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       # taz.de -- Die Wahrheit: „Bitte, probieren Sie!“
       
       > Was macht eigentlich Emmanuel Macron? Die Wahrheit beim Totenbäcker der
       > französischen Demokratie.
       
   IMG Bild: Kleine Brötchen für Brigitte backen: die Macrons
       
       Im Französischen gibt es ein fantastisch lautmalerisches Wort, das Trubel,
       Chaos und Quatsch mit Soße meint: le brouhaha. Genau darin befindet sich,
       was die politischen Zustände anlangt, unser westlicher Nachbar, seit
       geraumer Zeit. Gegen vier Premierminister in weniger als zwei Jahren, gegen
       einen nur rund 27 Tage am Ruder gewesenen Regierungschef sind hierzulande
       Merz, Klingbeil et al. schlicht noch nicht barock genug. Le brouhaha: denn,
       eben der, der diese ganze Chose entscheidend mitangerichtet und verursacht
       hat, zieht es momentan vor, sich häuslich, ja gemütlich einzurichten: Die
       Wahrheit auf Stippvisite beim Brouhaha-Präsidenten Emmanuel Macron. 
       
       „Entrez, entrez!“ Mit großer Geste und sichtbar zu kleinen Hausschuhen aus
       schickem Burgunderfilz zieht uns der Mann, der einst als junger
       Laiendarsteller auf den Brettern, die die Welt bedeuten sollen, begann und
       dort wohl auch wieder enden wird, hinein in sein Jagdschlösschen vor den
       Toren der französischen Kapitale. Hier, im Schlosspark von Versailles, ist
       die Pariser Ranküne weit weg. Es riecht nur ein wenig ungelüftet im „La
       Lanterne“ getauften Pavillon.
       
       Das hat der frisch ins Kittchen verriegelte Vorvorgänger von Macron, auch
       Fußfessel-Sarkozy genannt, bereits 2007 dem jeweiligen, so er noch
       existiert und auffindbar ist, Premierminister weggeschnappt und als
       Zweitwohnung für französische Staatspräsidenten verfügt. Kein Brouhaha also
       in der Laterne, nur stehende Luft und ein: backender Macron.
       
       „Oui, c’est vrai“, nickt der einstige Liebling der Götter und der
       Wirtschaft, „ich habe mich aktuell auf kleine Brötchen verlegt, nur für
       mich und meine Brigitte.“ Macron grinst sein charmantestes Merkellächeln.
       „Hier, bitte probieren Sie!“ Der kleine Mann reicht uns eine noch kleinere,
       ja winzige, süße Makrone garniert mit salziger Leberpastete. Lecker!
       Trotzdem: Wir sind immer noch baff über das Gebaren des Mannes, der aus der
       Provinz und nicht aus Paris stammt und im überschaubaren Amiens unter den
       Augen und Ohren seiner Brigitte, ja, wir schrieben es schon, fleißig mit
       dem Schauspielern anfing.
       
       ## Patentrezept des Lenkers von La France?
       
       Ist das also hier, diese Makrone mit Leberwurst, nein Leberpastete, ist sie
       der passende Beitrag zur doch recht verfahrenen Lage intra muros Paris und
       vor allem im Rest des Hexagons? Ist das das Patentrezept des sonst sich so
       staatlich wie männlich gebenden Lenkers von la France?
       
       Hmm. Wir werden mal wieder nicht schlauer aus Emmanuel Jean-Michel Frédéric
       Macron, seit Mai 2017 Staatspräsident der Französischen Republik und, ja,
       es ist wahr: Kofürst von Andorra! „Ja, es ist wahr: Ich trage auch,
       zusammen mit dem Bischof von Urgell, die Last des kollektiven
       Staatsoberhaupts des Fürstentums Andorra.“
       
       ## Der einstige Claquere-Club „En Marche!“
       
       Ha, Macron lenkt ab, jetzt haben wir ihn, aber wir kriegen ihn nicht mehr
       ein, er redet wichtig weiter: „Der Bischof von Urgell ist der Copríncep
       episcopal del Principat d’Andorra, ist der bischöfliche Kofürst. Ich bin
       der Copríncep laic del Principat d’Andorra, also der weltliche Kofürst,
       wenn Sie meine Übersetzung aus dem Katalanischen gestatten.“ Immer
       vornherum hübsch die Etikette herausstreichen, so kennen wir den Macron,
       der ab 2016, so elegant wie brutal, das traditionelle französische
       Parteiensystem zerlegt hat mit seinem vollmundig „Bewegung“ genannten
       Claquere-Club „En Marche!“.
       
       Jenes Parteiensystem, führen wir ihm gegenüber dann bei einer zweiten
       Makrone mit Leberpastete aus, also dieses vermuffte französische
       Parteiensystem wegzusprengen, das war einst im Angesicht der globalen
       Herausforderungen wahrscheinlich eine ganz gute Idee. Aber dann
       machttrunken und hybrisbegabt nicht für Nachschub an Ideen und
       eigenständigem Personal zu sorgen, sondern maximal hierarchisch
       weiterzumachen: Das sei sie – die Malaise Frankreichs in Gestalt von
       Emmanuel Macron.
       
       „Haha, brouhaha, oberschlau, was Sie da so für Gedanken haben, oui, jetzt
       haben Sie mich doch glatt durchschaut!“ Emmanuel Macron greift zur Etagère,
       „nehmen Sie doch noch eine dritte Makrone!“ Wir greifen zu, dann reißen wir
       das bodentiefe Fenster im Versailler Laternenschlösschen zum Lüften auf.
       
       9 Oct 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Harriet Wolff
       
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