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       # taz.de -- Ich-AG als Alleinunterhalter: Da steppt der Fuchs
       
       > Nach einer beruflichen Krise erfindet sich ein Musiker neu und wird zum
       > Alleinunterhalter Lasca Fox. Er ist mit dem E-Bike unterwegs – bis
       > Finnland.
       
   IMG Bild: Multiinstrumentalist Lasca Fox bei seinem Auftritt im Britzer Garten in Berlin-Schöneberg
       
       taz | Nebel steigt auf, Discobeats erklingen, bunte Lichter blinken: Ein
       Typ in fuchsrotem Anzug, mit Schnurrbart und weißer Sonnenbrille spielt ein
       Konzert auf einer Minibühne, am helllichten Tag, im Britzer Garten.
       [1][Lasca Fox] heißt die Ein-Mann-Band aus Berlin, die die etwas irritiert
       rüber schauenden Spaziergänger:innen zum morgendlichen Tanz animieren
       will: „Na, sehe ich da eine Hüfte wackeln? Nur zu! Solang es die Hüfte noch
       tut!“ Lasca Fox ist für ein Familienfest in dem beliebten wie weitläufigen
       Landschaftspark im Süden Berlins für den ganzen Tag gebucht.
       
       Tatsächlich scheint es mindestens so sehr der eingängige Sound zu sein wie
       die Neugier, die zum Stehenbleiben zwingt: Lasca Fox ist nicht nur eine
       freakige Erscheinung, seine Minibühne steht auf einem Fahrradhänger. Der
       Musiker hat die 400 Kilogrammlast seines „Lasca Fox Mobils“ eigens mit dem
       Rad hergefahren, 20 Kilometer waren es bis hierhin.
       
       Der nötige Strom für seine Show kommt aus einer Batterie, die mit zwei
       faltbaren Solarpaneelen verbunden ist. „Pro Stück ungefähr 200 Watt“,
       informiert der Musiker das Publikum in einem Erklärsong. Zum Glück sei die
       Batterie heute jedoch voll geladen, räumt er ein. Sonne gibt es wenig an
       diesem Tag.
       
       Sechs Stunden wird Lasca Fox die Parkbesucher:innen unterhalten. Er
       spielt abwechselnd Saxofon oder Keytar – das ist ein Keyboard zum Umhängen
       –, singt in ein Mikrofon und spricht in ein zweites die Ansagen ein.
       Weitere Instrumente hat er programmiert und auf dem Laptop dabei, per
       Knopfdruck bestimmt er, was wie lang zur Livemusik dazu gemischt wird. Als
       studierter Jazzmusiker weiß Lasca Fox zu improvisieren, und dieser Song
       darf jetzt gerne länger gehen, denn vor der Seifenblasenmaschine hat sich
       eine Menge Kinder versammelt. Die Eltern sehen fasziniert dabei zu, wie der
       Musiker fliegend die Rollen wechselt. „Irgendwie geht die Lichtshow nicht“,
       stellt dieser nun fest und klettert vom Podest, um die Kabel zu überprüfen.
       
       ## „Ich bin alles“
       
       Gibt es ein technisches Problem, dann ist Lasca Fox auf sich allein
       gestellt. „Ich bin alles“, sagt er der taz im Interview. „Ich bin
       Logistiker, Techniker und Leiter, mein Booker, Manager und Merch-Verkäufer.
       Und mein Produzent und Songwriter bin ich auch.“
       
       Den Schritt zum fahrradfahrenden Alleinunterhalter als Ich-AG machte der
       Musiker in der Coronazeit, 2020. „Da war ja alles zu, und ich stellte mir
       die Frage, wo ich auftreten kann.“ Und eine Minibühne auf einem
       Fahrradhänger lässt sich einfach und flexibel draußen aufstellen.
       
       Schon länger hatte der Wahlberliner überlegt, wie er seiner musikalischen
       Laufbahn eine neue Richtung geben könnte. „Ich wollte mein eigener Chef
       sein“, sagt er. „Wollte endlich selbst bestimmen, was ich mache.“ Nach
       seinem Studium am Jazzinstitut Berlin war er jahrelang als Saxofonist durch
       das Land getourt. „Mich hat genervt, dass man es nie in der Hand hat,
       sondern immer abhängig ist von dem, was kommt, also von Bands, die einen
       buchen“, so Lasca Fox. Die Auftritte hätten zwar Spaß gemacht, künstlerisch
       weiterentwickelt habe er sich jedoch nicht.
       
