# taz.de -- EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen: Neues Misstrauensvotum im Europaparlament
> Linke und Rechtsradikale im Europaparlament wollen Kommissionspräsidentin
> von der Leyen abwählen. Am Donnerstag kommt es gleich zu zwei
> Vertrauensabstimmungen.
IMG Bild: Für ihren Sturz wäre eine Zweidrittelmehrheit im EU-Parlament nötig: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
Brüssel taz | EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen muss schon
wieder um ihren Job kämpfen. Nur drei Monate nach einem [1][ersten,
gescheiterten Misstrauensvotum im Europaparlament] stehen der
CDU-Politikerin am Donnerstag zwei weitere Vertrauensabstimmungen bevor.
Diesmal wird sie von Linken und Rechtsradikalen gleichzeitig
herausgefordert. Von der Leyen wehrt sich mit einem verbalen Rundumschlag.
Ihre Gegner im Parlament würden den Interessen des russischen Präsidenten
Wladimir Putin dienen, behauptete von der Leyen bei einer Aussprache in
Straßburg am Montagabend. „Die Wahrheit ist: Unsere Gegner sind nicht nur
bereit, jede Spaltung auszunutzen – sie schüren diese Spaltungen aktiv.“
Beweise für eine Einmischung Putins in die Parlamentsarbeit blieb die
deutsche Politikerin aber schuldig.
Der Nachweis dürfte schwerfallen, denn beide Misstrauensanträge werden vor
allem mit von der Leyens eigener Arbeit begründet. Die Linksfraktion im
EU-Parlament hält der Kommissionschefin vor, Europa dem US-Präsidenten
Donald Trump zu unterwerfen. Neben dem Handelsdeal verweisen die linken
Fraktionschefs Manon Aubry und Martin Schirdewan auch auf die
Israelpolitik.
„Sie haben die EU in die außenpolitische Bedeutungslosigkeit gestürzt“,
erklärte Schirdewan. In den laufenden [2][Verhandlungen um Frieden in Gaza]
spiele Europa keine Rolle. Den Sozialdemokraten und Grünen, die von der
Leyen weiter stützen, warf Schirdewan „politische Insolvenzverschleppung“
vor. Statt einen Politikwechsel herbeizuführen, förderten sie den
Politikverdruss.
## Die Mitte steht nicht mehr so richtig
Die Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion S&D, Iratxe García,
sagte, die Misstrauensanträge seien zum Scheitern verurteilt. Man sei sich
mit der Linken zwar einig, dass Israel in Gaza einen [3][„Völkermord“]
begehe. Nun sei aber konkrete Hilfe gefragt, so die spanische Sozialistin.
Die Fraktionschefin der Grünen, Terry Reintke, warnte davor, eine EU-Krise
herbeizuführen.
Allerdings äußerten sich sowohl die Grünen als auch Liberale und
Sozialdemokraten unzufrieden mit von der Leyens Arbeit. Rückendeckung bekam
sie nur von den Konservativen. Deren deutscher Chef Manfred Weber (CSU)
sagte, die Misstrauensanträge würden für Propagandazwecke missbraucht. Die
französischen Nationalisten versuchten, ihren Wahlkampf von Paris nach
Straßburg zu tragen.
Nach der Aussprache im Parlament bleibt der Eindruck, dass die
proeuropäische „Mitte“ nicht mehr vorbehaltlos zu von der Leyen hält. Dass
„die Mitte steht“, wie es nach der Europawahl 2024 in Brüssel hieß, würde
heute wohl niemand mehr behaupten. Selbst die Konservativen äußern immer
öfter Kritik am Kurs der EU-Kommission – wie zuletzt beim Verbrennerverbot
oder beim Bürokratieabbau.
Bei der Vertrauensabstimmung am Donnerstag dürften sich die Parteien der
informellen großen Koalition dennoch zähneknirschend hinter von der Leyen
stellen. Für ihren Sturz wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig. Bei
mangelnder Wahlbeteiligung ist die Hürde sogar noch höher: Dann ist
zusätzlich die absolute Mehrheit der Mandate nötig – mindestens 360
Stimmen. Das ist kaum zu schaffen.
Wenn die Misstrauensanträge scheitern, kann die Kommissionspräsidentin
weitermachen – ihre Amtszeit läuft noch bis 2029. Doch aus dem Schneider
ist sie dann noch lange nicht. In [4][Frankreich] steht ihr vielleicht
wichtigster Unterstützer – Staatspräsident Emmanuel Macron – politisch mit
dem Rücken zur Wand. Und in Deutschland ist Kanzler Friedrich Merz deutlich
auf Distanz gegangen.
„Es ist einfach zu viel. Und darüber werden wir sprechen“, sagte der
CDU-Chef beim letzten EU-Gipfel in Kopenhagen. Bei der europäischen
Regulierungsdichte müsse „grundlegend korrigiert“ werden. Wen er damit
meinte, war allen klar: seine Parteifreundin von der Leyen. Nach der
Vertrauensabstimmung in Straßburg muss sie wohl bald zum Rapport nach
Berlin – es könnte unangenehm werden.
7 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Eric Bonse
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