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       # taz.de -- Europäisches Parlament: Misstrauensanträge gegen von der Leyen deutlich gescheitert
       
       > Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen übersteht fast schon
       > routiniert gleich zwei Misstrauensanträge der Linken und der
       > Rechtsradikalen.
       
   IMG Bild: Ursula von der Leyen stellte sich am Donnerstag nicht dem Parlament in Straßburg, sondern hielt lieber eine Rede in Brüssel
       
       Brüssel taz | Déjà-vu in Straßburg: Das Europaparlament hat am Donnerstag
       zwei Misstrauensanträge gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
       Leyen (CDU) abgelehnt. Die Anträge waren von der Fraktion der Linken und
       von den rechtsradikalen Patrioten für Europa eingebracht worden.
       [1][Bereits im Juli hatte von der Leyen eine Vertrauensabstimmung für sich
       entschieden.]
       
       Nun macht sich eine gewisse Routine bemerkbar. Die Abstimmungen wurden von
       [2][Parlamentspräsidentin Roberta Metsola] im Eiltempo abgewickelt, bevor
       sie zur Tagesordnung überging. Von der Leyen schwänzte die für sie lästige
       Prozedur – sie hielt lieber eine Rede in Brüssel. Im Onlinedienst Bluesky
       zeigte sie sich danach „sehr dankbar für die starke Unterstützung“ des
       Parlaments.
       
       Hinter die deutsche EU-Politikerin hatten sich 378 beziehungsweise 383
       Abgeordnete (von insgesamt 719) gestellt. Damit war die Unterstützung etwas
       stärker als im Juli.
       
       Dem Antrag der Linken stimmten 133 Parlamentarier zu, der Antrag der
       Rechten bekam 179 Stimmen. Um von der Leyen und ihre 26-köpfige Kommission
       zu stürzen, wären eine Zweidrittelmehrheit und mindestens 360 Stimmen nötig
       gewesen.
       
       ## Linke und Rechtsradikale haben getrennt gestimmt
       
       Linke und „Patrioten“ kommen zusammen auf 131 Stimmen. Sie haben jedoch
       nicht gemeinsam gestimmt. Für den linken Antrag traten auch Unabhängige wie
       vom Bündnis Sahra Wagenknecht ein, für die Rechten stimmten auch
       Rechtskonservative von der EKR-Fraktion.
       
       Hinter von der Leyen stellten sich ihre konservativen Parteifreunde, aber
       auch Sozialdemokraten, Liberale und Grüne. Die große
       „Von-der-Leyen-Koalition“ ist aber nicht so einig, wie es scheint. Vor der
       Abstimmung hatten sich Politiker aller Fraktionen unzufrieden mit dem
       Handelsdeal gezeigt, den die Kommissionschefin mit US-Präsident Donald
       Trump geschlossen hatte.
       
       Die „Kapitulation“ vor Trump hatte auch die Linke angeprangert. Doch konnte
       sie nicht genug Gegner mobilisieren. Für Ärger sorgt auch ein Streit über
       die Umwelt- und Klimagesetzgebung. Die Konservativen hatten gedroht, ein
       Reformpaket zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und zum Lieferkettengesetz
       gemeinsam mit den Rechten zu beschließen. Die Sozialdemokraten sprachen von
       Erpressung, knickten aber ein.
       
       Aus Protest trat die niederländische Berichterstatterin Lara Wolters von
       ihrem Amt zurück. Das zeigt, wie groß der Unmut bei den Genossen ist. Doch
       der deutsche SPD-Politiker René Repasi sprang ein. Das Ergebnis sei nicht
       die bevorzugte Option, sagte Fraktionschefin García Pérez. „Aber die
       Alternative ist ein noch schlechterer Deal mit der extremen Rechten.“
       
       Im Ergebnis wird der „Green Deal“, mit dem von der Leyen ihre Arbeit in
       Brüssel 2019 begann, weiter aufgeweicht. Das ist auch für die Grünen ein
       Problem. „Wir bleiben dem proeuropäischen Zentrum und der Suche nach
       konstruktiven Lösungen verpflichtet“, erklärte deren handelspolitische
       Sprecherin Anna Cavazzini. Man werde sich dieser „Erpressung“ nicht beugen.
       
       ## SPDler: „Von der Leyen steht jetzt in der Bringschuld“
       
       Die Linke reagierte mit Spott. „Grüne und Sozialdemokraten kritisieren zwar
       verbal die Kommission“, sagte die Linken-Abgeordnete Özlem Alev Demirel.
       „Doch real tragen sie die Verfehlungen der Kommission jedes Mal wieder
       mit.“
       
       Co-Fraktionschef Martin Schirdewan sprach von einer „wachsenden Kluft
       zwischen den Menschen und der EU-Kommission in Brüssel“. Er erwartet
       weitere Misstrauensanträge.
       
       Auch SPD-Mann Repasi sieht diese Möglichkeit: „Von der Leyen steht jetzt in
       der Bringschuld.“ Ähnlich hatte er sich schon bei der ersten
       Vertrauensabstimmung im Juli geäußert – ohne erkennbare Folgen. Die
       EU-Kommission macht weiter, als wäre nichts geschehen.
       
       9 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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