URI: 
       # taz.de -- AfD bei Treffen in Russland: Globale Allianz der „Antiglobalisten“
       
       > Ein Hamburger AfD-Abgeordneter war bei einem extrem rechten
       > Vernetzungstreffen in Russland dabei. Es kamen Faschist*innen aus
       > aller Welt zusammen.
       
   IMG Bild: Über 50 Delegierte aus fünfzehn Ländern nahmen an der Gründungskonferenz der Internationalen Liga der Antiglobalisten teil
       
       Moskau/Berlin taz | Die extrem rechte AfD war mal wieder zu Gast in
       Russland: Der Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Robert Risch hat an einem
       internationalen Vernetzungstreffen in St. Petersburg teilgenommen und dort
       eine globale Allianz der „Antiglobalisten“ mitgegründet.
       
       Das häufig zur Diffamierung gebrauchte Schlagwort von „Globalisten“ soll
       eine geheime Elite insinuieren, welche im Hintergrund die Fäden zöge –
       beliebt im verschwörungsideologischen Kontext. Es ist ein rechtsextremes
       Dogwhistle, also ein Schlagwort, mit dem am Ende häufig stumpf
       antisemitisch „die Juden“ gemeint sind.
       
       AfD-Politiker wähnen sich immer wieder im Kampf gegen vermeintlichen
       „Globalismus“ – aber auch der ungarische Staatspräsident Viktor Orbán und
       viele russische Rechtsextreme hetzen immer wieder mit dem Schlagwort. Über
       das Vernetzungstreffen hat [1][zuerst das Portal Radio Liberty berichtet],
       Fotos vom Treffen kursierten auch in den sozialen Medien.
       
       Gastgeber war der vermögende Unternehmer Konstantin Malofejew. Der hat kein
       Problem damit, gegen die als Naziregime diffamierte Ukraine Krieg zu führen
       und gleichzeitig zu Hause in Russland Delegierte faschistischer
       Organisationen zu empfangen. Das klingt nach Gedankenspagat, spiegelt aber
       zentrale Facetten im Weltbild von Malofejew wider, einem der bekanntesten
       russischen Vorkämpfer gegen die Moderne.
       
       Für den 12. September hatte er Rechtsextreme aus aller Welt nach St.
       Petersburg eingeladen, der ehemaligen Hauptstadt des alten Zarenreichs.
       Denn Konstantin Malofejew ist nicht nur überzeugter Monarchist und
       Verfechter eines reaktionären christlich-orthodoxen Gesellschaftsideals.
       Als äußerst vermögender Unternehmer verfügt er auch über die finanziellen
       Mittel, den ultrakonservativen Fernsehsender Tsargrad zu betreiben und sich
       als einflussreicher Akteur in staatlicher Angelegenheit in Szene zu setzen.
       
       ## Über 50 Rechte aus 15 Ländern
       
       Über 50 Delegierte aus fünfzehn Ländern und drei Kontinenten hätten an der
       Gründungskonferenz der Internationalen Liga der Antiglobalisten „Paladine“
       teilgenommen, verkündete Malofejew vergangene Woche auf seinem
       Telegram-Kanal. Trotz Unterschieden sei man sich im Wesentlichen einig,
       heißt es da: „Im Bestreben, christliche Werte zu verteidigen. Im Kampf um
       nationale Identität und Souveränität. Und im Widerstand gegen unseren
       gemeinsamen Feind – den Globalismus.“
       
       Wohl um dem Event einen offiziellen Anstrich zu geben, hatte Malofejew für
       das Treffen den Marienpalast gewählt, in dem das Petersburger Parlament
       seinen Sitz hat. Anwesend war mit Konstantin Tschebekin außerdem ein
       Abgeordneter der russischen Regierungspartei Einiges Russland, während
       Parlamentssprecher Alexander Belskij lediglich eine Grußbotschaft verlesen
       ließ.
       
       Später gab er an, er habe keine Kenntnis vom politischen Hintergrund der
       geladenen Gäste gehabt. Vor zwei Jahren hatte Malofejew dort bereits das
       weitaus größer angelegte Forum der russischen Volkssynode abgehalten, das
       unter Federführung der orthodoxen Kirche Personen aus Staat und
       Gesellschaft zusammenbringt.
       
       Auf einem der wenigen veröffentlichten Fotos des jüngsten Treffens ist auch
       der rechte Philosoph und [2][Ideologe eines russisch-eurasischen
       Großimperiums Alexander Dugin] zu sehen. Sie sind ein eingespieltes Team:
       Der Geschäftsmann mit seinem Geld und politischen Kontakten und der
       belesene und international hervorragend vernetzte Intellektuelle.
       
