# taz.de -- Fastfoodkette in Hemmoor: Kinder stimmten für McDonald’s
> Ein geplanter McDonalds spaltet die niedersächsische Kleinstadt Hemmoor.
> In einer Umfrage stimmten Schüler:innen dafür – zum Missfallen ihrer
> Eltern.
IMG Bild: Kritik gibt's vor allem am Standort: Plakat gegen den McDonalds in Hemmoor
Hemmoor taz | Es ist das Zwitschern von Vögeln zu hören, Wildbienen und
Libellen fliegen vorbei – und das im kühlen, etwas verregneten Oktober.
Mitten in der Kleinstadt Hemmoor nördlich von Bremen liegt das
Heidestrandbad, ein idyllischer See mit Strand, Volleyballnetz und
Fußballfeld. [1][Der See] ist umgeben von Bäumen, sodass man hier von der
Wohnsiedlung drumherum nichts mitbekommt. Nur ein paar Autos von der nahe
liegenden Bundesstraße sind zu hören. An diesem Dienstagmorgen ist hier
wenig los, zwei Angler sitzen am Seerand mit aufgeschlagener Zeitung und
warten, dass ein Fisch anbeißt.
Schon bald könnte dieser Ort nicht mehr so schön und ruhig sein. In
unmittelbare Nähe soll ein [2][McDonald]’s gebaut werden, direkt neben dem
Schwimmbad. Am Donnerstag wird der Stadtrat Hemmoor über den
„Auslegungsbeschluss zum Bebauungsplan“ entscheiden.
Gegen den Bau des Schnellrestaurants ist Heidi Stamm, Initiatorin der
Bürgerinitiative „McDonald’s am Heidestrandbadsee: Nein Danke!“. Beim
Spaziergang mit der taz am See erzählt sie, was sie befürchtet: „Dann ist
der Erholungsort dahin, es wird laut, man wird den McDonald’s riechen,
sehen und auch durch Müllverschmutzung bemerken.“ Ihre Initiative fordert,
dass der McDonald’s stattdessen im Gewerbegebiet gebaut wird.
Auch wenn Stamm privat, wie sie sagt, ganz gegen McDonald’s ist, weiß sie,
dass sich viele Bewohner:innen über das geplante Fast-Food-Restaurant
freuen. „Besonders für die Jugendlichen wird es ein attraktiver, warmer
Treffpunkt werden“, sagt sie.
## Initiative gegen McDonalds sorgt sich um Jugendliche
Den Standort kritisiert die Initiative aber ausgerechnet auch gerade mit
Blick auf die Jugendlichen in Hemmoor. Das Fast-Food-Restaurant soll
nämlich mitten zwischen Jugendhilfeeinrichtungen gebaut werden: auf der
einen Seite liegt ein Skate-Platz, auf der anderen der Badesee, das
Schwimmbad und ein Jugendzentrum. Zudem führt für viele Kinder und
Jugendliche ihr Schulweg am geplanten Standort vorbei. Besonders während
der Mittagszeit ist das gut zu beobachten. Viele Kinder radeln vorbei und
Schulgruppen laufen zurück zu ihren Klassenzimmern – „Sie kommen von ihren
Schwimmstunden im Hallenbad“, erklärt Stamm.
Stamm sorgt sich besonders um die [3][Verkehrssicherheit der
Schüler:innen]. Mit dem McDonald’s, da ist nicht nur sie sich sicher,
wird auch mehr Verkehr am Ort unterwegs sein.
Die Zufahrt zum Restaurant ist nicht auf Seiten der Bundesstraße geplant,
sondern vom Bahnhofsweg, einer nicht besonders breiten Dorfstraße. An der
Kreuzung gibt es bisher keine Ampel und ein Antrag der Grünen zum Bau einer
solchen wurde abgelehnt. Zudem endet ein Radweg auf Höhe des Grundstücks,
auf dem sich bald der McDonald’s befinden soll. Auf der Bahnhofstraße
teilen sich die Fahrradfahrer:innen also die Straße mit den Autos. Mit
einem erhöhtem Verkehrsaufkommen mit der Fast-Food-Kette sieht Stamm das
als Gefahrenstelle, auch für Schulbusse und Linienbusse, die täglich hier
lang fahren.
Neben dem Verkehrsaufkommen sieht Stamm auch die Ernährung der Jugendlichen
negativ durch den McDonald’s beeinflusst. „Bei einem Standort im
Mittelpunkt von Jugendeinrichtungen werden diese schneller mal hingehen als
im Gewerbegebiet“, befürchtet sie.
## Ein Aktionsplan fürs Image?
Die Stadt Hemmoor hat sich die Sorge um junge Leute eigentlich auf die
Fahne geschrieben. Sie hat einen Aktionsplan „Kinderfreundliche Kommune“,
in dem steht, dass jedes Kind ein Recht auf Gesundheit hat, wofür auch
wichtig sei, dass Kinder in einer sicheren Umgebung aufwachsen und eine
gesunde Ernährung erhalten. Stamm sieht das klar als Widerspruch dazu, dass
die Stadt dahintersteht, genau an diesen Standort einen McDonald’s zu
bauen.
