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       # taz.de -- Federvieh im Garten: Han Solo und die jungen Hühner
       
       > Unser Autor ist Gastwirt und Besitzer einer alten Henne. Damit sie nicht
       > alleine bleibt, kauft er Nachwuchs fürs Gehege. Dann reißt der Karton.
       
   IMG Bild: Hühner können sehr zutraulich sein
       
       Aus zwei Gründen habe ich es überhaupt nicht mit Federvieh. Mit etwa zwölf
       habe ich versucht, Hitchcocks „Die Vögel“ zu sehen, bin aber vor Grusel
       nicht über den Vorspann hinausgekommen. Einige Jahre später hat mich ein
       eifersüchtiger Wellensittich im Tiefflug angegriffen. Seitdem halte ich zu
       Vögeln größtmöglichen Abstand.
       
       Nur: Das ist keine gute Voraussetzung, wenn man sein leer geraubtes
       Hühnergehege wieder bevölkern will ([1][siehe wochentaz vom 6. September]).
       Und ganz besonders, wenn man auf dem Bauernmarkt am Hühnerstand steht, es
       in Strömen regnet und man zwei große Umzugskartons in der Hand hält.
       
       Es dauert, bis ich an der Reihe bin. Der Kunde vor mir – im Blaumann – hat
       120 Masthähnchenküken verlangt, die abgezählt werden müssen. Die
       Verkäuferin – auch im Blaumann – blickt skeptisch auf meine nass verfärbten
       Transportkisten. „Ich habe es nur ein paar Meter zum Auto“, sage ich. Zwei
       Leghorn, zwei Sussex und drei braune Bovans: Das Internet hat gesagt, diese
       Rassen sind unbedingt für Anfänger geeignet. Und damit will ich die Truppe
       von Han Solo wieder auf acht Hühner verstärken.
       
       Die ersten vier Tiere bringe ich noch unbeschadet in den Kofferraum, aber
       beim zweiten Karton reißt der Boden und drei braune Hühner purzeln auf die
       Straße. Verdutzt über ihre neue Freiheit hocken sie erst einmal da und
       intuitiv mache ich das, was ich mir nie vorstellen konnte: Ich greife nach
       der ersten Henne, packe in ein unerwartet weiches Federkleid und verfrachte
       den Vogel in den intakten Karton. Auch mit den anderen beiden bin ich so
       schnell, dass es zu keinen größeren Jagden um das Auto kommt. Als ich mich
       ans Steuer setze, fühle ich mich schon als nicht ganz untalentierten
       Hühnerhalter.
       
       ## Die Flausen bleiben im Kopf
       
       Aber Han Solos Schar hat für uns schon am nächsten Tag eine steile
       Lernkurve eröffnet. Die einsame Althenne, für die ich die jungen Hühner
       überhaupt gekauft hatte, legte zwar im Kollektiv sofort ihre Ängstlichkeit
       ab. Aber auf die Idee, der jungen Brut die Flausen auszutreiben, kam sie
       nicht. Vor denen konnte sie nicht einmal die Leckerbissen im Stall retten:
       lebendige Mehlwürmer.
       
       Die neuen Hennen blieben lieber draußen, scharrten noch weit nach der
       Dämmerung in lauen Sommernächten auf ihrer Wiese, bezogen ihr Nachtlager
       lieber auf den Bäumen in ihrem Gehege und entdeckten dann auch noch einen
       Weg über den neuen Elektrozaun (ein flatternder Sprung auf die Tür) und
       zuallerletzt im Gemüsegarten, wie gut Tomaten schmecken. Inzwischen habe
       ich unzählige Male Hühner in die weichen Federn gepackt und sie aus der
       freien Wildbahn zurückgebracht. Und sie lernen, Abstand von mir zu halten.
       
       8 Oct 2025
       
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