       Auf Dugins Konto dürfte die Video-Zuschaltung des französischen Vordenkers
       der Neuen Rechten, Alain de Benoist, gehen, dessen Ideen Dugin einst für
       ein russisches Publikum aufbereitet hatte. Ebenfalls mit einer
       Online-Botschaft trat Alexander von Bismarck in Erscheinung, vormals
       CDU-Mitglied, heutzutage eines der bekanntesten Sprachrohre des Kremls in
       Deutschland.
       
       Unter den Angereisten finden sich zudem weitere Repräsentanten, die
       eindeutig extrem rechten Strukturen zuzuordnen sind: Es kamen Vertreter der
       „Les Nationalistes“ aus Frankreich, der Jugendbewegung „Hatvannégy
       Vármegye“ (64 Burgkomitate, HVIM) aus Ungarn oder der mexikanischen UNR
       (Unión, Nación, Revolución) mit Verbindungen zur deutschen
       [3][Neonazipartei Der Dritte Weg]. Auch Belgien, Südafrika und Argentinien
       waren vertreten.
       
       Aus Spanien nahmen die rechtsextreme Partei „Nationale Demokratie“
       (Democracia Nacional, DA) und die Falange Española de las JONS teil, die
       sich inhaltlich an ihrem faschistischen [4][historischen Vorbild aus den
       1930er Jahren orientiert]. In ihrer Selbstdarstellung finden sich
       beispielsweise Lobpreisungen für die spanische „Blaue Division“, die mit
       der deutschen Wehrmacht bei Leningrad gegen die Sowjetunion gekämpft hatte.
       Angesichts des Veranstaltungsortes besonders pikant. So betitelte die
       russische Zeitung Moskowskij Komsomolez einen Beitrag über Malofejews
       Allianz mit den Worten „Die Faschisten marschierten in Leningrad ein“.
       
       Für den am 10. September [5][ermordeten US-amerikanischen ultrarechten
       Propagandisten Charlie Kirk] gab es eine Schweigeminute. Ansonsten standen
       auf der Tagesordnung der International Sovereigntist League – unter diesem
       Namen firmiert der frisch eingerichtete Telegram-Kanal – Themen wie
       Migration und die Verteidigung sogenannter traditioneller Werte. Vorgesehen
       war außerdem die Teilnahme an einer Prozession, wie sie im Zentrum von St.
       Petersburg schon seit über zehn Jahren stattfindet.
       
       ## Safe Space für Rechtsextreme
       
       Überhaupt wird Russland immer mehr zum Safe Space für Rechtsextreme: Analog
       zum Treffen in Sankt Petersburg fanden sich am 7. September in Moskau
       Zehntausende bei einer erstmals in dieser Form abgehaltenen Prozession ein,
       die weniger einer religiösen Zusammenkunft ähnelte als einem Aufmarsch
       einschlägiger rechtsextremer Gruppierungen. Darunter auch die mit der
       orthodoxen Kirche kooperierende „Russische Gemeinschaft“, bekannt durch
       ihre Razzien, die gegen Migrant*innen gerichtet sind.
       
       Zweifellos genießt die russische extreme Rechte Rückhalt im Staats- und
       Kirchenapparat. Dennoch tun sich gelegentlich Grenzen auf. Nach
       Informationen der taz hat beispielsweise an der Moskauer humanistischen
       Universität ein 2024 eingerichtetes Bildungszentrum unter Dugins Leitung –
       benannt nach Wladimir Putins Lieblingsphilosophen Iwan Iljin – unter
       Studierenden keinerlei Zulauf.
       
       Auch Malofejew musste in der Vergangenheit Niederlagen einstecken. So
       missglückte 2019 sein Versuch einer politischen Übernahme der Partei
       Gerechtes Russland, erst kürzlich verlor er einen Prozess gegen den
       Investigativjournalisten Andrej Sacharow, der Malofejew in seinem Buch
       „Krypta“ kriminelle Machenschaften nachweisen konnte. Wegen seiner Rolle
       als Drahtzieher im sogenannten „russischen Frühling“ im Jahr 2014 steht er
       auf EU-Sanktionslisten. Sein Vermögen schrumpfte dadurch, an
       Betätigungsfeldern mangelt es ihm trotzdem nicht.
       
       Beim Treffen in Sankt Petersburg nahm auch die [6][ehemalige Hamburger
       AfD-Abgeordnete Olga Petersen] teil, die auch aufgrund ihrer notorischen
       Russlandreisen aus ihrer Fraktion geschmissen wurde. Warum nun auch der
       AfD-Abgeordnete Risch es für legitim hält, Russland zu besuchen, obwohl
       Putin einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führt, beantwortete er auf
       taz-Anfrage bislang nicht. Ebenso wenig, ob die Reise mit Fraktion,
       Landesverband oder Bundespartei abgestimmt war.
       