Tobias Söhl, Fraktionsvorsitzender des Grünen-Ortsverbandes
Hemmoor-Lamstedt sieht das ähnlich: „Hemmoor ist eher eine
konzernfreundliche Kommune statt eine kinderfreundliche.“ Er kritisiert den
geplanten Standort scharf.
Söhl hat außerdem ein Problem damit, wie die Stadt Kinder und Jugendliche
in seinen Augen für den McDonald’s-Plan instrumentalisiert hat. Die Stadt
Hemmoor hatte sich nämlich vorgenommen, die Kinder und Jugendlichen der
Kleinstadt zu deren Meinung zum geplanten McDonald’s zu befragen.
Das versuchte sie Anfang dieses Jahres, es hat allerdings nicht so gut
geklappt. Am Gymnasium stellten die Eltern sich dagegen. Es hätte keine
Vorbereitung für die Schüler:innen gegeben. Von der Haupt- und
Realschule befragte die Stadt einige Jugendliche während eines Besuchs im
Jugendzentrum. Insgesamt nahmen aber lediglich 94 Schüler:innen an der
Umfrage teil und die Fragestellung bezog sich nur darauf, ob die
Jugendlichen Lust auf einen McDonald’s hätten oder nicht. Zwei Drittel
stimmten bei der Befragung tatsächlich mit Ja ab, es gab auch einige wenige
kritische Anmerkungen wie Angst vor Müllverschmutzung und vermehrtem
Verkehr.
## Keine wirkliche Beteiligung der Schüler:innen
An sich sei es ja eine schöne Idee, die Jugendlichen so an demokratische
Prozesse heranzuführen, doch die Umsetzung und Anwendung lasse zu wünschen
übrig, findet der Grüne Söhl. So wurden die Jugendlichen nicht gefragt, wie
sie den Standort finden oder sonst irgendwie in den Prozess eingebunden. Ob
der McDonald’s gebaut werden soll oder nicht, stand auch eigentlich schon
fest – von einer wirklichen Beteiligung kann also nicht wirklich gesprochen
werden.
Die Ratsbeauftragte für Kinder- und Jugendbeteiligung in Hemmoor, Anette
Anders, hätte sich eine angemessene Beteiligung gewünscht. „Die
Jugendlichen hätten auf alle Fälle mehr einbezogen werden müssen“, sagt
Anders.
Bisher seien die Jugendlichen auch noch nie bei solchen Entscheidungen
beteiligt gewesen, abgesehen von der Spielplatzbebauung, sagt sie. „Die
Jugendlichen freuen sich natürlich, dass sie überhaupt gefragt werden.“ Für
tatsächliche Beteiligung hätte sie sich aber auch gute Aufklärung gewünscht
– etwa durch einen Besuch vor Ort, bei dem den Jugendlichen die Situation
angemessen erklärt wird.
„Kein Jugendlicher wird sich 350 Seiten Gutachten durchlesen“, sagt Anders,
das sei einfach nicht gerecht aufbereitet. Hätten die Umfragen sich auch
auf den Standort bezogen und wären die Schüler:innen vorher über
verschiedene Standpunkte aufgeklärt worden, könne sie sich vorstellen, dass
die Ergebnisse kritischer ausgefallen wären. Warum die Jugendlichen
ausgerechnet bei der McDonald’s-Frage mal eingebunden werden sollten, kann
sie sich nicht erklären.
Der Bürgermeister der Samtgemeinde Hemmoor, Jan Tiedemann, sagt, dass es
bei der Umfrage nicht um den Standort gehen konnte, „weil der Standort
letztendlich nicht mehr diskutierbar war“. Ob es, wenn die Jugendlichen
mehrheitlich gegen den McDonald’s gestimmt hätten, auch keinen gegeben
hätte, könne er nicht beantworten.
8 Oct 2025
## LINKS
DIR [1] /Tauchen-Im-Kreidesee/!5204947
DIR [2] /50-Jahre-McDonalds-in-Deutschland/!5815984
DIR [3] /Verkehrserziehung/!6057875
## AUTOREN
DIR Leo Schurbohm
## TAGS
DIR Fastfood
DIR Niedersachsen
DIR Protestkultur
DIR Naturschutz
DIR Jugendliche
DIR Reden wir darüber
DIR McDonald's
DIR Kinder
DIR Fastfood
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Tübingens Steuer auf Einwegverpackungen von Speisen legal
Das Bundesverfassungsgericht lehnt die Klage einer McDonald’s-Filiale ab.
Tübingen erhebt die Abgabe beim Verkauf von Speisen und Getränken.
DIR Kinderreport 2024 vorgestellt: Mehr Beteiligung nötig und möglich
Deprimierendes Ergebnis: Nur neun Prozent der Kinder und Jugendlichen
findet, ihre Generation wisse ausreichend über demokratische Abläufe
Bescheid.
DIR 50 Jahre McDonald's in Deutschland: Das etwas andere Restaurant
1971 eröffnete die erste Filiale. Erinnerungen an das Aufwachsen mit Happy
Meals, Shakes und Frittiertem.