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       # taz.de -- Analyse von Regierungsberatern: Bürokratie? Tendenz ohnehin abnehmend
       
       > Die Kosten für Verwaltungsaufwand, die Privathaushalte und Firmen tragen,
       > sinken leicht. Das zeigt aktuelle Zahlen.
       
   IMG Bild: Bürokratieabbau: Es gibt viel zu tun
       
       Berlin taz | Diese Nachricht steht im Gegensatz zur aufgeregten Debatte:
       Die Bürokratie geht etwas zurück. Seit Mitte 2023 sinkt der sogenannte
       Erfüllungsaufwand – die Kosten, die unter anderem Privathaushalten und
       Unternehmen durch Gesetze und Vorschriften entstehen. Die zusätzliche
       Belastung verminderte sich von etwa 18 Milliarden Euro jährlich auf jetzt
       etwa 13 Milliarden Euro. Das teilte der für die Berechnung zuständige
       Normenkontrollrat am Donnerstag mit.
       
       Bürokratie ist ein beliebtes Thema in jedem Wahlkampf. Wenn die Wirtschaft
       insgesamt lahmt, wie momentan, stöhnen die Firmen über neue Gesetze, die
       ihre Kosten erhöhen könnten. Privatleute tauschen sich gerne darüber aus,
       wie kompliziert es ist, den neuen Personalausweis zu erhalten oder das Auto
       umzumelden. Gerade erst hat die Bundesregierung bei ihrer Klausur eine
       lange Liste mit geplanten Vereinfachungen veröffentlicht. Selbst ein neues
       Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung gibt es nun, das
       allerdings – Ironie der Geschichte – den bürokratischen Aufwand erstmal
       erhöht.
       
       Trotz des Kostenrückgangs sagte [1][Karsten Wildberger] (CDU), der neue
       Minister, bei seinem ersten Besuch am Donnerstag in der Bundeskonferenz:
       „Wir haben noch extrem viel zu tun.“ Doch Ergebnisse seiner Arbeit kann er
       noch nicht präsentieren. Für November kündigte er eine Kabinettsitzung an,
       bei der es um Entlastungen von Bürokratie gehen soll.
       
       Der Erfüllungsaufwand ist in den vergangenen Jahren gesunken, weil die
       Ampel und die schwarz-rote Regierung einige Vorschriften vereinfachten. Ein
       Stichwort ist der sogenannte Bauturbo, der es künftig erleichtern und
       beschleunigen soll, Wohnhäuser zu errichten. Das haben die Fachleute
       bereits eingerechnet.
       
       ## Widersprüche bei den Zahlen
       
       Die Entlastungswirkung ist allerdings eine relative Größe. Die Berechnung
       existiert erst seit 2011 – dieses Jahr dient als Basis. Wenn
       Privathaushalten, Firmen und Verwaltungen jetzt nur noch 13 Milliarden Euro
       Bürokratiekosten pro Jahr entstehen, ist das der zusätzliche Aufwand im
       Vergleich zu 2011. Insgesamt jedoch kalkuliert der Normenkontrollrat die
       durch Verwaltung verursachten Aufwendungen auf 64 Milliarden Euro pro Jahr.
       Das macht etwa 1,5 Prozent im Vergleich zur deutschen Wirtschaftsleistung
       aus.
       
       Wobei bei der Darstellung derartiger Kosten gewisse Widersprüche auftreten.
       Denn Daten des Statistischen Bundesamtes zufolge ist die
       Bürokratiebelastung der Unternehmen seit 2012 um gut fünf Prozent gesunken.
       Dabei wurde allerdings die Inflation herausgerechnet. Der Erfüllungsaufwand
       des Normenkontrollrats wird dagegen nicht inflationsbereinigt dargestellt –
       möglicherweise sind die angegebenen Milliardenwerte deshalb eigentlich zu
       hoch angesetzt.
       
       Damit der Aufwand weiter sinkt, fordert der Rat unter anderem „Digital-,
       Praxis- und Bürgerchecks“ für jedes neue Gesetz. Wenn es erarbeitet werde,
       sollen Verwaltung und Politiker konsequent daran denken, wie der Vollzug
       automatisiert werden könne. Außerdem gelte es, Bürgerinnen, Bürger und
       Firmen in die Erarbeitung miteinzubeziehen, um aus der Praxis zu erfahren,
       welche Folgen die neuen Regelungen hätten und welche Hürden bei der
       Umsetzung entstünden.
       
       Solche Ideen wurden auch diskutiert, [2][als das Bundeskabinett bei seiner
       Tagung in der Berliner Villa Borsig diese Woche die Modernisierungsagenda
       beschloss]. Zu den konkreten Punkten gehörte dabei, dass die Autozulassung
       künftig nicht mehr in den Städten und Landkreisen, sondern nur noch zentral
       und digital beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg stattfinden soll. Die
       Führerscheine sollen ebenfalls digital und schnell erhältlich sein.
       Außerdem will die Regierung ermöglichen, dass Unternehmen innerhalb eines
       Tages gegründet werden können.
       
       Wobei auch Minister Wildberger daraufhinwies, dass Bürokratie nicht nur
       schlecht sei. „Es gibt Regulierung, die extrem wichtig ist.“ Als Beispiel
       nannte er die Cybersicherheit, den Schutz von Computern gegen Hacker.
       
       2 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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