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       # taz.de -- Meta vor Gericht: Sammelklagen gegen Datensammeln
       
       > Zwei Verfahren machen es Nutzer:innen von Facebook und Instagram
       > leichter, gegen deren Datenhunger vorzugehen. Betroffene können auf Geld
       > hoffen.
       
   IMG Bild: Meta weiß viel über seine Nutzer:innen
       
       Einen linken Fußballverein gelikt? Nach der Pille danach gesucht oder nach
       einer Reha-Klinik mit Schwerpunkt Suchterkrankungen? Sex-Toys gekauft? Das
       sind nur wenige Beispiele für Daten, die der US-Konzern Meta, in dessen
       Besitz sich unter anderem Facebook und Instagram befinden, über
       Nutzer:innen haben kann. Gesammelt auf eigenen Webseiten – und auf
       Seiten, die kleine Programme von Meta einbinden.
       
       Dagegen regt sich nun Widerstand: Mit einer [1][Sammelklage] will ein
       österreichischer Verbraucherverband gemeinsam mit einer spezialisierten
       Kanzlei aus Berlin es Betroffenen erleichtern, dagegen vorzugehen.
       
       Rund 33 Millionen Nutzende von Facebook in Deutschland, plus rund 47
       Millionen von Instagram – das macht eine ganze Menge Menschen, für die
       diese Sammelklage gegen den US-Konzern Meta interessant sein könnte.
       Mindestens. Denn diese Zahlen beziehen sich auf die monatlich aktiven
       Nutzer:innen.
       
       Doch auch, wer einfach nur ein Konto hat, aber selten reinschaut, kann sich
       der Klage anschließen. Der österreichische Verbraucherschutzverein (VSV),
       einer der Akteure hinter der Klage, beziffert die Schadensersatzforderungen
       auf 5.000 Euro für volljährige und 10.000 Euro für minderjährige
       Nutzer:innen. Dazu kommen die Forderungen nach Auskunft und Löschung der
       illegal gesammelten Daten sowie Unterlassung.
       
       ## Mehrere tausend Anmeldungen
       
       „Es gibt in Deutschland bereits etliche für Verbraucher positive Urteile“,
       sagt Daniela Holzinger, Obfrau des VSV, über die Aussichten des Verfahrens.
       Bislang seien in Österreich und Deutschland jeweils über 15.000 Anmeldungen
       von Betroffenen eingegangen, die sich der Sammelklage anschließen wollen.
       
       Die Argumentation ist folgende: Viele Webseiten und Apps auch in
       Deutschland binden Werkzeuge von Meta ein. In der Branche sind sie unter
       dem Namen „Meta Business Tools“ bekannt. Der Konzern selbst beschreibt
       diese Werkzeuge so: „Sie unterstützen Website-Betreiber*innen,
       Publisher*innen, App-Entwickler*innen und Business-Partner, darunter auch
       Werbetreibende, bei der Integration ihrer Apps und Websites und beim Teilen
       ihrer Daten mit Meta.“ Damit kann der Konzern gleichzeitig Daten über die
       Nutzer:innen auch über die konzerneigenen Plattformen hinaus sammeln.
       
       Meta erstelle, so der VSV, eine Art digitalen Fingerabdruck, anhand dessen
       er Menschen identifizieren kann, unabhängig davon, auf welchen Seiten sie
       unterwegs sind und ob sie gerade auf einer Meta-Plattform eingeloggt sind
       oder nicht. Selbst, wenn jemand die eigene Mail-Adresse oder Telefonnummer
       ändere, gehe die Identifizierung weiter. Metas Praxis widerspreche der
       [2][Europäischen Datenschutz-Grundverordnung] und sei ein Grund für
       Schadensersatz. Meta selbst weist die Vorwürfe zurück, ein Sprecher
       bezeichnet sie als „unbegründete Behauptungen“.
       
       Hinter der Klage stehen neben dem VSV die Berliner Verbraucherkanzlei „BK
       Baumeister und Kollegen“ sowie ein österreichischer Prozessfinanzierer.
       Verbraucher:innen haben daher keine Kosten und tragen auch kein Risiko,
       falls das Gericht doch Meta recht gibt. Muss Meta zahlen, erhält der
       Prozessfinanzierer einen Anteil von 9,5 Prozent des den Betroffenen jeweils
       zugesprochenen Betrags. Im Verbandsklageregister des Bundesamtes für Justiz
       (BfJ) soll die Klage in Kürze eingetragen sein. Sobald das passiert ist,
       können sich Betroffene dafür registrieren. Oder sie melden sich jetzt schon
       über den VSV an, dann übernimmt der Verband die Anmeldung beim BfJ.
       
