# taz.de -- Bundesanwaltschaft wird 75: Die Antiterroreinheit aus Karlsruhe
> Die Bundesanwaltschaft ist die Staatsanwaltschaft des Bundes. Vor 75
> Jahren wurde sie in Karlsruhe gegründet. Sie ist heute so gut beschäftigt
> wie noch nie.
IMG Bild: Sieht aus wie ein Hotel hinter sehr dicken Mauern: die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe
Berlin taz | Die Bundesanwaltschaft ist nicht in Feierstimmung. An ihrem
75. Geburtstag muss sie so viele Brennpunkte wie nie im Blick haben:
Rechtsextremismus, militanten Antifaschismus, Islamismus, Reichsbürger,
Kriegsverbrechen, russische und chinesische Spionage. Und nun muss
Generalbundesanwalt Jens Rommel auch noch die ukrainische Sabotage gegen
russische Pipelines verfolgen.
Die Bundesanwaltschaft ist die Staatsanwaltschaft des Bundes. Als sie am 1.
Oktober 1950 gesetzlich gegründet wurde, hatte sie nur rund 10
Beschäftigte. Heute sind es 350 Mitarbeiter:innen, davon rund 180
Staatsanwält:innen.
In den 1970er Jahren war der Kampf gegen den Terror der RAF zentral. Dabei
geriet auch die Bundesanwaltschaft selbst ins Visier. Im April 1977 wurden
Generalbundesanwalt Siegfried Buback und zwei Begleiter an einer Karlsruher
Straßenkreuzung von einem RAF-Kommando erschossen. Wenige Wochen später
wollte die RAF die Bundesanwaltschaft mit einem Flächenschussgerät
angreifen. Die „Stalinorgel“ stand in einem Nachbarhaus, das RAF-Kommando
hatte allerdings den Zünder nicht scharf gestellt.
Manche der folgenden Generalbundesanwälte galten als ausgesprochene
Hardliner, insbesondere gegen die militante Linke. Dazu gehörte
Buback-Nachfolger Kurt Rebmann, aber auch drei Jahrzehnte später Monika
Harms, die erste und bisher einzige Generalbundesanwältin. [1][2007 wurde
die „eiserne Lady“ Harms binnen eines Jahres gleich sechsmal vom
Bundesgerichtshof (BGH) für ihre juristisch gewagten Antiterrorermittlungen
gerügt.]
## Auch der Generalbundesanwalt erkannte den NSU nicht
Die Generalbundesanwälte Kay Nehm und Peter Frank richteten ihre Behörde
offensiv auch gegen den rechten Terror aus. [2][Als 2000 in Eggesin
(Mecklenburg-Vorpommern) zwei Vietnamesen halbtot geschlagen wurden,
übernahm Nehm die Ermittlungen, um ein Zeichen zu setzen.] Ein Signal
setzte auch Peter Frank, als er die Ermittlungen gegen den rechtsextremen
Messer-Angreifer an sich zog, [3][der 2015 versuchte hatte, die damalige
Kölner OB-Kandidatin Henriette Reker zu töten.] Bei Morden und
Mordversuchen ist grundsätzlich die Staatsanwaltschaft vor Ort zuständig,
eine Übernahme durch die Bundesanwaltschaft muss mit Staatsschutzaspekten
begründet werden.
Als im Jahr 2011 die NSU-Mordserie bekannt wurde, stand auch die
Bundesanwaltschaft in der Kritik. Wie fast alle Sicherheitsbehörden hatte
sie den rechtsextremistischen Hintergrund der Morde nicht erkannt. Doch der
damalige Generalbundesanwalt Harald Range nutzte das Desaster geschickt und
handelte für die Bundesanwaltschaft mehr Kompetenzen aus.
Weniger geschickt agierte Range, als er 2015 Ermittlungen wegen
Landesverrats gegen das Web-Medium netzpolitik.org aufnahm, weil dieses
über Verfassungsschutz-Interna berichtet hatte. [4][Am Ende wurde Range vom
damaligen Justizminister Heiko Maas (SPD) wegen Vertrauensverlust
entlassen.] Eine zentrale Rolle hatte damals übrigens die heutige
Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) inne. Sie war 2015 Staatsekretärin
und verhandelte mit Range über den Stopp eines Gutachtens, das das
Ministerium für überflüssig hielt.
Offiziell trägt die Bundesanwaltschaft den Namen „Der Generalbundesanwalt“.
Auch deshalb stehen die jeweiligen Amtsinhaber im Fokus der Öffentlichkeit.
Der aktuelle Generalbundesanwalt Jens Rommel ist FDP-Mitglied und wurde
2024 vom seinerzeitigen Justizminister Marco Buschmann (FDP) ernannt.
[5][Rommel war zuvor BGH-Richter und Leiter der Zentralstelle zur
Verfolgung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg.] Das Amt wurde frei, weil
Rommels Vorgänger Peter Frank auf Vorschlag der CDU/CSU zum
Verfassungsrichter gewählt wurde.
Die Bundesanwaltschaft ist vor allem für ihre Ermittlungen gegen
Terroristen, Spione und Kriegsverbrecher bekannt. Eine andere wichtige
Aufgabe ist aber die Beteiligung an strafrechtlichen Revisionsverfahren am
Bundesgerichtshof. Dabei muss die Bundesanwaltschaft nicht die Auffassung
der örtlichen Staatsanwaltschaft vertreten. [6][So plädierte ein
Bundesanwalt 2006 im Verfahren gegen den wegen Wettbetrugs verurteilten
Schiedsrichter Robert Hoyzer vehement auf Freispruch und warnte vor
populistischer Rechtsprechung], der BGH folgte ihm.
Neben der Bundesanwaltschaft feierte am Mittwoch auch der Bundesgerichtshof
75. Geburtstag. Auf dessen Gelände standen jahrzehntelang auch die Büros
der Bundesanwaltschaft. 1997 erhielt die Behörde in Karlsruhe ein neues,
viel größeres Gebäude im Stile eines mediterranen Hotels – verborgen hinter
einer vier Meter breiten und fünf Meter hohen Festungsmauer.
1 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Christian Rath
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