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       # taz.de -- Religiöse Bewegung in Südkorea: Chefin der Moon-Sekte inhaftiert
       
       > Die südkoreanische Justiz wirft der rechten Vereinigungskirche vor, die
       > konservative Partei des Landes unterwandert und bestochen zu haben.
       
   IMG Bild: Han Hak Ja, Chefin der auch Moon-Sekte genannten Vereinigungskirche und Witwe ihres Gründers, auf dem Weg zum Haftrichter in Seoul
       
       Seoul taz | Am Dienstag wurde Han Hak Ja, Chefin der südkoreanischen
       Vereinigungskirche, in Seoul in Untersuchungshaft genommen. Der 82-Jährigen
       wird vorgeworfen, die ehemalige First Lady des Landes mit Luxusgeschenken
       bestochen zu haben. Han bestreitet die Vorwürfe. Sie hege keinerlei
       Interesse an Politik, beteuerte das geistliche Oberhaupt.
       
       Doch was Südkoreas Behörden jetzt ermittelten, zeigt ein anderes Bild. So
       fanden die Sonderermittler heraus, dass mehr als 110.000 Anhänger der
       Vereinigungskirche der konservativen PPP (People’s Power Party) beigetreten
       sind. Der Verdacht: gezielte Unterwanderung. Die Stimmen der
       Glaubensanhänger sollen dafür gesorgt haben, dass sich [1][Yoon Suk Yeol]
       parteiintern als Präsidentschaftskandidat durchgesetzt habe.
       
       Jener Politiker also, der später im Dezember 2024 dann als Präsident
       überraschend das Kriegsrecht erklärte [2][und sein Land in eine tiefe Krise
       stürzte].
       
       Yoon, der mittlerweile im Gefängnis sitzt, und die auch als Moon-Sekte
       bekannte Vereinigungskirche haben ein ähnliches Weltbild: angetrieben von
       fanatischem Antikommunismus sehen sie die politisch Linke als von China und
       Nordkorea unterwandert.
       
       ## Sektengründer sah sich als Messias
       
       Gegründet wurde die Organisation von [3][Moon Sun Myung (1920–2012)], der
       in der Kindheit eine Jesus-Erfahrung hatte und sich als Messias sah, der
       die Menschheit zu göttlicher Vollkommenheit führt. Vor allem aber füllte er
       seine eigenen Taschen und lebte in dekadentem Luxus. Nach seinem Tod
       übernahm seine Witwe Han Hak Ja die Geschäfte der Kirche.
       
       Die Sekte verfügt über ein großes Firmenimperium – von Zeitungen (u. a. die
       Washington Times) über Forschungsinstitute, Krankenhäuser und
       Immobilienfirmen. Der Vereinigungskirche ging es stets darum, Einfluss auf
       die Reichen und Mächtigen zu nehmen, meist jenseits der Öffentlichkeit, was
       ihr den Vorwurf einer „Schattenmacht“ einbrachte.
       
       Gelegentlich kam ihr Einfluss ans Licht – [4][etwa durch den Mord an Japans
       Premier Shinzo Abe]. Der Attentäter, der Abe im August 2022 am helllichten
       Tage niederschoss, nannte Rache als Motiv an: Seine Mutter, eine Anhängerin
       der Vereinigungskirche, habe durch ihre Zahlungen an die
       Religionsgemeinschaft die Familie finanziell ruiniert. Und Abe, dem enge
       Kontakte zur Sekte nachgesagt wurden, diente dem Täter als Sündenbock.
       
       Neben Japan und den USA hat die Vereinigungskirche den größten Einfluss in
       ihrer Heimat Südkorea. Dort konnten in den Wirtschaftswunderjahren der
       1960er, 70er und 80er charismatische Gurus wie Moon Sun Myung geradezu aus
       den Vollen schöpfen: Die rapide Industrialisierung führte dazu, dass
       Millionen Südkoreaner vom Land in den Ballungsraum Seoul zogen und dort,
       von ihren sozialen Netzwerken und Traditionen entwurzelt, nach emotionalem
       und spirituellem Halt suchten.
       
       Glaubensgemeinschaften wie die Vereinigungskirche konnten diese Bedürfnisse
       überaus erfolgreich stillen: 2012, auf dem Höhepunkt ihrer Popularität,
       zählte die Kirche nach eigener Aussage drei Millionen Anhänger in über 190
       Ländern. Immer wieder machte sie durch Massenhochzeiten auf sich
       aufmerksam.
       
       ## Bisherige Skandale: Korruption bis Steuerhinterziehung
       
       Längst hat die Kirche jedoch ihren Zenit überschritten. Ein Grund sind auch
       die vielen Skandale, die von Korruption bis hin zu Steuerhinterziehung
       reichen. Dass sich nun „Mutter Han“, wie sie von Anhängern genannt wird,
       vor Gericht verantworten muss, dürfte die Popularität weiter mindern.
       
       Doch weiterhin hat die Organisation mächtige Befürworter: Der ehemalige
       US-Außenminister Mike Pompeo bezeichnete die strafrechtliche Verfolgung von
       Han Hak Ja jüngst als zutiefst beunruhigende Angelegenheit“.
       
       23 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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