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       # taz.de -- „Dunkle Ökologie“: Wilde Ecken schaffen
       
       > In einem wütenden Essay schreibt Paul Kingsnorth gegen
       > Wissenschaftler:innen und andere, die die Klimakatastrophe nicht
       > ernst genug nehmen.
       
   IMG Bild: Eine einfache, quasi präfossile Technologie, dem modernem Gerät vorzuziehen: die Sense
       
       Wer jemals versucht hat, mit einer (vielleicht nicht ganz scharf
       geschliffenen) Sense eine Wiese zu mähen und sich am Abend fragte, ob
       Blasen am Daumen schlimmer sind als Rückenschmerzen (oder umgekehrt), wird
       über das Buch „Dunkle Ökologie“ von Paul Kingsnorth staunen. Der Berliner
       Verlag Matthes & Seitz hat den schon 2013 i[1][m Rahmen des Dark Mountain
       Project] erschienen Text nun auf Deutsch herausgegeben. Mit seiner
       Reminiszenz an den zivilisationskritischen Hintergrund des „Unabombers“ Ted
       Kaczynski hat er damit auch gleich entsprechend Aufmerksamkeit erregt.
       
       Dabei endet der zwischen Wut und Resignation pendelnde Text des in Irland
       lebenden Briten, der die Hoffnung auf eine politische Lösung der
       Umweltkrise längst aufgegeben hat, angelsächsisch pragmatisch: Man möge
       sich in die Natur zurückziehen, im Garten wilde Ecken schaffen, mit den
       Händen arbeiten – am besten mit einer Sense, die er mehrere Seiten lang als
       Beispiel für eine einfache, quasi präfossile Technologie preist, die
       modernem Gerät vorzuziehen sei. Ab und zu solle man einen Baum oder Gras
       berühren, um zu bewundern, „was zur Hölle dieses Ding namens Leben
       eigentlich ist“.
       
       Kingsnorth schreibt an gegen eine Strömung von Wissenschaftlern, die er als
       „Neoumweltschützer“ bezeichnet und denen er ein ausbeuterisches Verhältnis
       zur Natur unterstellt. Sie seien vollkommen unkritisch gegenüber neuen
       Technologien, liebten den Markt und würden den Erfolg von Umweltschutz vor
       allem daran messen, wie relevant er für die Menschheit sei. Damit wird
       Kingsnorth einer Autorin wie Emma Marris nicht gerecht, die gerade nicht
       alle Natur dem Menschen unterordnen, sondern auch in menschlich geprägten
       Räumen Platz für andere Spezies lassen will. Im Zeitalter des Anthropozän
       ja keine ganz blöde Idee – die Reservate für Wildnis nicht ausschließt.
       
       Trotz seines unpräzisen Rundumschlags hat Kingsnorth in seiner „Dunklen
       Ökologie“ schon vor 12 Jahren die zentrale Frage aller Umweltbewegten
       (also: aller Realisten) gestellt, die angesichts des US-Präsidenten Trump
       und des Rechtsrucks in Europa heute noch einmal eine ganz neue Dramatik
       erhalten hat: „Was zur Hölle sollen wir jetzt machen?“ Vielleicht bei
       Kingsnorth selbst lernen, wie man richtig eine Wiese umsenst. Angeblich
       gibt er Kurse.
       
       19 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://dark-mountain.net/
       
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