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       # taz.de -- Berlin-Wahl am 20. September 2026: Bereit, wenn Ihr es seid
       
       > Alle Spitzenkandidaturen zur Abgeordnetenhauswahl stehen. Zentrale Frage:
       > Würden SPD und Grüne unter einer Bürgermeisterin Elif Eralp mitregieren?
       
   IMG Bild: Löst sie CDU-Chef Kai Wegner ab? Der Linkspartei-Landesvorstand will mit Elif Eralp als Spitzenkandidatin ins Rote Rathaus
       
       Berlin taz | Das letzte große Personalrätsel Richtung Abgeordnetenhauswahl
       ist geklärt: Elif Eralp soll die Linkspartei in die Abgeordnetenhauswahl
       2026 führen. Und die AfD hat am Samstag erneut Kristin Brinker zur
       Spitzenkandidatin gewählt. Damit steht seit diesem Wochenende, knapp
       elfeinhalb Monate vor dem Wahltermin am 20. September 2026, das Feld der
       Bewerberinnen und Bewerber für das Rote Rathaus. Offizielle Bestätigungen
       bei Parteitagen stehen zwar teilweise noch aus, gelten aber eher als
       Krönungsmessen denn als Wackelpartien.
       
       Ende voriger Woche hatte der Landesvorstand der Linkspartei kurzfristig zu
       einer Presskonferenz eingeladen, um dort [1][die Spitzenkandidatin
       vorzustellen]. Eralps Name war dafür spätestens seit Jahresbeginn im
       Gespräch. Sie rückte zeitweise bloß in den Hintergrund, als Kerstin Wolter
       im Mai Landesvorsitzende wurde und als mögliche Spitzenkandidatin galt.
       
       Genannt wurde zwar auch die frühere Bundesvorsitzende Katja Kipping, bis
       Frühjahr 2023 Berlins Sozialsenatorin. Die aber verfolgt seither eine
       aussichtsreiche Karriere beim Paritätischen Wohlfahrtsverband und gilt
       zudem nicht als eine, die zum Berliner Landesverband neuerer Struktur
       passt. Der hat inzwischen rund 17.500 Mitglieder – mehr als doppelt so
       viele wie noch vor einem Jahr – und gilt als deutlich nach links gerückt.
       
       Zur Wahl 2026 wollen nicht bloß die bereits ausgetretenen
       Exsenatsmitglieder um Klaus Lederer, sondern auch andere langjährige
       Stützen der Parlamentsfraktion nicht erneut antreten. Die so veränderte
       Partei gilt bei SPD und Grünen, ihren möglichen Koalitionspartnern,
       teilweise als Black Box.
       
       ## Kämpferische Reden
       
       Die [2][44-jährige Eralp, seit 2021 im Abgeordnetenhaus], ist seit
       Jahresbeginn mit kämpferischen Reden im Parlament aufgefallen, die in ihrer
       Energie die aktuelle Fraktionsspitze um Anne Helm und Tobias Schulze
       zeitweise in den Schatten stellen und an die Auftritte von
       Bundespolitikerin Heidi Reichinnek erinnern. Eralp [3][rief etwa SPD und
       Grüne auf, sich von der CDU abzuwenden] und mit ihrer Partei erneut ein
       Linksbündnis zu bilden – die drei Fraktionen hätten jetzt schon im
       Abgeordnetenhaus die nötige Mehrheit.
       
       Die Parteispitze machte bei ihrer Vorstellung am Freitag unmissverständlich
       klar, welche Rolle sie nach der Wahl am 20. September einnehmen soll: „Elif
       Eralp ist unser Angebot für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin.“ Die –
       allerdings derzeit noch dünne – Datengrundlage gibt das durchaus her.
       
       Bei der vier Monate zurückliegenden bislang letzten Umfrage des
       Meinungsforschungsinstituts infratest dimap rangierte die Linkspartei zwar
       deutlich hinter der CDU von Regierungschef Kai Wegner, aber ebenso klar vor
       Grünen und SPD. Auch [4][bei einer Einschätzung im Auftrag des
       Tagesspiegel] von Mitte September führte die Partei im linken Lager mit 16
       Prozent vor Grünen (15) und SPD (13). Traditionell stellt in einer
       Koalition der stärkste Partner den Chef oder die Chefin.
       
       In etwa auf Augenhöhe mit diesen drei Parteien bewegt sich die AfD mit
       ebenfalls 16 Prozent. Damit hätte die Partei ihr Ergebnis bei der
       Berlin-Wahl vom Februar 2023 mehr als vereineinhalbfacht. Fraktionschefin
       Brinker wie damals wieder zur Spitzenkandidatin zu machen, ist angesichts
       dieser Entwicklung nicht überraschend. Sie ist die Verkörperung der
       AfD-Anstrengungen, sich in Berlin zumindest teilweise ein bürgerliches
       Gesicht zu geben. Brinker tritt im Abgeordnetenhaus weit gemäßigter auf als
       etwa ihr AfD-Fraktionschefkollege im nur 30 Kilometer entfernten Landtag in
       Potsdam.
       
