# taz.de -- „nd“ in der Krise: Bleib wach – sonst stirbst du!
> Das linke „nd“ braucht mehr Leser*innen und mehr Geld. Warum sich das
> für alle lohnt – ein Plädoyer aus dem Maschinenraum der Zeitung.
IMG Bild: Auch Tommy liest das „nd“. Sei ein guter Genosse! Und tue es ihm gleich!
Es ist wieder ein medialer Notfall zu vermelden. Die Tageszeitung nd liegt
am Boden. Um weiterzuleben, [1][braucht sie mindestens 150.000 Euro]. Neue
Abos sind gut, aber Spenden wirken schneller. Eine direkte Geldinfusion für
die Liquidität. Denn die Zeitung will im nächsten April ihren 80.
Geburtstag feiern.
Früher hieß sie neues deutschland. Noch immer versteht sie sich als
„sozialistische Tageszeitung“. Für einen Sozialismus, der nicht scheiße
ist. Gegen die Marktlogik schöne Dinge tun. Morgens schwimmen, wenn die
Sonne scheint, oder im Bett bleiben und ein altes Lied von Elvis hören.
Schreiben für Demokratie, Toleranz und Teilhabe in krasser Zeit, wenn der
anwachsende Autoritarismus das alles abschaffen will.
Ein Problem ist das Image der Zeitung. Lange galt sie als sanfte
Einschlafhilfe aus der Ex-DDR. Doch vor knapp zehn Jahren wurde sie
umgekrempelt: weniger ängstlich, weniger ostig und weniger vorhersehbar.
Leider wissen das zu wenig Leute. Und jetzt ist kein Geld mehr da für die
Werbung, verdammt!
Das nd ist viel moderner als sein Ruf, ich schwöre: Die taz ist nicht die
erste überregionale Zeitung, die nun werktags digital wird. Das nd hat
damit schon im Mai 2023 angefangen. Montag und Samstag erscheint es nicht
mehr auf Papier, sondern in der nd-App. Die wurde ehrenamtlich mit Open
Source entwickelt, z[2][usammen mit der WOZ aus Zürich.] Digital ist halt
billiger, wenn das Papier teurer wird, die Energiepreise ebenso und ganz
besonders Vertrieb und Zustellung. Deshalb gibt es das nd nur noch im Abo
und [3][nicht mehr am Kiosk,] außer am Freitag, wenn die dicke Ausgabe
[4][nd.DieWoche] erscheint. Da steht am meisten drin, und es sieht auch am
besten aus.
## Linke Kooperation
Seit 2022 wird das nd v[5][on einer Genossenschaft] herausgegeben – als
dritte überregionale Tageszeitung in Deutschland, nach taz und Junge Welt.
Politisch liegt sie ungefähr dazwischen: nicht so streng linksradikal wie
die JW und nicht so locker linksliberal wie die taz. Beim nd nennen sie das
„linkspluralistisch“.
Tatsächlich ist man in der nd-Redaktion untereinander auch sehr zugewandt,
Machtspielchen und hierarchisches Gehabe gibt es unter den 65 Beschäftigten
eigentlich nicht. Hier kooperieren sogar ehemalige Anti-Imps und
Antideutsche aus Ost und West, gibt es das sonst noch irgendwo? Und die
Geschäftsführung schmeißt keine Leute raus, denn sie will mit ihnen
zusammen die Zeitung retten und verbessern. Und natürlich mit ihren
Leser*innen.
Doch die wurden viel zu lange immer weniger. Ein Drama: Beim allgemeinen
Aboschwund von Tageszeitungen war das nd in der Pole Position. Seit 2000
büßte es 75 Prozent der Auflage ein. Die alten Leser*innen starben
schneller, als dass neue hinzukamen. Zudem gelang es der Zeitung aus dem
Osten nicht, den Westen zu erreichen. Wollte sie auch nicht wirklich. Das
ist jetzt, da es fast zu spät ist, zum Glück anders geworden. „Linkssein
ist kompliziert“, der aktuelle Werbespruch der Zeitung, gilt bundesweit.
Ein anderer lautet: „wir haben schon mal einen Staat ruiniert“. Ein Scherz,
denn das nd hat den Untergang der DDR überlebt, obwohl es einst das
Zentralorgan der SED war: die wichtigste und die langweiligste Zeitung des
Landes. Als Staatsanzeiger ein Medium der Zermürbung, Tiktok in ideologisch
würde man heute sagen. Gut, dass es das nicht mehr gibt. Danach hat das nd
die Treuhand überlebt, weil seine Leser*innen 1991 in zwei Monaten eine
Million DM sammelten, sonst wäre schon damals Schluss gewesen.
Und dann wollte die Deutsche Bahn das nd-Haus haben, denn ihr gehörte auf
einmal das Grundstück am Ostbahnhof, auf dem das sechsstöckige Gebäude
errichtet worden war. Wurde in jahrelangem Kleinkampf abgeschmettert.
Jetzt gehört das Haus der Grundstücksgesellschaft Franz-Mehring-Platz1 und
das nd wohnt dort zur Miete auf einer halben Etage. Dafür gehört es sich
endlich selbst. Die Linkspartei wollte die Zeitung 2021 nicht mehr haben,
denn sie wollte ihre Defizite nicht mehr ausgleichen. Das mussten dann
wieder die Leser*innen tun. 2023 spendeten sie der Zeitung 300 000 Euro
in wieder nur zwei Monaten, 2024 waren es 160 000 und jetzt sollen sie
schon wieder ran.
„nd bleibt“ lautet die Parole. Der Kostendruck ist so hoch, dass die
Zeitung mit dem Sparen kaum mehr hinterherkommt. Es ist wie in einem
Actionfilm. Das nd liegt schwer getroffen am Boden, lebensgefährlich
verletzt. Die Umstehenden rufen: „Bleib wach! Nicht einschlafen! Sonst
stirbst du!“ Wird es überleben?
16 Oct 2025
## LINKS
DIR [1] http://dasnd.de/bleibt
DIR [2] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1181948.homestory-app-nd-digital-neues-aus-der-postkapitalistischen-zukunft.html
DIR [3] /Zeitungskrise-bei-Tageszeitung-nd/!5942815
DIR [4] https://www.nd-aktuell.de/die-woche/
DIR [5] /Genossenschaft-als-Medienmodell/!6072836
## AUTOREN
DIR Christof Meueler
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