# taz.de -- Offizielles Gedenken zum 7. Oktober: Das Leid der anderen
> Zum Jahrestag des Terrorangriffs der Hamas wurde offiziell der Opfer in
> Israel gedacht. Palästinenserinnen und Palästinenser blieben außen vor.
> Warum?
IMG Bild: Vor dem Brandenburger Tor in Berlin wurde mit 1.100 Stühlen an die Opfer des Hamas-Überfalls am 7. Oktober 2023 gedacht
Deutschland ist im Gedenken gespalten. Der Opfer des Hamas-Terrorangriffs
in Israel wurde [1][zum Jahrestag an vielen Orten offiziell gedacht]. Vor
dem Brandenburger Tor in Berlin wurden morgens die Namen der Ermordeten
verlesen, später wurden Stühle zu ihrem Gedenken aufgestellt. Abends
strahlte dort in Lichtbuchstaben die Forderung, die Geiseln zu befreien:
„Bring them home now“. Mehrere Bundesländer und Rathäuser hissten die
israelische Flagge oder ordneten Trauerbeflaggung an – auch der Bundestag.
Die Spitzen der Republik bekundeten persönlich ihre Anteilnahme:
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach in Leipzig mit Jüdinnen und
Juden, Bundeskanzler Friedrich Merz rief zur Solidarität mit ihnen auf, und
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner empfing Angehörige von israelischen
Opfern. So weit, so einseitig. Palästinenserinnen und Palästinenser blieben
außen vor.
In Deutschland lebt die größte palästinensische Gemeinde Europas. Für sie
markiert der 7. Oktober den Beginn eines präzedenzlosen Krieges, von
Vertreibung und Völkermord. Über 60.000 Menschen hat die israelische Armee
im Gazastreifen getötet, darunter mindestens 20.000 Kinder. Allein seit
[2][Trump seinen „Friedensplan]“ ausgerufen hat, gab es dort über 100 Tote.
Doch in deutschen Medien ist das bestenfalls eine Randnotiz, und im
offiziellen Gedenken kommen Palästinenserinnen und Palästinenser gar nicht
erst vor.
Das Leid der Menschen im Gazastreifen lässt sich nicht mit dem Leid auf
israelischer Seite aufwiegen. Man kann die Toten nicht verrechnen. Warum
aber sollte Gedenken ein Nullsummenspiel sein? Warum ist das offizielle
Deutschland so empathielos und kalt, wenn es um Palästinenserinnen und
Palästinenser geht? Warum tut es sich so schwer damit, anzuerkennen, dass
auch sie Opfer sind? Statt zu fragen, wie es ihnen hierzulande geht, werden
sie seit zwei Jahren mit Ermahnungen und Repressionen überzogen, und zu
antipalästinensischem Rassismus gibt es weder Studien noch ein öffentliches
Interesse daran.
## Die Komplexität des Konflikts anerkennen
Zur Komplexität des Konflikts gehört zudem, dass [3][die letzten Geiseln]
schon längst zu Hause wären, hätte sich Israels Premierminister Benjamin
Netanjahu schon früher auf eine Verhandlungslösung eingelassen. Doch sein
Hauptziel war nicht ihre Befreiung, sondern die Vertreibung und Entrechtung
der Palästinenserinnen und Palästinenser.
Wer angesichts dieser Komplexität einseitig Partei nimmt, macht es sich zu
einfach. Jedes staatlich organisierte Gedenken verliert seine moralische
Autorität, wenn es diese Komplexität ignoriert. Und jedes „Nie wieder“ ist
wertlos, wenn es nicht für alle gilt.
7 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Daniel Bax
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