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       # taz.de -- Oppositionelle in der Türkei: Fatih Altayli muss im Gefängnis bleiben
       
       > Der bekannte Journalist soll zu Gewalt gegen Präsident Recep Tayyip
       > Erdogan aufgerufen haben. Die Staatsanwaltschaft fordert fünf Jahre Haft.
       
   IMG Bild: Der leere Stuhl im Studio soll auf die Abwesenhait von Fatih Altayli hinweisen, er muss weiterhin im Gefängnis bleiben
       
       Istanbul taz | Einer der bekanntesten türkischen Journalisten, Fatih
       Altayli, bleibt in Haft. Bei seinem Gerichtstermin am Freitag, lehnte das
       Gericht den Antrag seiner Anwälte ab, Altayli für die Dauer der
       Gerichtsverhandlungen auf freien Fuß zu setzen. Der bekannte
       Fernsehjournalist Altayli war am 21. Juni dieses Jahres verhaftet worden.
       Angeblich soll er zu Gewalt gegen Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan
       aufgerufen haben.
       
       Altayli ist ein scharfer Debattierer, der jahrelang das Gesicht des
       Fernsehsenders Haber-Türk war. Der Sender musste ihn 2023 auf Druck der
       Regierung entlassen. Anschließend betrieb Altayli einen hunderttausendfach
       gesehenen You-Tube Kanal, auf dem er das aktuelle Tagesgeschehen
       kommentierte.
       
       In dem Video am 20. Juni ging es um Meldungen, dass Erdogan die Verfassung
       ändern lassen wolle, um lebenslang Präsident bleiben zu können. Altayli
       erinnerte in seinem Video daran, dass es schon zu Zeiten osmanischer
       Sultane Volksaufstände gegen zu selbstherrliche Herrscher gegeben habe.
       
       Die Generalstaatsanwaltschaft wertete das als Aufruf zur Gewalt gegen
       Erdogan, der Präsident selbst trat in dem Verfahren als Kläger auf.
       Bekannte von Altayli betrieben den You-Tube Kanal auch während seiner Haft
       weiter. Verschiedene Journalisten wechselten sich in seiner Vertretung ab,
       im Video wurde ein leerer Stuhl gezeigt.
       
       ## Böswillig verdreht
       
       Der erste Prozesstag am Freitag gegen Altayli fand im Gerichtssaal des
       Hochsicherheitsgefängnisses von Silivre statt. Altayli sagte, seine
       Äußerungen seien böswillig verdreht worden und legte dem Gericht das
       gesamte Video vor. Doch die Richter wischten seine Aussagen und die
       Argumente seiner Anwälte vom Tisch und lehnten eine Entlassung aus der
       U-Haft ab. Die Staatsanwaltschaft fordert mindestens fünf Jahre Haft gegen
       den Journalisten.
       
       Seit Anfang dieses Jahres geht Erdogan ganz massiv gegen Kritiker vor.
       Bevor die Repression im März [1][den Istanbuler Oberbürgermeister Ekrem
       Imamoglu] erreichte, [2][war im Januar eine bekannte Filmproduzentin, Ayse
       Barim, verhaftet worden]. Barim ist eine der erfolgreichsten türkischen
       FilmproduzentInnen – auch von Filmen die im religiösen Spektrum der
       Gesellschaft als anstößig bezeichnet werden.
       
       Im Januar wurde sie unter dem absurden Vorwurf festgenommen, sie hätte 12
       Jahre zuvor, während der Demonstrationen auf dem Istanbuler Gezi–Park,
       bekannte Schauspieler dazu genötigt, an den Protesten teilzunehmen. Ayse
       Barim, die wie Altayli, Imamoglu, Osman Kavala und viele andere politische
       Gefangene, im Hochsicherheitsgefängnis in Silivre einsitzt, ist dort schwer
       erkrankt.
       
       ## Im Krankenhaus festgenommen
       
       Bei ihrer Gerichtsverhandlung am 1. Oktober sagten darüber hinaus etliche
       als Zeugen geladene SchauspielerInnen aus, sie seien damals ganz ohne Zutun
       von Barim zu den Demonstrationen gegangen, oder aber wären nie dabei
       gewesen. Das Gericht entließ sie daraufhin nach knapp zehn Monaten im
       Gefängnis aus der U-Haft.
       
       Ayse Barim wurde ins Krankenhaus gebracht. Nur einen Tag später, am
       Donnerstagabend erließ ein anderes Gericht einen erneuten Haftbefehl gegen
       sie. Barim wurde im Krankenhaus festgenommen und erneut nach Silivri
       gebracht. Viele FreundInnen von Barim sind nun sehr besorgt, ob sie eine
       erneute Inhaftierung gesundheitlich überstehen wird.
       
       3 Oct 2025
       
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