       Auch eine taz-Anfrage dazu an die AfD-Parteispitze und seine
       Bürgerschaftsfraktion blieb bislang unbeantwortet. Dem [7][Portal t-online]
       teilte die AfD-Fraktion in Hamburg dagegen mit, dass die Teilnahme weder
       mit der Fraktion noch mit Partei abgesprochen worden sei. Man werde „den
       Fall untersuchen und nötigenfalls Konsequenzen ziehen.“
       
       Felix Krebs vom Hamburger Bündnis gegen Rechts sagte dazu: „Olga Petersen
       wurde im Mai 2025 endgültig von der AfD aus ihrer Bürgerschaftsfraktion
       ausgeschlossen. Für Robert Risch muss nun das Gleiche folgen, wenn er an
       einem internationalen Kongress faschistischer und extrem rechter
       Organisationen in Russland teilnimmt, während dessen Präsident Putin den
       brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine zeitgleich intensiviert.“
       
       Hinweis, 30.9.: Der Text wurde aktualisiert, d. Red.
       
       30 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.rferl.org/a/russia-germany-far-right-forum/33544077.html
   DIR [2] /Der-russische-Faschist-Alexander-Dugin/!5836919
   DIR [3] /Der-Dritte-Weg-in-Berlin/!6076195
   DIR [4] /Reportagereise-Spanischer-Buergerkrieg/!5871441
   DIR [5] /Reportagereise-Spanischer-Buergerkrieg/!5871441
   DIR [6] /Pro-russische-Aeusserungen-in-der-AfD/!5945137
   DIR [7] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/parteien/id_100935436/afd-abgeordneter-robert-risch-war-zum-extremisten-treff-in-russland.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
   DIR Vera Bessonova
       
       ## TAGS
       
   DIR Rechtsextremismus
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Russland
   DIR Reden wir darüber
   DIR Social-Auswahl
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Javier Milei
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Maximilian Krah
   DIR Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
   DIR Schwerpunkt AfD
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR AfD und Russland: Im Auftrag ihres Zaren
       
       Die extrem Rechten haben gute Verbindungen in den Kreml. CDU und SPD werfen
       der AfD deswegen Spionage vor. Ein Berliner Gericht sieht das ähnlich.
       
   DIR Debatte zu AfD-Anfragen: Ja, wo halten denn die Militärtransporte?
       
       Innenexperten werfen der AfD vor, mit Kleinen Anfragen die deutsche
       Infrastruktur auszuforschen. Die reagiert mit rechtlichen Schritten.
       
   DIR Argentinien am US-Tropf: Trump-Regierung unterstützt Javier Milei
       
       Die Regierung des libertären Javier Milei in Argentinien kommt nicht mit
       dem schwächelnden Peso klar. Deswegen greift die US-Regierung ein.
       
   DIR Rassistischer Angriff und Hitler-Chats: Security-Beauftragter arbeitet nicht mehr bei AfD-Fraktion
       
       Erst entzog ihm der Bundestag den Hausausweis, nun ist Philipp R. bei der
       AfD raus. Auch gegen einen AfD-Abgeordneten wird wegen Rassismus ermittelt.
       
   DIR Linker erwirkt Unterlassungserklärung: Sachsen-Anhalts AfD-Landeschef musste Fake-KI-Bild löschen
       
       Der AfD-Abgeordnete Martin Reichardt aus Sachsen-Anhalt hatte mit einem
       KI-Bild gegen den Linken-Abgeordneten Luigi Pantisano gehetzt. Der wehrte
       sich.
       
   DIR Urteil gegen Ex-Mitarbeiter von Krah: Fast fünf Jahre Haft wegen Spionage
       
       Der AfD-Mitarbeiter Jian G. spionierte für den chinesischen Geheimdienst.
       Er soll seine Funktion als Assistent Krahs genutzt haben.
       
   DIR AfD und Erinnerungskultur: Zwischen Tabubruch und Selbstverharmlosung
       
       Die AfD ist offen geschichtsrevisionistisch: Das zeigt sich im Wahlprogramm
       und in vielen Provokationen, kritisiert Historiker Jens-Christian Wagner.
       
   DIR Streit um Russland in der AfD: Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
       
       Laut AfD-Chef Chrupalla hat Russland den Ukraine-Krieg bereits gewonnen.
       Die deutsche Nato-Mitgliedschaft stellt er infrage. Teile der AfD sind
       empört.