# taz.de -- Pekings Gegenstrategie: Wie China mit Trump fertigwerden will
> Staatschef Xi Jinping glaubt nicht mehr an einen großen Deal mit den USA.
> Stattdessen hält er den „Deal-Maker“ im Weißen Haus einfach beschäftigt.
IMG Bild: China und die USA haben sich gegenseitig mit Schiffsgebühren belegt: Containerschiff bei der Einfahrt nach Qingdao Port
Der Handelskrieg zwischen den USA und China läuft bereits seit Jahren, doch
dieser Tage schießen beide Volkswirtschaften aus allen Rohren. Ein Ende
Oktober geplantes Treffen zwischen Chinas Staatschef Xi Jinping und Donald
Trump in Südkorea am Rande des Gipfels der Asiatisch-Pazifischen
Wirtschaftsgemeinschaft steht auf der Kippe.
Nachdem das Handelsministerium in Peking [1][zuletzt seine
Exportbeschränkungen für Seltene Erden verschärft] hatte, reagierte
US-Präsident Donald Trump mit zusätzlich 100-prozentigen Strafzöllen auf
chinesische Importe. Zudem erheben die Staaten seit Dienstag saftige
Hafengebühren für die Schiffe des jeweils anderen Landes. China kauft zudem
derzeit keine Sojabohnen aus den USA, am Dienstag drohte Trump dafür mit
dem Verzicht auf chinesisches Speiseöl.
Ein Ende der Eskalationsspirale ist nicht in Sicht. „Wenn die USA
Konfrontation wählen, werden wir bis zum Ende kämpfen; wenn sie Dialog
wählen, bleibt unsere Tür offen“, sagte ein Sprecher des chinesischen
Handelsministeriums am Dienstag.
Seine Worte werden vom heimischen Publikum regelrecht zelebriert. Dass
[2][man als einzige Volkswirtschaft der Welt dem US-Präsidenten die Stirn
bieten kann], erfüllt chinesische Internetnutzer mit Stolz. „Schauen Sie
sich nur den Showdown zwischen der größten Industrienation der Welt und der
größten Finanzwirtschaft an!“, kommentiert ein euphorisierter User auf der
Onlineplattform Douyin. Ein anderer fragt ironisch: „Wann beginnt endlich
der Krieg?“ Vorher wolle er sich nämlich noch eine Portion Popcorn holen.
## Machtkämpfe
„Die Chinesen sind völlig überzeugt davon, die USA im Griff zu haben“, sagt
auch China-Experte Jörg Wuttke. „Sie glauben zu wissen, wie sie mit Trump
umzugehen haben – indem sie Stärke mit Stärke erwidern.“
Es gibt wohl nur wenige Experten, die beide Weltmächte so gut kennen wie
Wuttke: Der gebürtige Heidelberger lebte mehrere Jahrzehnte in China, wo er
über Milliarden-Investitionen für den Chemieriesen BASF verhandelte und
später als Präsident der europäischen Handelskammer in Peking diente.
Mittlerweile lebt der Wirtschaftsexperte in der US-Hauptstadt Washington,
wo er als Partner der Beratungsagentur DGA Albright Stonebridge fungiert.
Tatsächlich ist die chinesische Staatsführung mit ihrer Strategie bisher
vergleichsweise erfolgreich gefahren. Im [3][Gegensatz zur Europäischen
Union drängt sie nicht auf einen raschen Deal,] ganz im Gegenteil. Trump
wird als sprunghaft wahrgenommen und als nicht in der Lage, sein Wort zu
halten. Chinas Verhandlungsstrategie läuft nicht auf ein großes Ziel zu,
sondern ist vor allem darauf ausgerichtet, Zeit zu gewinnen.
„Die Chinesen haben erkannt, dass man den Mann im Weißen Haus beschäftigt
halten muss – und ihm regelmäßig kleinere Erfolge liefern, die er dann vor
der eigenen Bevölkerung als große Durchbrüche verkaufen kann“, sagt Wuttke.
## Aus der Balance
Zeichen dieses Zickzackkurses lassen sich schon jetzt beobachten: Nahezu
stündlich wechselt Trumps Rhetorik gegenüber Peking von aggressiv polternd
hin zu deeskalierend versöhnlich. Offensichtlich möchte der US-Präsident
einerseits Stärke demonstrieren, aber gleichzeitig den angestrebten „Grand
Bargain“ mit China nicht gefährden – und obendrein mögliche Kurseinbrüche
an der Wall Street gering halten.
In Peking hingegen zählt vor allem das Wort des Parteivorsitzenden. Und Xi
Jinping weiß, dass das Jahr 2028 nicht mehr allzu lang entfernt ist: In den
USA stehen dann Neuwahlen an. Xi hingegen wird auch darüber hinaus im Amt
bleiben.
Derzeit sieht es tatsächlich so aus, als ob China die Oberhand im
Handelskrieg hat. „Die zugrunde liegende Logik Pekings ist einfach“,
argumentiert der Analyst Chuchen Feng der Beratungsfirma Hutong Research:
China hat mit seinem [4][De-facto-Monopol bei Seltenen Erden] ein Ass im
Ärmel. Die USA hingegen können die Volksrepublik mit ihren Tech-Sanktionen
nicht ebenbürtig schädigen: Denn chinesische Firmen haben [5][bei
Computerchips bereits extrem aufgeholt] – und werden möglicherweise bald
auf Augenhöhe mit dem Silicon Valley sein.
## Ein Risiko bleibt
Trotzdem könnte es durchaus sein, dass die chinesische Staatsführung ihre
Position überschätzt. „Denn auch die USA haben ein paar mächtige Waffen in
der Hinterhand“, meint China-Experte Wuttke. Zwei davon hätten das
Potenzial, die chinesische Volkswirtschaft existenziell zu bedrohen: So
könnte Trump chinesischen Unternehmen den Zugang zur Wall Street und damit
dem größten Kapitalmarkt der Welt kappen.
Noch drastischer wäre es, wenn der US-Präsident den US-Dollar als
geopolitische Waffe instrumentalisiert und China vollständig vom
US-Finanzsystem abschneidet. Dies würde allerdings nicht nur die
Volksrepublik bedrohen, sondern die gesamte Weltwirtschaft aus den Angeln
heben – und [6][insbesondere Europa schaden, dessen Handelsbeziehungen mit
China nach wie vor stark] sind.
16 Oct 2025
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Fabian Kretschmer
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