# taz.de -- 1.322 Tage Krieg in der Ukraine: Ausreiseverbot für Wehrpflichtige – nicht in jedem Fall
> Viele nehmen an, Männer im wehrfähigen Alter dürften die Ukraine generell
> nicht verlassen. Doch es gibt Ausnahmen, unser Autor fällt unter eine
> davon.
IMG Bild: Zerschossener Zug aus Irpin, Ukraine: es gibt ein Ausreiseverbot für Männer, aber es gibt auch viele Ausnahmen davon
Sehr häufig fragen mich deutsche Bekannte: „Wie schaffst du es eigentlich,
zwischen Berlin und der Ukraine zu pendeln? Gibt es denn kein
Ausreiseverbot für Männer in deinem Alter?“
Doch, dieses Verbot gibt es, [1][aber auch viele Ausnahmen davon] – zum
Beispiel für Männer mit schweren Behinderungen, für Väter mit mehreren
Kindern oder für bestimmte Gruppen von Studierenden. Wichtig ist dabei
immer, dass man offiziell registriert ist und die App „Reserv+“ nutzt. Dort
steht, welchen Status man hat und wie lange die Zurückstellung von der
Mobilisierung noch gültig ist.
In Deutschland tauchen oft Videos auf, die angeblich zeigen, wie
Militärangehörige Männer auf der Straße anhalten, mitnehmen und sofort zur
Mobilisierungsstelle bringen. Viele dieser Aufnahmen sind jedoch nicht
bestätigt oder sie sind sogar manipulativ. Trotzdem hat sich das
Territoriale Zentrum für Personalbeschaffung und soziale Unterstützung (TZK
und SP) schnell einen schlechten Ruf eingehandelt – und dieser verbreitet
sich längst auch über die Grenzen der Ukraine hinaus.
Meine eigenen Erfahrungen sind jedoch weit weniger dramatisch. Ja, ich muss
regelmäßig zu dem TZK und SP Kontakt aufnehmen, um mich sowohl in der
Ukraine selbst als auch bei Ausreisen frei bewegen zu können. Und ja, die
Aufgaben dort sind enorm, das Personal ist häufig überlastet – aber der
Ablauf an sich bleibt sachlich und nachvollziehbar.
Natürlich ist alles ziemlich bürokratisch, aber dennoch machbar. In der
Ukraine wird der [2][Kriegszustand] alle drei Monate per Gesetz verlängert.
Sobald der neue Erlass veröffentlicht ist, müssen alle Männer, die ihre
Zurückstellung verlängern möchten, ihre Unterlagen erneut einreichen – und
diese Liste ist nicht gerade kurz.
Mein eigener Fall ist noch relativ unkompliziert: Ich bin in erster Ehe
verheiratet und habe mit meiner Frau vier Kinder, die alle noch
minderjährig sind. Bei anderen familiären Situationen ist es weitaus
schwieriger – etwa mit adoptierten Kindern, Stiefkindern oder bei
Halbgeschwistern. Ein leiblicher Vater, der nicht mit seinen Kindern
zusammenlebt und keinen Unterhalt zahlt, darf sie zum Beispiel nicht für
seine Zurückstellung angeben. Ein Stiefvater hingegen, der drei oder mehr
minderjährige Stiefkinder versorgt, hat ein Recht darauf.
Alle drei Monate muss ich also dieselben Kopien einreichen: meinen
Wehrpass, die Heiratsurkunde, den Ausweis für kinderreiche Familien und die
Geburtsurkunden meiner vier Kinder. Dann tagt innerhalb einer Woche eine
Kommission, die prüft, ob bei allen Antragstellern die Dokumente
vollständig und korrekt sind. Etwa eine weitere Woche später erscheinen die
Ergebnisse dann in der App.
Seit Mai können kinderreiche Väter ihre Anträge auch online stellen. Wer
jedoch Kinder hat, die im Ausland geboren wurden, muss trotzdem oft
persönlich erscheinen oder Kopien per Post schicken. Das ist in meinem Fall
so und liegt daran, dass ausländische Geburtsurkunden für die ukrainischen
Register zunächst einmal „unsichtbar“ sind und nicht automatisch erfasst
werden. Das macht die Sache etwas komplizierter – aber im Vergleich zu den
großen Problemen im Land ist das eher eine Kleinigkeit.
Das gesamte System steht [3][unter einem enormem Druck], doch es
funktioniert – nicht reibungslos, aber immerhin. Es versucht, sich den
Umständen anzupassen und den Belastungen standzuhalten.
7 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Grygorij Palij
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