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       # taz.de -- Rassismus an der Diskotür: Hier darf nicht jeder rein
       
       > Die Disko „Twister“ in Friesland diskriminiert seit über 20 Jahren offen
       > „Ausländer“ und „ausländische Mitbürger“. Gestört hat das bis jetzt
       > niemanden.
       
   IMG Bild: Diskokugel: Im „Twister“ sollen „ausländische Mitbürger“ nicht drunter tanzen
       
       Oldenburg taz | „Du kommst hier nicht rein.“ Diesen Satz bekommen Schwarze
       und andere People of Color häufig ohne erkennbaren Grund an der Tür von
       Clubs und Diskotheken zu hören. Selten können Betroffene jedoch belegen,
       dass sie wegen ihres Aussehens oder ihrer Herkunft nicht reingelassen
       wurden. Anders im friesländischen Sande. Hier schreibt die Großraumdisko
       „Twister“ ganz offen auf ihrer Internetseite, wer an der Tür genauer
       kontrolliert wird.
       
       In den Einlassregeln erklärt die Disko unter dem Stichpunkt „Nationalität“:
       „Das Twister Dance ist keineswegs ausländerfeindlich. Da es aber in der
       Vergangenheit des öfteren Auseinandersetzungen mit ausländischen Mitbürgern
       gegeben hat, wird hier beim Einlass ein besonderes Augenmerk gelegt.“ Dabei
       sei entscheidend, „ob die Personen beim Personal bekannt sind und ob sie
       von ihrer Kleidung her zu unserer Gästestruktur passen“.
       
       „Das ist [1][Rassismus]“, sagt der Aktivist Suraj Mailitafi. Er hat am
       Donnerstag in einem Instagram-Video auf die diskriminierende Einlassregel
       aufmerksam gemacht. „Menschen werden nach ihren äußerlichen Merkmalen
       kategorisiert.“ Viele Clubs leugneten Diskriminierung beim Einlass. „Aber
       bei „Twister Dance“ steht es eins zu eins auf deren Website“, so Mailitafi.
       
       ## Augenmerk auf „ausländische Mitbürger“
       
       Ein „besonderes Augenmerk“ auf „ausländische Mitbürger*innen“ zu legen und
       sie damit anders zu behandeln ist in der Tat nicht nur durch das
       [2][Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz des Bundes] verboten.
       
       Seit der Reform des Gaststättengesetzes aus dem Jahr 2015 gilt es in
       Niedersachsen [3][als Ordnungswidrigkeit], „bei der Kontrolle des Einlasses
       in eine Diskothek oder beim Aufenthalt in einer Diskothek eine Person wegen
       der ethnischen Herkunft“ zu benachteiligen. Die Strafe beträgt bis zu
       10.000 Euro. Wiederholungstäter*innen kann sogar der Betrieb ihrer
       Diskothek verboten werden.
       
       Die Regel zur „Nationalität“ gibt es schon seit mehr als 20 Jahren, wie
       archivierte Versionen der „Twister“-Internetseite zeigen. Die einzige
       Änderung seit 2005: die „ausländischen Mitbürger“ waren damals schlicht
       „Ausländer“. Disko-Inhaber Manfred Krüger hat in der Vergangenheit auch die
       inzwischen geschlossenen Diskotheken „Bel Air“ in Cloppenburg und „Galaxy“
       in Georgsheil betrieben. Auf deren Internetseiten fand sich ebenfalls
       wortgleich die diskriminierende Einlassregelung. Das macht die Begründung,
       die Regel sei wegen bestimmter Vorfälle im „Twister“ nötig geworden, wenig
       glaubhaft.
       
       Nach massiver Empörung in den sozialen Medien durch Mailitafis Video hat
       das „Twister“ die diskriminierende Einlassregel am Freitagnachmittag von
       seiner Internetseite entfernt. Geäußert hat sich die Disko dazu aber nicht.
       Die taz wollte wissen, wie genau sie die Nationalität ihrer Gäst:innen
       feststellt und ob die Regel im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben
       steht. Auf die Anfrage hat das „Twister“ bis Redaktionsschluss nicht
       reagiert.
       
       ## Seit mehr als 20 Jahren Diskriminierung
       
       Das „Twister“ ist im Nordwesten eine Institution des Nachtlebens. Von Jever
       bis Jeddeloh pilgern Partyfreudige seit 25 Jahren in die Großraumdisko nach
       Sande. Mit ihrer namensgebenden drehbaren Tanzfläche ist sie die
       Hauptattraktion der knapp 9.000 Einwohner:innen großen Gemeinde.
       
       Nachdem die Diskothek 2023 vollständig niederbrannte, war die Anteilnahme
       groß. Der Bürgermeister betonte die Bedeutung der Disko für den Ort und
       Gäst:innen unterstützten den Wiederaufbau per Crowdfunding mit 23.000
       Euro. Erst diesen September öffnete das „Twister“ wieder seine Türen.
       
       Dass das „Twister“ offen „Ausländer“ und „ausländische Mitbürger“
       diskriminiert, ist in all den Jahren entweder niemandem aufgefallen oder es
       hat sich niemand daran gestört. Ob die Diskriminierung nun ein Ende hat,
       nur weil das „Twister“ sie nicht mehr offen zugibt, ist fraglich.
       
       6 Oct 2025
       
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