# taz.de -- Debatte um Ausbildungsplatzumlage: Wirtschaft kritisiert Gesetzesentwurf
> Zu viel Bürokratie, keine neuen Ausbildungsplätze: Berliner
> Wirtschaftsverbände schießen vor der ersten Lesung gegen die
> Ausbildungsplatzumlage.
IMG Bild: DIe IHK bemüht sich bei der Berufsorientierung, wie im Juni bei den Praktikumswochen in der Königlichen Porzellan Manufaktur
Berlin taz | Glaubt man Manja Schreiner, drohen der Berliner Wirtschaft
bald sozialistische Verhältnisse. „Am Ende geht es darum, dass von
staatlicher Seite festgelegt wird, wie viele Auszubildende ein Unternehmen
einstellen muss“, sagte die IHK-Geschäftsführerin am Dienstag bei einem
Pressetermin zur [1][geplanten Ausbildungsplatzumlage]. „Unternehmen, die
nicht ausbilden können, werden bestraft“, ergänzt Jürgen Wittke,
Hauptgeschäftsführer der Berliner Handwerkskammer.
Im Vorfeld der ersten Lesung des Gesetzesentwurfs im Abgeordnetenhaus am
Donnerstag laufen Wirtschaftsverbände dagegen Sturm. Hauptkritikpunkt: Die
geplante Umlage sei eine Belastung der Berliner Wirtschaft, die kaum die
gewünschten Ergebnisse, ergo Ausbildungsplätze, liefern werde.
„Die Ausbildungsplatzumlage packt das Grundübel nicht an der Wurzel“, sagt
Schreiner. [2][Es seien die Jugendlichen selbst, die orientierungslos und
ohne die notwendigen Kompetenzen aus der Schule käme]n. „Mehr Geld führt
nicht dazu, dass Jugendliche mehr wollen und beim richtigen
Ausbildungsplatz landen“, sagt Schreiner.
Das geplante Gesetz sieht vor, dass Unternehmen ein Teil ihrer
Bruttolohnsumme (maximal 0,5 Prozent) in einen Fonds zahlen. Betriebe, die
ausbilden, erhalten Geld zurück. So soll der Betrag laut dem Entwurf die
Ausbildungsvergütung im ersten Lehrjahr voll übernehmen, im letzten nur ein
Viertel.
## „Strafzahlung“
Die Wirtschaftsverbände kritisieren die Umlage als „Strafzahlung“, weil
viele Unternehmen gar nicht in der Lage seien, auszubilden. Nur etwa 38
Prozent der Betriebe in der IHK seien ausbildungsfähig, so Schreiner. Oft
mangele es Mitarbeiter:innen, Ausbilder:innen oder Wirtschaftlichkeit
der Unternehmen.
Michael Zeimet, Geschäftsführer Bildung Handelskammer Bremen, weist darauf
hin, dass eine ähnliches, Anfang des Jahres in der Hansestadt in Kraft
getretenes Gesetz dort vor allem für mehr Bürokratie für die Unternehmen
bedeutet: „Die Politik redet von Bürokratieabbau und macht dann so ein
Gesetz“.
Der Berliner Entwurf sieht allerdings nur vor, dass die Bruttolohnsumme,
also die Löhne aller Beschäftigten ohne Weihnachtsgeld und Sonderzahlungen,
sowie die Anzahl der Auszubildenden genannt werden musst. Auch soll es eine
noch zu bestimmende Bagatellgrenze für kleine Unternehmen geben. Für die
Umsetzung des Gesetzes plant der Senat drei Millionen Euro ein, etwa die
Hälfte von dem, was die Olympiabewerbung kosten soll.
Die Unruhe der Wirtschaftsverbände deutet darauf hin, dass die Umlage
tatsächlich kommen wird. Das Berliner Bündnis für Ausbildung, bestehend aus
Gewerkschaften, Wirtschaftsverbänden und Politik, beschloss 2023, bis Ende
2025 2.000 neue Ausbildungsplätze zu schaffen, ansonsten kommt die Umlage.
Doch das Ziel liegt in weiter Ferne. Ende 2024 waren es lediglich 117 neue
Ausbildungsverträge.
Umso verärgerter ist [3][Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD)] über die
Kritik der Verbände: „Das ist keine wirre Idee von mir, sondern eine
politische Vereinbarung der aktuellen Regierung.“ Kiziltepe nannte das
Gesetz einen „konkreten Beitrag zum akuten Fachkräftemangel“. Auch
Betriebe, die nicht ausbilden, würden ausgebildete Fachkräfte brauchen, so
Kiziltepe. „Sie dürfen dann aber nicht jammern, wenn sie keine finden.“
7 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Jonas Wahmkow
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