# taz.de -- Verlag publiziert Mopsa Sternheim-Roman: Widerstandskämpferin, Lebensretterin, Autorin
> „Tochter von“, „Geliebte von“– oft fand Widerstandskämpferin Mopsa
> Sternheim (1905-1954) eher als Attribut Anderer Beachtung. Nun endlich
> als Autorin.
IMG Bild: Wird nun auch als Autorin entdeckt: Mopsa Sternheim, hier 1933 in Paris
Bremen taz | Mopsa Sternheim war nicht irgendwer, schreibt die dpa,
sondern: „die Tochter sehr bekannter Leute“. Na dann! Dabei war Sternheim
auch selbst nicht „irgendwer“, sondern: Bühnenbildnerin,
Widerstandskämpferin der Résistance, Lebensretterin noch aus dem KZ heraus.
Eine intelligente, chaotische, widerspenstige Exilantin. Eine Süchtige.
Und: Eine Autorin. Endlich auch mit Anerkennung: 71 Jahre nach ihrem Tod
wird ihr einziger Roman „Im Zeichen der Spinne“ im Wallstein-Verlag
veröffentlicht.
Lange galt er als verschollen; vor ihrem Tod 1954 hatte Sternheim alle
Seiten in einen Koffer gepackt und ihn einem Freund zukommen lassen.
Kümmere dich darum, war ihr Wunsch. Doch ein leichtes Vermächtnis war das
nicht: Päckchen, lose Seiten, in Handschrift und Schreibmaschine, auf jeder
Seite überklebt mit Korrekturen.
Der Freund Gert Schiff, später Kunsthistoriker, damals Student und 28, fand
keinen Verleger. Vor zehn Jahren ging der ganze Wumms an die Oldenburger
Landesbibliothek. „Der Koffer wurde gleich wieder zugemacht“, sagt Corinna
Roeder, Direktorin der Landesbibliothek: Zu viel Chaos, zu viel Arbeit.
Vergessen wurde das Manuskript nicht: Der ehemalige Leiter Rudolf Fietz hat
sich nach seiner Pensionierung an die Arbeit gesetzt, hat zwei Jahre lang
rekonstruiert, geordnet, Entscheidungen getroffen.
Die Zeit, in der der Roman spielt, sind die 1920er und 30er Jahre. Die
Hauptfigur ist nicht Mopsa, aber vieles von dem, was der Protagonistin
widerfährt, ist autobiografisch: Die unglückliche kurze Liebe [1][zum ewig
vergötterten Gottfried Benn] (als „Dr. Groll“); der Selbstmordversuch, der
sich daraus ergibt; das Leben im Berlin der Zwanziger; schließlich
Verfolgung und Folter durch die Gestapo.
## Morphiumsucht in den Literaturzirkeln Berlins
Mopsa, 1905 geboren, lebt ab Mitte der Zwanziger Jahre in Berlin; die
[2][Tochter von Thea] und Carl Sternheim, Schriftstellerin und Dramatiker,
verkehrt im literarischen Brennpunkt der Stadt, den Salons und Partys.
Befreundet ist sie mit Klaus und Erika Mann und Pamela Wedekind,
Dichterkinder wie sie; mit [3][Ruth Langsdorf, die oft als It-Girl] der
1920er bezeichnet wird, verbindet sie eine Freundschaft oder Affäre oder
Beziehung – die Übergänge sind fließend.
Geld verdient sie als Bühnenbildnerin und mit Übersetzungen; irgendwann
heiratet sie auch, aber das wohl eher am Rande – die Scheidung vom Maler
Rudolf von Ripper erfolgt erst viele Jahre später, aber so richtig
zusammengelebt haben die beiden kaum. Viel mehr durch ihr Leben begleiten
wird sie ab 1927 das Morphium: Sie lebt eine On-Off-Beziehung mit der
Droge, immer wieder unterzieht sie sich Entzugskuren – und fällt zurück in
die Sucht. Nie aber in die Belanglosigkeit: ab Anfang der Dreißiger
schreibt sie Artikel gegen die Nazis für den Manchester Guardian. 1933
folgt sie ihrer Mutter ins Exil nach Paris.
Später engagiert sie sich in der Résistance – und wird enttarnt. Im KZ in
Ravensbrück wird sie noch einmal über sich hinaus wachsen: Als Blockälteste
im Krankenrevier schreibt sie Mitgefangene auf die Liste der Verstorbenen,
die so der Deportation entgehen. Sie legt sich an mit den Machthabern im
Lager – später konnte sie gegen sie als Zeugin aussagen.
Sternheim stirbt 1954 mit 48 Jahren an Darmkrebs. Es ist ein schmerzhafter
Tod: das Morphium, das ihr als Schmerzmittel verabreicht wurde, wirkt bei
ihr nicht mehr. Ihr letztes Wort als Autorin, das spricht Sternheim erst
jetzt, [4][mit ihrem Roman.]
11 Oct 2025
## LINKS
DIR [1] /Friedensangebot-an-Grossvaeter/!205134/
DIR [2] https://www.thea-sternheim.org/
DIR [3] /Das-Maedchen-mit-tausend-PS/!811100/
DIR [4] https://www.wallstein-verlag.de/9783835359703-im-zeichen-der-spinne.html
## AUTOREN
DIR Lotta Drügemöller
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