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       # taz.de -- Die Wahrheit: Wieder Wasser
       
       > Tagebuch einer Durchhalterin: Das Leben könnte so angenehm sein, würde
       > nicht dauernd von oben Feuchtigkeit in die Wohnung eindringen.
       
       London calling! Das Institute of Contemporary Arts zeigt eine Retro meiner
       Filme! Erstaunlicherweise wachsen junge Menschen nach, die sehen wollen,
       was einen einst so umtrieb.
       
       Schon bei der Ankunft gibt’s die erste Ehrung: The Mall, die Prachtstraße
       vor dem Institute, ist vom Buckingham Palace bis zum anderen Ende mit Union
       Jacks und Stars & Stripes beflaggt. In Anbetracht meiner amerikanischen
       Zweitstaatsbürgerschaft finde ich das – wenn auch ein wenig übertrieben –
       durchaus schmeichelhaft, bis der zarte Hinweis kommt, der US-Präsident sei
       in Town. Das war mir doch glatt entgangen, allerdings wurde er von der
       Regierung klugerweise zu den Royals ins Schloss Windsor entsorgt, und damit
       das Fahnenmeer nicht umsonst flattert, beanspruche ich es kurzerhand für
       mich und meinesgleichen. No Kings!
       
       Nach der Vorstellung werden dann in meinem traditionsbewussten Hotel – im
       gänzlich bürgerlichen Freundeskreis, aber zu ausgesprochen royalen Preisen
       – reichlich Cocktails verdrückt, unter deren Einfluss mich ein Londoner
       Freund aufs Männerklo schleppt, um mir dort stolz Churchill in
       Dauerschleife vorzuführen: „I have nothing to offer but blood, toil, tears
       and sweat“, tönt es vom Band. Gut zu wissen, dass in England Männer beim
       Pinkeln auch heutzutage mit einer World-War-Two-Rede voll „Blut, Mühsal,
       Tränen und Schweiß“ auf die Härten des Lebens vorbereitet werden.
       
       Auf dem Damenklo wird hierarchisch noch mal draufgelegt. „Therefore I am
       sure that this, my Coronation, is not the symbol of a power and a splendour
       that are gone but a declaration of our hopes for the future …“ So sprach
       die Queen 1954, ihre Krönung war demnach nicht etwa Ausdruck von Glanz und
       Macht vergangener Zeiten, sondern Hoffnung für die Zukunft. Nun ja, may Her
       Majesty rest in peace.
       
       Und Schnitt. Eben noch badet man im Ruhm, da fällt einem, nach Hause
       zurückgekehrt, der Himmel auf den Kopf. Am Tag als die Handwerker antreten,
       um die Verheerungen eines seit einem Jahr auf seine endgültige Sanierung
       wartenden Wasserschadens zu beseitigen, tropft es erneut von der Decke in
       den Frühstückstee. Im vierten Stock will ein Heizungsrohr auch mal
       Aufmerksamkeit!
       
       „Wie schön, Sie wiederzusehen!“, begrüßt mich ein paar nasse Stunden später
       der Mann mit den Trocknungsgeräten, offenbar hat er meinen Kaffee und die
       Kekse, die ich seit Juli vorigen Jahres kiloweise an ihn und andere
       Handwerker verfüttert habe, schmerzlich vermisst.
       
       Zeit, Churchillreden runterzuladen. Blut, Schweiß und Tränen scheinen mir
       passender als „Hoffnung auf die Zukunft“-Gelulle, während uns gerade
       überall auf der Welt sehr viel Schwerwiegenderes als Wasser auf den Kopf
       fällt. „This is no time for ease and comfort“, vernehme ich. „It is time to
       dare and endure.“ Keine Zeit für Ruhe und Bequemlichkeit. Zeit, was zu
       riskieren und durchzuhalten. Thanks Winston, Message angekommen.
       
       9 Oct 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Pia Frankenberg
       
       ## TAGS
       
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