# taz.de -- Abkommen zwischen Israel und Hamas: Trump plant „Ausweitung des Friedens“ in Nahost
> Die lebenden israelischen Geiseln sind frei. Trump werde als
> Friedensstifter in die „Menschheitsgeschichte eingehen“, sagt Netanjahu.
IMG Bild: Die Geiseln sind zurück: Menschen jubeln nahe der Grenze zum Gazastreifen
Jerusalem/Berlin taz | Jubel brandet auf dem Geiselplatz in Tel Aviv auf,
als am Morgen die Nachricht kommt, auf die sie hier seit zwei Jahren
gehofft haben: Die ersten 7 von 20 verbliebenen Geiseln wurden der
israelischen Armee übergeben. Zehntausende haben sich auf dem Platz vor dem
Verteidigungsministerium versammelt, um die Freilassung aller noch lebenden
am 7. Oktober 2023 von der Hamas entführten Israelis zu feiern. Wenig
später brandet erneut Jubel auf, als ein Militärhelikopter mit am Morgen
Freigelassenen aus Richtung des Gazastreifens den Platz überfliegt und zum
nahen Ichilov-Krankenhaus abdreht.
Gegen 07.30 Uhr Ortszeit wurden zunächst Omri Miran, Alon Ohel, Eitan Mor,
Gali und Ziv Berman, Guy Gilboa-Dalal und Matan Angrest an das Rote Kreuz
übergeben. Später am Vormittag folgten weitere 13 Geiseln. Im Gegenzug ließ
Israel knapp 2.000 Palästinenser aus israelischen Gefängnissen frei. 250
von ihnen waren zu teils lebenslangen Haftstrafen für tödliche Attentate
auf Israelis verurteilt. 1.700 wurden seit Kriegsbeginn in der Regel ohne
Anklage im Gazastreifen festgenommen. Im von Israel besetzten
Westjordanland hatte die Armee vorab Häuser von Angehörigen durchsucht und
Feierlichkeiten verboten. Trotzdem begrüßten in Ramallah Hunderte Menschen
rund 88 freigelassene Häftlinge.
Auf der Armeebasis Reim an der Grenze zum Gazastreifen trafen die
freigelassenen Israelis nach einer medizinischen Untersuchung mit ihren
Familien zusammen. Der 48-jährige Omri Miran schloss nach zwei Jahren seine
Frau Lischai in die Arme und sprach per Videoanruf mit seinen heute zwei
und vier Jahre alten Töchtern Roni und Alma, die im Ichilov-Krankenhaus
warteten.
Ohne [1][Propaganda-Inszenierungen] wie bei früheren Abkommen wurden die
Geiseln nach 738 Tagen Gefangenschaft übergeben, unter ihnen die Zwillinge
Gal und Ziv Berman, die aus dem Kibbutz Kfar Azza entführt worden waren. In
Gefangenschaft waren die Brüder getrennt worden. Beide haben neben der
israelischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft.
## Der entführte Eitan Mor arbeitete auf dem Nova-Festival
Alon Ohel, der ebenfalls deutscher Staatsbürger ist, wurde während des
Hamas-Überfalls vom Nova-Festival entführt. In Gaza wurde er zeitweise
zusammen mit dem im August 2024 in Rafah getöteten Hersh Goldberg-Polin
gefangen gehalten. Der entführte Eitan Mor arbeitete auf dem Nova-Festival
als Sicherheitskraft, als er verschleppt wurde. Sein Vater Tsvika, ein
radikaler Siedler aus Kiryat Arba im Westjordanland, hatte sich als einer
der wenigen Angehörigen stets gegen die Freilassung im Austausch für
verurteilte Terroristen eingesetzt.
