Während draußen die Sonne untergeht, wird es im Bus gemütlich: Man
       verkostet noch mitgebrachte Lieblingsbiere und klärt, ob wer an der
       Reeperbahn rausmüsse oder ob man noch einen Absacker an den Landungsbrücken
       einlegen könne. Nur der Reporter ist eingeschlafen.
       
       4 Oct 2025
       
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