# taz.de -- „Die Schwestern Grimm“ bei Apple TV+: Grimm-Geschichten vs. Paw Patrols
> Die Kinderserie „Die Schwestern Grimm“ bietet anspruchsvolles serielles
> Erzählen für Kinder. Damit ist sie eine echte Innovation. Ein Glück!
IMG Bild: Schön Disney-fern: Sabrina und Daphne beim wilden Ritt mit Puck
Wirklich gute Kinderliteratur ist immer ein Fundstück, rar und beglückend.
Wenn Bücher für Kinder weder albern noch überpädagogisch sind, weder
einseitig optimistisch noch übertrieben bedeutungsschwanger („The Bench“
von Herzogin Meghan ist hier ein besonders nachdrückliches
Negativbeispiel), sondern kleine Leser*innen als literarische, nicht
bloß ökonomische Zielgruppe ernst nehmen, ist das ein seltener Glücksfall.
Fast noch verschärfter trifft diese Feststellung auf Fernsehsendungen für
Kinder zu: So viele quietschende, immer [1][gut gelaunte Paw Patrols]
hopsen über Kinder-Tablets, so viele zusammenhanglose Kurzstorys à la
„[2][Peppa Wutz]“ werden mittags mitsamt Salamibrot verschlungen, dass
inhaltlich wie ästhetisch anspruchsvolles serielles Erzählen für Kinder
eine absolute Seltenheit bleibt. Die neue Kinderserie „Die Schwestern
Grimm“ auf Apple TV+ füllt nun diese Lücke auf zauberhafte Weise.
Die Serie basiert auf der Kinderfantasyreihe „The Sisters Grimm“ von
Michael Buckley, ins Deutsche übersetzt als „Die Grimm Akten“. Neun Bände
umfasst die Reihe, der erste Band, „The Fairy-Tale Detectives“, wird nun
erstmals verfilmt. Die Schwestern Daphne und Sabrina bilden den Mittelpunkt
der Handlung: Nach dem plötzlichen Verschwinden ihrer Eltern ziehen sie zu
ihrer Großmutter Relda nach Ferryport Landing. Diese Großmutter ist nicht
nur warmherzig, eine hervorragende Spaghettiköchin und nennt ihre
Enkelinnen auch in englischer Originalfassung „Liebling“, sie scheint
außerdem auf magische Weise Türen öffnen und mit Fabelwesen sprechen zu
können – und so lernen die Schwestern, dass sie direkte Nachfahren der
Brüder Grimm sind – und zudem umgeben von zauberhaften Lebewesen,
freundlichen wie gefährlichen.
Sie treffen den Elfen Puck, der schockiert ist, dass niemand mehr
Shakespeares „Sommernachtstraum“ kennt und er ständig mit Peter Pan
verwechselt wird. Sie sprechen mit einem magischen Spiegel, fliegen mit
Zauberschuhen und einem Teppich quer durchs Land und treten gegen Riesen
an. Nur ihre Eltern, die bleiben verschollen …
Die Brüder Grimm und ihre Nachfahren sind hier Behüter und Erforscher
dieser Parallelwelt. Die Serie bringt Märchenfiguren aus verschiedensten
Ursprüngen in Ferryport Landing zusammen und lässt sie ihren alltäglichen
Problemen nachgehen: Snow White etwa ist Lehrerin und hat sich gerade von
Prince Charming getrennt, dem es nicht leichtfällt, dass sie sich nun mit
dem Ei Humpty Dumpty trifft („Was hat er, das ich nicht habe?“). So lustig
sind diese Dialoge mitunter, dass erwachsene Zuschauer*innen an ganz
anderen Stellen lachen werden als die kindlichen, so ästhetisch gekonnt die
herbstliche Animation, dass Groß und Klein sich gerne in den Genuss dieser
farbenfrohen Märchenwelt fallen lassen werden.
Der Zusammenhalt zwischen den Schwestern ist authentischer als in
glattgebügelten Disney-Versionen wie „Frozen“, die Liebe der Großmutter und
ihr Geschenk – Buch und Stift, um in die Grimm’schen Fußstapfen zu treten –
lässt die beiden Heldinnen zu selbstbewussten Autorinnen eigener
Geschichten werden. Das Düstere, Beängstigende der Märchenwelt darf dabei
bestehen bleiben. Auch das fördert serielles Erzählen: die Fähigkeit,
abzuwarten, wie es weitergeht, selbst über das Ende einer Staffel hinaus.
Ein Cliffhanger verrät schon: Wir dürfen mit einer zweiten Staffel rechnen.
Vielleicht tauchen da dann auch die Eltern der Mädchen wieder auf.
6 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Marie-Sofia Trautmann
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