# taz.de -- Pendo Zawose über Musik in Tansania: „Nachts aufzutreten, wird für Frauen als riskant betrachtet“
> Musik ist in Tansania eine Männerdomäne. Die Zawose Queens brechen damit.
> Pendo Zawose über Tradition und die allmähliche Anerkennung von
> Musikerinnen.
IMG Bild: Haben sich einen Platz in der Männer-Musikwelt erkämpft: Pendo und Leah Zawose alias The Zawose Queens
taz: Die Familie Zawose ist wichtig für die tansanische Musik. Was bedeutet
es für Sie, das Erbe der Familie jetzt als Leadsängerin zusammen mit Leah
Zawose fortzuführen?
Pendo Zawose: Generell bewegen sich Frauen in der Musikszene Tansanias eher
im Hintergrund, gerade auch in unserer Familie war das lange so. Also bin
ich natürlich sehr stolz, als Frau und zentrale Person auf der Bühne mich
selbst ausdrücken zu dürfen und das Erbe meines Vater Hukwe Zawose
fortzuführen.
taz: Wie kam es zu dieser „Erlaubnis“?
Zawose: Nach dem traditionellen Glauben war es den Frauen unserer
Volksgruppe der Wagogo nicht gestattet, bestimmte Instrumente überhaupt nur
zu berühren. Frauen durften nur eine bestimmte Trommel spielen, die
zwischen den Oberschenkeln platziert wird. Bei allen anderen Instrumenten
hieß es, dass sie durch die weibliche Menstruation verstimmt werden
könnten. Das war natürlich ein vorgeschobenes Argument, da eine Frau ja
nicht ständig menstruiert. Wir haben dann aber heimlich die Instrumente
unserer Vaters und unserer Brüder gespielt und wurden immer besser. Wir
haben uns die „Erlaubnis“, unsere Musik zu machen, einfach genommen.
taz: Auf welchem Stand sehen Sie die Situation von Frauen in der
Musikindustrie in Ostafrika im Vergleich zum Westen des Kontinents?
Zawose: Die Frauen in der Musikindustrie in Ostafrika sind bei der
Förderung und im Management noch unterrepräsentiert. Unsere Gesellschaft
ist immer noch sehr konservativ. Das geht schon in den Familien los: Abends
oder nachts aufzutreten, wird für junge Frauen als riskant, ja als
gefährlich betrachtet und nicht unterstützt. Diese Haltung wird noch
unterstützt durch die Mainstream-Industrie, wo Frauen ja weltweit teilweise
sehr sexualisiert auftreten.
taz: Es finden aber langsam Veränderungen statt?
Zawose: Auch in [1][Ostafrika] organisieren sich immer mehr junge Frauen
besser und werden professionelle Künstlerinnen und Musikerinnen. Wir als
Zawose Queens mussten auf einer persönlichen Ebene für mehr Anerkennung
kämpfen. Und unsere Anerkennung durch internationale Touren zeigt ja, dass
Veränderungen möglich sind. Aber wir haben trotzdem noch einen langen Weg
zu gehen.
taz: Wenn man über afrikanische Musik spricht, gilt die Demokratische
Republik Kongo als der Gigant. Wo sehen Sie Tansanias Rolle in diesem Bild?
Zawose: Aus dem Kongo kommt die populärste [2][Musik ganz Afrikas]. Mit der
Rumba besetzen sie dort eine spezielle musikalische Nische, die eben sehr
erfolgreich ist. [3][Tansania] hat viel musikalisches Potenzial, auch
kommerziell, wie beim [4][Bongo Flava]. Aber im Vergleich zu Kongo hat das
Land noch viel Arbeit vor sich.
taz: Welche Rolle spielt bei den Zawose Queens die Tradition? Sie verwenden
ja auch elektronische Elemente.
Zawose: Als Frauen konnten wir die traditionellen Songs der Zawose-Familie
nicht spielen, sondern mussten eigene Stücke schreiben. Mit unseren
Instrumenten wie dem Daumenklavier, der Chizeze-Fiedel und den
Ngoma-Trommel transportieren wir das Erbe unserer Familie. Aber wir leben
in einer modernen Welt und die elektronischen Elemente beeinträchtigen
nicht die Authentizität der Musik. Und sie erlauben es uns, ein neues
Publikum anzusprechen.
16 Oct 2025
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