       ## Die zweite Sammelklage
       
       Das Verfahren um Metas „Business Tools“ ist nicht die einzige Sammelklage,
       die derzeit gegen den US-Konzern läuft. Eine weitere ist die Konsequenz aus
       einem Datenleck bei Facebook, das vor rund vier Jahren bekannt wurde. In
       den Jahren davor hatten Kriminelle eine Lücke in der Freundefinder-Funktion
       der Plattform ausgenutzt und die Daten von weltweit rund 530 Millionen
       Facebook-Nutzer:innen abgegriffen. Die Telefonnummer war immer dabei, dazu
       kam bei vielen der Name, teilweise auch E-Mail-Adresse, Geburtsdatum,
       Wohnort und Beziehungsstatus. Das Leck wurde bekannt, als die Daten online
       zum Kauf angeboten wurden.
       
       „Die Daten können zum Beispiel für Identitätsdiebstahl genutzt werden, aber
       auch für andere Betrügereien“, sagt Ronny Jahn, Experte für Sammelklagen
       beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Für den Enkeltrick, bei dem
       Kriminelle sich am Telefon als Familienmitglied in Not ausgeben und
       eindringlich um Geld bitten, reicht es bereits, wenn die Telefonnummer in
       falsche Hände gerät. Und auch beim Social Engineering können die Daten
       helfen. Also dabei, dass Kriminelle zum Beispiel über betrügerische Mails
       weitere persönliche Daten abfischen und sich somit Zugang zu persönlichen
       Konten wie E-Mail oder Bank verschaffen.
       
       Der vzbv hat die Sammelklage eingereicht, Betroffene können sich bereits
       jetzt anschließen, indem sie sich für das Verfahren [3][beim BfJ
       registrieren]. Um zu überprüfen, ob man zu den Betroffenen gehört, hat der
       Verband unter [4][verbraucherzentrale.de/verfahren/facebook] einen Check
       eingerichtet.
       
       Die Summe der Schadensersatzforderung richtet sich danach, welche Daten
       jeweils abgegriffen wurden. Ist es der komplette Satz der Datenpunkte von
       Telefonnummer bis Beziehungsstatus, sind es 600 Euro. Verbraucherschützer
       Jahn zufolge haben sich bislang mehr als 19.000 Nutzer:innen für das
       Verfahren registriert. Möglich ist das noch bis drei Wochen nach dem
       letzten mündlichen Verhandlungstermin.
       
       ## Meta weist Vorwürfe zurück
       
       Ein Meta-Sprecher teilt zu den beiden Verfahren mit: „Wir widersprechen
       diesen unbegründeten Behauptungen entschieden und werden uns energisch
       dagegen verteidigen. Wir fordern alle Personen auf, die Fakten sorgfältig
       zu prüfen, bevor sie sich unbegründeten Klagen anschließen.“ Er verweist
       auf „tausende“ ähnliche Einzelklagen, die bereits von deutschen Gerichten
       zurückgewiesen worden seien.
       
       Die Stiftung Warentest geht von rund 1.000 Klagen aus, in denen die
       Betroffenen in der Sache nicht recht bekommen haben. Allerdings weist die
       Stiftung darauf hin, dass sie die Begründungen zu diesen Urteilen für
       dürftig hält.
       
       Möglich gemacht wurden sowohl diese Einzelklagen als auch die Sammelklage
       zum Facebook-Leck erst durch ein [5][Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH)]
       im vergangenen Jahr. Er entschied dabei etwas Wegweisendes: Um
       Schadensersatz zu erhalten, müssen Betroffene nicht unbedingt eine konkrete
       finanzielle Schadenshöhe nachweisen können.
       
       „Als immaterieller Schaden gilt bereits der bloße Kontrollverlust über die
       Daten“, formulierte es der Vorsitzende Richter Stephan Seiters damals. Was
       die Höhe angeht, nannte das Gericht eine Summe von 100 Euro. Entsprechend
       mehr könnte es sein, wenn es um mehr Daten geht und ein konkreter Schaden
       geltend gemacht werden kann. Zum Beispiel, wenn Betroffene nachweisen
       können, dass die Telefonnummer für betrügerische Anrufe genutzt wurde oder
       der Datensatz für Identitätsdiebstahl.
       
       [6][Mittlerweile listet die Stiftung Warentest rund 150 Verfahren] auf, in
       denen Nutzer:innen in der Sache vor Gericht recht bekommen haben –
       rechtskräftig sind die Urteile allerdings noch nicht.
       
       Ein erster Verhandlungstermin für die Facebook-Sammelklage fand derweil
       Mitte Oktober statt – dabei ging es aber im Wesentlichen um Formalia.
       Verbraucherschützer Jahn kündigt jedenfalls an, sollte sie zunächst keinen
       Erfolg haben, vor den Bundesgerichtshof weiterzuziehen.
       
       25 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.meta-klage.de/
   DIR [2] /Datenschutzgrundverordnung/!t5300503
   DIR [3] https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Verbraucherrechte/VerbandsklageregisterMusterfeststellungsklagenregister/Verbandsklagenregister/Verbandsklagen/Klagen/202502/VRUG_2_2025_node.html
   DIR [4] https://www.verbraucherzentrale.de/verfahren/facebook
   DIR [5] /Schadensersatz-wegen-Facebook-Datenleck/!6047117
   DIR [6] https://www.test.de/Facebook-Datenpanne-Schmerzensgeld-nach-Hacker-Erfolg-5933730-0/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
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