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       # taz.de -- Internationaler Strafgerichtshof: Sahel-Putschisten kehren Weltjustiz den Rücken
       
       > Mali, Niger und Burkina Faso erklären den Austritt aus dem
       > Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Der hat bereits Prozesse zu
       > Mali geführt.
       
   IMG Bild: Die drei aus der Sahelzone, ihres Zeichens Militärs und uninteressiert an internationaler Gerichtsbarkeit
       
       Berlin taz | Die miteinander verbündeten Militärregierungen von Mali, Niger
       und Burkina Faso treten aus dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH)
       aus. „Mit sofortiger Wirkung“ kündigen die drei Staaten das dem Weltgericht
       zugrundeliegende Rom-Statut, erklärten die Regierungen in Bamako, Niamey
       und Ouagadougou am Montagabend. [1][Die gemeinsame Erklärung] wurde in
       allen drei Ländern im Staatsfernsehen verlesen.
       
       Mali wird seit 2020 vom Militär regiert, Burkina Faso seit 2022 und Niger
       seit 2023. Die drei Regierungen haben eine Konföderation namens „Allianz
       der Sahel-Staaten“ (AES) ins Leben gerufen, sämtliche Truppen westlicher
       Staaten sowie UN-Missionen aus ihren Ländern geworfen und zunehmend enge
       Militärkooperationen mit Russland eingeleitet, um islamistische Rebellen zu
       bekämpfen.
       
       Mali war dem Rom-Statut im Jahr 2000 beigetreten, Niger 2002 und Burkina
       Faso 2004. In Mali ist der Internationale Strafgerichtshof – der weltweit
       für die Verfolgung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die
       Menschlichkeit in seinen Mitgliedstaaten zuständig ist, sofern deren Justiz
       dies nicht selbst tut – [2][seit 2013 tätig], auf Bitten der damaligen
       Regierung des Landes. 2012 hatten erst Tuareg-Separatisten und dann
       islamistische Rebellen die Kontrolle über den Norden Malis errungen und nur
       eine massive französische Militärintervention stoppte sie im Jahr 2013.
       
       Zwei hochrangige Führer der islamistischen Gruppe Ansar Eddine wurden
       seither in Den Haag verurteilt, vor allem wegen Verbrechen während ihrer
       Kontrolle über die Stadt Timbuktu, wo Frauen unterdrückt und alte
       Kulturgüter zerstört wurden. Der einstige Tuareg-Rebellenführer Iyad Ag
       Ghaly wird vom IStGH mit Haftbefehl gesucht; er führt mittlerweile die
       stärkste islamistische Rebellengruppe JNIM (Gruppe für die Unterstützung
       des Islams und der Muslime) in Mali an.
       
       ## „Instrument der neokolonialen Repression“
       
       In ihrer Erklärung werfen die drei Regierungen dem Gerichtshof vor, er habe
       sich „in ein Instrument der neokolonialen Repression im Dienst des
       Imperialismus verwandelt“. Man wolle jetzt die volle Souveränität ausüben
       und „eigene Mechanismen zur Konsolidierung von Frieden und Gerechtigkeit“
       anwenden.
       
       Der Austritt erfolgt nur einen Tag nach den Feierlichkeiten in Mali zum 65.
       Jahrestag der Unabhängigkeit am 21. September 1960. Formal gesehen tritt er
       nicht sofort, sondern erst nach einem Jahr in Kraft, und auch danach behält
       theoretisch der Gerichtshof weiter seine Zuständigkeit für Vorgänge vor dem
       Austritt. Faktisch jedoch dürfte nun die Zusammenarbeit zwischen Den Haag
       und Bamako enden, während sich aus Mali Berichte über Übergriffe der Armee
       und ihrer russischen Verbündeten gegen die Zivilbevölkerung häufen.
       
       [3][Der malische Analyst Séga Diarrah befürchtet] jetzt ein „zunehmendes
       Risiko von Straflosigkeit für Verbrechen bewaffneter Gruppen sowie der
       staatlichen Streitkräfte“ und mahnt: „Die Opfer verlieren einen
       internationalen Weg, sich Gehör zu verschaffen.“
       
       23 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://lefaso.net/spip.php?article140984
   DIR [2] https://www.icc-cpi.int/mali
   DIR [3] https://x.com/segadiarrah/status/1970250492292014575
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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