       Besonders belastend empfand er die vielen Reisen, sagt Lasca Fox: „Nicht
       nur wegen der vielen Zeit, die dabei draufgeht, sondern auch der ganze
       CO2-Ausstoß. Da fährt man sechs, sieben Stunden hin, spielt eine halbe
       Stunde und fährt dann wieder zurück.“ Nachhaltig sei das nicht gewesen, und
       finanziell gelohnt habe es sich auch nicht: „Da kommt man nicht mal auf den
       Mindestlohn.“ Wobei Geld nicht der ausschlaggebende Grund für den
       beruflichen Neuanfang gewesen sei, so der Musiker: „Das Hauptding war der
       Wunsch nach mehr Selbstwirksamkeit und dass ich meine Talente wirklich
       auslebe.“
       
       ## Business-Konzept samt Corporate-Identity-Strategie
       
       Aber auch auszahlen sollte sich die Kunst endlich. Und dafür brauchte es
       ein Business-Konzept samt ausgeklügelter Corporate-Identity-Strategie.
       Dafür musste zuerst ein Name her. „Ich hab einfach Silben vor mich
       hergesagt, und dann kam da ‚Lasca‘ raus, das fand ich ganz schön. Und dann
       hab ich angefangen aus den Buchstaben ein Layout zu machen … und kam dann
       völlig zufällig zu diesem Bild von dem Fuchs. Da hatte ich es: Lasca Fox.“
       Noch bevor der erste Song fertig war, ließ er sein neues Logo auf
       Merchandise-Artikel drucken sowie auf die Plane für den Fahrradhänger.
       
       Eine Firma erklärte sich zum Bau der mobilen Bühne bereit, den Entwurf
       dafür lieferte der Tausendsassa selbst. Zeitgleich entstanden die ersten
       Songs, geschrieben, komponiert und produziert in einem Keller. Ein
       bestimmtes Genre verfolge er dabei nicht, sagt Lasca Fox, er mache einfach
       Songs, zu denen er selber gerne tanze. „Meine Musik ist aber sicher sehr
       von Funk und Soul der 70er Jahre geprägt“, meint er. „Anscheinend heißt das
       jetzt Nu-Disco. Hat mir jemand gesagt.“
       
       Allmählich reift Lasca Fox zu einer eigenständigen Figur heran, charmant,
       aber auch ein wenig frech, umweltpolitisch engagiert, mit Schalk im Nacken
       und Rhythmus im Blut. Verstellen müsse er sich dafür nicht, meint der
       Musiker: „Lasca Fox ist eine Karikatur von mir, die manche
       Persönlichkeitsanteile verstärkt und andere ausblendet.“
       
       Anfang 2021 ist alles startklar. „Ich habe sehr viel Kaltakquise gemacht
       und auch Presse angeschrieben und gesagt: Hey, krasses Konzept, Leute, die
       Story eures Lebens.“ Auf die PR-Kampagne reagiert kein Medium, auch die taz
       nicht. Aber dem Künstler gelingt es, die ersten Aufträge an Land zu ziehen.
       
       ## 500 Kilometer bis nach Frankfurt am Main
       
       Eine seiner ersten Touren soll ihn auf die Eurobike-Messe nach Frankfurt am
       Main bringen, bis dahin sind es über 500 Kilometer. „Die meisten Leute,
       denen ich das erzählt habe, haben gar nichts gesagt und nur skeptisch
       geguckt“, berichtet Fox. „Ein Verkäufer aus dem Laden, in dem ich mein
       Lastenfahrrad gekauft habe, meinte, das kannst du doch gar nicht ziehen,
       das ist viel zu schwer. Aber ich dachte: Doch, das geht, ich mache das
       jetzt einfach.“ Seinen Auftraggeber überzeugt er, etwas für die Fahrt
       dazuzusteuern, auch das Wetter meint es gut mit ihm. Und siehe da: Es geht
       tatsächlich. Sieben Tage später steht das „Lasca Fox Mobil“ auf dem
       Messegelände, der Fuchs steppt und die Fachbesucher:innen mit ihm.
       
