# taz.de -- Neue Namen für Fleischersatz: Was im Wurst Case zu tun ist
> Wenn Begriffe wie „Burger“ oder „Schnitzel“ für Fleischersatzprodukte
> verboten werden, wie könnten Tofu und Co. dann heißen? Drei
> Lösungsvorschläge.
IMG Bild: Seitanweise Vleisch-vurst im Angebot. Hierfür haben garantiert Unmengen von Aquafaba gelitten
Überraschungseier sind keine Eier, Scheuermilch ist keine Milch und in
Leberkäse ist weder Käse noch Leber. Alle wissen das, keinen stört’s, und
trotzdem war sich im EU-Parlament vor einigen Wochen eine Mehrheit nicht zu
blöde, für ein Verbot von Begriffen wie „Wurst“ oder „Burger“ für
vegetarische Fleischersatzprodukte [1][zu stimmen]. Weil diese die
Konsument:innen angeblich verwirren könnten.
Das Ganze ist ein verzweifeltes Abwehrmanöver der Fleischlobby. Sollte der
Wurst Case eines Verbots wirklich eintreffen, würde das in Deutschland den
Veggie-Herstellern allenfalls ein wenig Sand ins Getriebe streuen – mehr
nicht. Denn die Zahl der Vegetarier:innen [2][steigt hierzulande
stetig], allem [3][Pro-Wurst-Kulturmampf] von konservativer Seite zum
Trotz. Auch der Umsatz mit vegetarischen und veganen Fleischersatzprodukten
hat sich seit 2019 [4][mehr als verdoppelt]. Und dem Aufstieg der
Hafermilch hat es schließlich auch nicht geschadet, dass sie nur Haferdrink
heißen darf.
Die Profiteure wären die Marketingagenturen der veganen Metzger. Sie
stünden vor einer großen Aufgabe, für die es mehrere Lösungen gibt, in
verschiedenen Eskalationsstufen.
Möglichkeit 1: kreatives Wording. Leicht verfremdete Varianten der
bekannten Begriffe, die (noch) nicht verboten sind. Vokale weglassen (BRGR,
SCHNTZL, CHCKN) oder sie durch andere ersetzen, besonders gut kommen dabei
diakritische Zeichen (Wűrst, Børger, Ștæk). Aufs Produktfoto setzen und mit
Auslassungen oder Zensurbalken arbeiten („W**** – schmeckt verboten gut!“).
Hier dürfte auch das V eine Renaissance erleben, das lange der Marker
schlechthin für vegane Produkte war, sei es als Visch, Vleisch, Vöner oder
Volognese, und im Ausland auch als Vurger oder [5][Vozzarella]. Also, Mut
zum Vortspiel!
Möglichkeit 2: ganz neue Begriffe, wie Röllchen oder Gekrümeltes. Die
funktionieren natürlich auch erst mal nur in Verbindung mit Fotos, bis sie
sich etabliert haben. Das geht auch in „originell“ (Langer Lulatsch,
Fescher Fladen, Mündiger Bürger), in provokant (Fleischalternative für
Deutschland) oder ganz neu gedacht (Schlugel, Brozz, Grisselbriss).
Möglichkeit 3: andere Formen. [6][Skeuomorphismus heißt es], wenn neue
Dinge im Design Vertrautes imitieren, obwohl es funktional dafür keine
Notwendigkeit gibt, also etwa ein Rrrrring-Klingelton am Handy. Das ist
erst mal verständlich, um Konsument:innen ans Neue heranzuführen. Aber
vielleicht gibt es ja für nach Fleisch schmeckendes Essen noch viel tollere
Form/[7][Textur]-Kombinationen als die uns bekannten? Jetzt ist die Zeit,
es zu erproben. Ob Spiralen, Netze, Dodekaeder oder Wölkchen – der Vantasie
sind keine Grenzen gesetzt.
29 Oct 2025
## LINKS
DIR [1] /EU-Parlament-beschliesst-das-Ende-des-Veggie-Burger/!6115533
DIR [2] https://www.deutschlandfunk.de/oezdemir-stellt-ernaehrungsreport-vor-dlf-5687459d-100.html
DIR [3] /!vn6114741/
DIR [4] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2025/PD25_21_p002.html%20
DIR [5] https://1ness.in/products/vozzarella-200g
DIR [6] /Kolumne-Nullen-und-Einsen/!5057437
DIR [7] /Die-Textur-beim-Essen/!5991720
## AUTOREN
DIR Michael Brake
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