       ## Offizielle Nominierungen
       
       Beim von Protesten begleiteten und ins brandenburgische Jüterbog
       ausgelagerten AfD-Landesparteitag (siehe Kasten) hielt sie das dennoch
       nicht von drastischen Formulierungen ab. „Wir müssen endlich diesen
       linksgrünen ideologischen Mief, der unsere Stadt, unser Land, verklebt,
       vernebelt, loswerden“, wurde sie von dort zitiert.
       
       Formal ist Brinker nun die erste offizielle Spitzenkandidatin für die
       Abgeordnetenhauswahl in zehneinhalb Monaten. Bei SPD, Grünen und
       Linkspartei wollen Parteitage die bisher designierten und von Vorständen
       benannten Bewerber am 15. beziehungsweise 22. November wählen.
       
       Dass dieser Schritt noch fehlt, hält die SPD nicht davon ab, bereits
       unmissverständlich [5][mit Steffen Krach als ihrer Nr. 1] für die Wahl zu
       werben. Auf einer Litfasssäule am Potsdamer Platz war Krach schon Anfang
       Oktober in doppelter Lebensgröße unter der Überschrift „Spitzenkandidat der
       SPD Berlin“ zu sehen. Und mit dieser Anmoderation war Krach auch am
       Samstagnachmittag in der Fußgängerzone in Alt-Tegel zu erleben.
       
       Bei den Grünen würde eine derartige vorzeitige Etikettierung mutmaßlich
       einiges an Protest nach dem gerne zitierten Prinzip „Basis ist Boss“
       auslösen. Die luden vor eineinhalb Wochen noch ganz sauber formulierend zu
       einem kleinen Parteitag ein, um die Möglichkeit zu geben, „Werner Graf und
       Bettina Jarasch, die sich gemeinsam um die Spitzenkandidatur bewerben,
       kennenzulernen“. Wie so oft, hat diese Konstruktion bei den Grünen etwas
       Besonderes: [6][Beide sollen zwar ein Spitzenkandidatenduo bilden, und doch
       wäre Graf die eigentliche Nummer 1], weil er und nicht Jarasch im Fall der
       Fälle Regierungschef im Roten Rathaus werden soll.
       
       ## CDU allein im Haus?
       
       Und die CDU? Die lässt sich Zeit. Dass Kai Wegner erneut Spitzenkandidat
       wird, steht ohnehin außer Frage. Ein Parteitag zu seiner offiziellen
       Benennung mutmaßlich im späten Frühjahr dürfte nochmal für zusätzliches
       Medieninteresse sorgen, so offenbar das Kalkül der Parteiführung. Dass er
       mit seiner CDU am 20. September wie 2023 vorne liegt, bezweifelt derzeit
       wenige.
       
       Völlig offen ist hingegen, ob er sich damit im Amt halten kann. Denn das
       dürfte von den Antworten auf zwei Fragen abhängen: Kommen Linkspartei,
       Grüne und SPD am 20. September auf eine Mehrheit der Parlamentssitze,
       [7][wofür 2023 nur knapp 44 Prozent der Wählerstimmen nötig waren]? Und
       wenn ja, halten Grüne und SPD die so neu aufgestellte Linkspartei für
       bündnisfähig genug, um nicht bloß mit ihr zu koalieren, sondern auch ihre
       Spitzenfrau Eralp zur Regierungschefin zu machen? Knapp elfeinhalb Monate
       bleiben, um das zu klären. Das Starterfeld steht nun jedenfalls.
       
       12 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Berliner-Linke/!6118929
   DIR [2] /Linken-Kandidatur-in-Berlin/!6119106
   DIR [3] /Merz-Debatte-im-Abgeordnetenhaus/!6063320
   DIR [4] https://www.tagesspiegel.de/berlin/umfrage-zur-berliner-abgeordnetenhauswahl-schwarz-rot-weit-von-mehrheit-entfernt--spd-nur-noch-auf-platz-funf-14338853.html
   DIR [5] /Abgeordnetenhauswahl-2026/!6106552
   DIR [6] /Gruener-Spitzenkandidat-fuer-Berlin-/!6100915
   DIR [7] https://www.wahlen-berlin.de/wahlen/Be2023/AFSPRAES/agh/index.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
       ## TAGS
       
   DIR Elif Eralp
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