       Gleich darauf geht es weiter, zu einem Zirkus-Festival nach Finnland. Lasca
       Fox transportiert Fahrrad und Hänger in einem Lkw bis zur Fähre, in
       Finnland strampelt er noch 120 Kilometer zum Veranstaltungsort. „Als ich
       angefangen habe, das Konzert zu spielen, waren da nur fünf Leute“, erinnert
       er sich. „Aber dann hat sich das gefüllt, und am Ende war das eine richtig
       geile Party. Ein befreundeter Musiker meinte, das war das beste Konzert,
       das er je gehört hat. Und ein anderer sagte: Yeah, you got it! Und ich hab
       auch selber gespürt, dass ich die Leute unterhalten kann, wenn sie im
       richtigen Mindset sind.“
       
       Finanziell sei die Tour „ein Desaster“ gewesen, denn die Gage sei komplett
       für den Transport draufgegangen, sagt Lasca Fox rückblickend, „aber diese
       Erfahrung trägt mich bis heute.“
       
       Klar habe es immer wieder Momente gegeben, in denen er geflucht habe, etwa
       als er bei saukaltem Wetter auf der Velo Berlin stand: „Es hat mir in den
       Rücken genieselt, und auf dem Tempelhofer Feld war immer so ein scheiß
       Wind“ erzählt er. „Das Schlimmste aber war, dass meine Technik nicht ging,
       und ich nicht wusste, warum. Das hat mich dermaßen fertig gemacht.“
       
       Egal, wie sehr er sich aber auch abstrampele, gezweifelt habe er nie, sagt
       Lasca Fox. Und gegen Motivationskiller hat er ein wirksames Mittel: seine
       Kunst. So hat er seinem inneren Kritiker ein Lied gewidmet („Little Devil“)
       und die kraftzehrende Fahrradtour in den Spreewald in dem Song „Müde“
       verarbeitet.
       
       ## „Ich bin zufrieden“
       
       Musikalisch geht er stetig neue Wege. So singt Fox nun im Duo mit „Kami
       Katze“. Das schräge Miauen stammt von seinem Haustier, er hat es auf die
       Keytar programmiert, ein Plüschdouble der Katze tritt auf. Auch das Angebot
       wurde erweitert, in den Pausen bietet Lasca Fox nun einen Energie-Workshop
       für Kinder an. Dieses Jahr hat sich der Musiker zudem als Veranstalter
       ausprobiert. Das erste Konzert war das Record-Release seines Albums „11.000
       Kilometer“, benannt nach der Strecke, die er als Lasca Fox hinter sich
       gebracht hat. Es versammelt alle Songs der letzten vier Jahre.
       
       „Ich bin zufrieden“, stellt Lasca Fox resümierend fest. Er habe viel dazu
       gelernt. „Am Anfang hatte ich das Gefühl, ich habe jetzt eine Firma und
       bräuchte 20 Mitarbeiter, aber ich bin nur einer mit den Fähigkeiten eines
       Praktikanten“, sagt er. „Nach und nach hab ich aussortiert, und heute weiß
       ich, wo mein Limit ist.“ 100 Kilometer, weiter fahre er nicht. Klar
       passiere es immer noch, dass er sich verkalkuliere, im letzten Jahr habe er
       den schweren Hänger einen Berg hochziehen müssen, weil das E-Bike die
       krasse Steigung nicht schaffte.
       
       Im Großen und Ganzen kenne er sich nun jedoch aus, und zwar nicht nur
       hinsichtlich des Ladestands seiner Batterien, sondern auch was seinen
       eigenen Energiehaushalt betreffe. Mitunter hieße das, Abstriche zu machen,
       sagt der Künstler: „Solange ich den Ton selber mische, wird das nie meinen
       Ansprüchen entsprechen.
       
       „Und auch Kunden und Presse laufe er nicht mehr hinterher, so Lasca Fox:
       „Ich verschwende keine Energie mehr darauf, den Leuten zu sagen, dass sie
       mich brauchen. Es läuft auf niedrigem Niveau. Aber es läuft und reicht, um
       weiterzumachen.“
       
       21 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://lascafox.com/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Karlotta Ehrenberg
       
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