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       # taz.de -- Ausgebeutete Migranten aus Vietnam: Agenturen besser kontrollieren
       
       > Über Ausbildungsagenturen kommen vietnamesische Frauen nach Berlin.
       > Einige von ihnen landen in der Prostitution. Der Senat will dagegen nun
       > etwas tun.
       
   IMG Bild: Ein Berliner Unternehmen wirbt Auszubildende aus Vietnam an, einige landen offenbar in der Prostitution (Symboldbild)
       
       Berlin taz | Schwarz-Rot will das Problem der „verschwindenden“
       vietnamesischen Auszubildenden angehen. Senatsverwaltungen und Bezirke, die
       jeweils einen Teil des Fachwissens haben, sollen sich miteinander
       vernetzen, zudem soll der Bund tätig werden. Die Fraktionen arbeiteten dazu
       an einem Antrag für den Senat, sagt die CDU-Integrationsexpertin Katharina
       Senge der taz.
       
       Viele der aktuell 1.600 Auszubildenden aus Vietnam [1][verschulden sich, um
       in Berlin eine Ausbildung machen zu können]. Dabei wollen sie oft gar nicht
       die Ausbildung, sondern hier schnell viel Geld verdienen, um ihre Familien
       zu Hause zu unterstützen. Sie scheitern und rutschen in die Illegalität ab,
       [2][landen im Extremfall sogar in der Prostitution].
       
       Bei einer von Senge initiierten Anhörung im Integrationsausschuss kamen
       etwa Vertreter des Oberstufenzentrums für das Gastgewerbe in Weißensee zu
       Wort, an dem 700 vietnamesische Auszubildende lernen, 90 Prozent von ihnen
       mit nicht ausreichenden deutschen Sprachkenntnissen. Laut einem Bericht des
       RBB sind ein Drittel dieser Auszubildenden verschwunden, wohin, ist nicht
       bekannt.
       
       Senge möchte, dass sich Fachleute aus den vier zuständigen
       Senatsverwaltungen (Integration, Bildung, Inneres und Gesundheit) und
       denjenigen Bezirken mit viel Fachwissen über vietnamesische Migration
       miteinander vernetzen und Handlungsempfehlungen erarbeiten. „Es gibt in
       Berlin ziemlich viel Wissen an unterschiedlichen Orten. Das gehört an einen
       Tisch.“ Der Antragsentwurf enthalte aber auch Forderungen, die nur auf
       Bundesebene gelöst werden können, sagt die CDU-Politikerin weiter. So
       fordert sie eine Nichtzulassung von Vermittlungsagenturen für die
       Auszubildenden, die nicht seriös arbeiten.
       
       ## Berlin muss Beratung und Sprachkurse ausbauen
       
       Auch die Opposition sieht Handlungsbedarf. So fordert die
       ausbildungspolitische Sprecherin der Grünen, Tonka Wojahn, eine staatliche
       Überprüfung von Vermittlungsagenturen und stärkere Befugnisse der
       Bundesagentur für Arbeit. „Auszubildende müssen verlässlich aufgeklärt
       werden. Berlin muss Beratung und Sprachkurse an Berufsschulen weiter
       ausbauen.“
       
       Das Problem: Das Oberstufenzentrum für das Gastgewerbe bietet zwar
       zusätzliche Sprachkurse an. Doch die werden kaum angenommen, weil die
       Auszubildenden ihre Schulden abarbeiten müssen und darum zum Deutschlernen
       keine Zeit haben, wie ein Vertreter im Fachausschuss darlegte. Zudem finden
       viele keine Wohnung auf dem angespannten Mietmarkt.
       
       Wie es besser laufen könnte, zeigt Thüringen: Dort bekommen vietnamesische
       Auszubildende nur ein Visum, wenn der Ausbildungsbetrieb Wohnraum für sie
       gefunden hat. In kleineren Ortschaften gelingen Integration und Erfolg
       vietnamesischer Auszubildender laut der Ethnologin Edda Willamowski von der
       Freien Universität insgesamt auch besser als in Großstädten. Dort sei es
       oft gelebte Kultur, dass Ausbildungsbetriebe auswärtigen Auszubildenden
       Wohnraum besorgen. Das könne aber auch in Hamburg und München gelingen,
       sagt sie, wo es ein Azubi-Werk gibt, das Auszubildenden preiswert Wohnraum
       anbietet.
       
       Anh Pham arbeitet in Deutschland für eine Vermittlungsagentur. Sie nennt
       Ursachen, warum viele Auszubildende ein Zertifikat B1 haben, aber kaum
       Deutsch sprechen. „Die Unterrichtskultur in Vietnam beinhaltet viel
       Auswendiglernen. Man lernt für Prüfungen, kann deklinieren und konjugieren,
       aber nicht sprechen.“ Da die Auszubildenden das Schulgeld selbst zahlen
       müssten, würden sie den Agenturen Druck machen, dass der Deutschkurs so
       kurz wie möglich sei. „Das ist aber für den Spracherwerb nicht sinnvoll.
       Doch eine Agentur, die sich diesem Druck nicht beugt, findet weniger
       Schüler.“
       
       9 Oct 2025
       
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