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       # taz.de -- Neue Gaza-Verhandlungen in Ägypten: Der Anfang vom Ende des Krieges in Gaza?
       
       > Die Hamas hat dem Trump-Plan in Teilen zugestimmt: Sie ist bereit, alle
       > israelischen Geiseln freizulassen. Lässt sich Netanjahu darauf ein?
       
   IMG Bild: Was soll aus dem Gaza-Streifen werden? Eine Aufnahme aus Gaza-Stadt am 5. Oktober
       
       Die Hamas ist bereit, alle israelischen Geiseln freizulassen – im Tausch
       gegen die Freilassung von 2.000 Palästinensern aus israelischer Haft, einem
       Teilrückzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen und der
       Wiederaufnahme von unbegrenzten Hilfslieferungen durch die UNO. Das ist
       ihre Antwort auf Donald Trumps recht [1][vagen 20-Punkte-Gaza-Plan], den
       der US-Präsident vorigen Montag im Beisein des israelischen Premiers
       Benjamin Netanjahu verkündet hat.
       
       Von einer [2][Entwaffnung, wie sie der Plan fordert], spricht die Hamas
       nicht. Sie signalisiert jedoch Bereitschaft, die Verwaltung des
       Gazastreifens abzugeben und über dessen Zukunft zu verhandeln. Diese
       Gespräche, so betont sie, müssten in einem breiteren palästinensischen
       Konsens stattfinden. Sprich: auch die palästinensische Autonomiebehörde
       soll einbezogen werden.
       
       Unter diesen Bedingungen laufen in Kairo nun Verhandlungen. Mit dabei:
       Trumps Nahost-Gesandter Steve Witkoff, sein Schwiegersohn Jared Kushner,
       israelische Offiziere und Geheimdienstler sowie arabische Vermittler.
       Obwohl die Hamas den Trump-Plan nicht vollständig akzeptiert, hat sie ein
       Angebot gemacht, das weder Netanjahu noch Trump ablehnen können: die
       Freilassung aller israelischen Geiseln.
       
       ## Kein konkreter Zeitrahmen
       
       Der Trump-Plan enthält nur einen konkreten Zeitrahmen: [3][sein
       72-stündiges Ultimatum an die Hamas]. Mit den Verhandlungen in Kairo ist
       das de facto außer Kraft gesetzt. Ansonsten enthält er keine Hinweise
       darauf, wann genau was geschehen soll. Die Hamas hat bereits signalisiert,
       dass sie Zeit braucht, um die verbliebenen Geiseln freizulassen oder ihre
       Leichen zu bergen.
       
       Aber auch andere Details sind noch offen: Wann und wie kommen die Geiseln
       frei? Bis wohin zieht sich die israelische Armee zurück? Wer sind die 2.000
       Palästinenser, die im Gegenzug freigelassen werden – vor allem die 250 mit
       lebenslangen Haftstrafen? Wohin werden sie freigelassen? Wie wird der freie
       Zugang humanitärer Hilfslieferungen in den Gazastreifen gewährt, wie wird
       er dokumentiert und überwacht? Diese Punkte dürften die Verhandlungen in
       Kairo noch lange beschäftigen. Währenddessen [4][setzt Israel seine
       Angriffe im Gazastreifen fort], auch wenn der Beschuss von Gaza-Stadt laut
       Berichten „erheblich nachgelassen“ hat.
       
       Was danach kommt, ist völlig unklar. Netanjahu behält sich vor, die
       Offensive wieder aufzunehmen, falls die Hamas den Trump-Plan nicht
       vollständig umsetzt. Er erwartet nicht nur, dass die Hamas kapituliert,
       sondern auch, dass sich alle Palästinenser der israelischen Besatzung
       fügen. Er will, dass Israel die Sicherheitskontrolle über dem Gazastreifen
       behält und konzentriert sich vor allem auf den Teil des Trump-Planes, in
       dem es um die Entwaffnung der Hamas und die „Demilitarisierung“ Gazas geht.
       „Entweder passiert das auf die leichte oder die harte Art, aber wir werden
       es erreichen“, lautet sein Kernsatz.
       
       Die Hamas hingegen will Teile des Plans nachverhandeln. Dazu ist in Kairo
       ein weiteres Treffen angesagt: Ein innerpalästinensischer Dialog, bei dem
       es um die Zukunft des Gazastreifens gehen soll. Die Hamas spricht dort mit
       der palästinensische Fatah und Vertretern der Autonomiebehörde. Es ist ein
       Versuch, die palästinensischen Ränge zu schließen.
       
       ## Netanjahus Position bröckelt
       
       Netanjahu ist es gewohnt, stets aus der Position des Stärkeren zu
       verhandeln. Wenn ihm etwas nicht zusagt, kann er seine Armee jederzeit
       wieder losschicken – so, wie er das schon beim letzten Waffenstillstand
       Anfang des Jahres getan hat, [5][den er damals einseitig aufkündigte]. Doch
       sobald die israelischen Geiseln frei sind, verliert er einen zentralen
       Kriegsgrund. Und Trump? Seine Idee, den Gazastreifen in eine [6][„Riviera“
       des Nahen Ostens] zu verwandeln – in der die Palästinenser wenig zu sagen
       hätten –, hat er nicht aufgegeben. Gleichzeitig will er sich als
       Friedensstifter feiern lassen, der diesen Krieg endgültig beendet hat.
       
       Hinzu kommt Israels wachsende internationale Isolation. Die Welt sieht den
       Nahostkonflikt heute anders als noch vor zwei Jahren und erkennt zunehmend
       die Rechte der Palästinenser an. Netanjahus Position des Stärkeren
       bröckelt. Am Ende wird nicht der Wortlaut des Trump-Plans entscheidend
       sein, sondern die Dynamik, die er auslöst. Vielleicht markiert er
       tatsächlich den Anfang vom Ende des Krieges im Gazastreifen.
       
       5 Oct 2025
       
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