Unter den lebend freigelassenen ist auch Matan Zangauker. Seine Mutter
Einav, eine ehemalige Unterstützerin von Regierungschef Benjamin Netanjahu,
war in den vergangenen Jahren zu einer Ikone der Protestbewegung und zu
einer der schärfsten Kritikerinnen der Regierung geworden. Die Familie
Angrest dankte nach der Rückkehr ihres 22-jährigen Sohns Matan Angrest
Präsident Trump für dessen Freilassung. „Die Freude in unserer Familie
vermischt sich mit der Trauer über jene, die nicht lebend zurückgekehrt
sind.“
Statt wie vereinbart auch die 28 Leichen getöteter Geiseln zurückzugeben,
übergab die Hamas am Montag laut dem Familienforum lediglich die
sterblichen Überreste von 4 Menschen. Die israelische Führung war jedoch
nicht davon ausgegangen, bereits am Montag alle Leichen zu erhalten, da
manche unter Trümmern verschüttet sein sollen.
Kurz nach der Freilassung der ersten Geiseln landete der Mann in Israel,
dem viele in Israel das Abkommen verdanken: Mit militärischen Ehren und
rotem Teppich wurde US-Präsident Donald Trump auf dem Flughafen von
Netanjahu, Präsident Jitzchak Herzog und weiteren hohen Vertretern
empfangen. Am Nachmittag wurde Trump mit stehenden Ovationen im
israelischen Parlament empfangen. Auch Netanjahu wurde bejubelt, anders als
am Samstagabend auf dem Platz der Geiseln. Dort war die Rede des
US-Sondergesandten Steve Witkoff minutenlang von Buh-Rufen unterbrochen
worden, nachdem er Netanjahus Namen genannt hatte. Viele Israelis werfen
ihm vor, den Krieg aus politischen Erwägungen in die Länge gezogen zu
haben.
## Trump und Netanjahu werden bejubelt
[2][Später wurde Trump mit stehenden Ovationen im israelischen Parlament
empfangen.] Auch Netanjahu wurde bejubelt, anders als am Samstagabend auf
dem Platz der Geiseln. Dort war die Rede des US-Sondergesandten Steve
Witkoff minutenlang von Buh-Rufen unterbrochen worden, nachdem er
Netanjahus Namen genannt hatte. Viele Israelis werfen ihm vor, den Krieg
aus politischen Erwägungen in die Länge gezogen zu haben.
Trump und Netanjahu überboten sich am Montag mit Lob: Trump werde als
Friedensstifter in die „Menschheitsgeschichte eingehen“, sagte Netanjahu
und schlug ihn für den Friedensnobelpreis 2026 vor. Trump lobte Israels
Kriegsführung. Die USA hätten zahlreiche Waffen geliefert, „und ihr habt
sie gut eingesetzt“. Binnen zwei Jahren hat die israelische Armee in Gaza
mehr als 67.000 Menschen getötet. Menschenrechtsorganisationen, renommierte
Genozidforscher und UN-Experten sprechen von Völkermord. Israels Regierung
weist diesen Vorwurf zurück.
Beide Politiker sprachen von einer Ausweitung von Trumps Friedensplan auf
weitere Länder: Dieser öffne „die Türe für eine historische Ausweitung des
Friedens in unserer Region“, sagte Netanjahu. Trump schlug ein
Friedensabkommen zwischen Israel und dem Iran vor.
Neben Friedensplänen sprachen beide aber auch ausführlich von Krieg:
Netanjahu unterstrich seine Überzeugung, nur „Stärke kann Frieden
garantieren“. Er lobte den US-Angriff auf iranische Atomanlagen im Juni.
„Herr Präsident, Sie haben sie fertiggemacht.“ Trump stimmte zu: „Junge,
haben wir die getroffen.“ Wie sehr die Angriffe das iranische Atomprogramm
zurückgeworfen haben, ist umstritten.
Nun aber ist der Gazakrieg laut Trump beendet. Damit beginne eine
„dauerhafte Harmonie“ im Nahen Osten. Ob der Trump’sche Frieden in Gaza
wirklich hält, geschweige denn sich darüber hinaus ausdehnen lässt, bleibt
abzuwarten. Seit Freitag gilt in dem weitgehend zerstörten Küstenstreifen
eine Waffenruhe. Die radikalislamische Hamas aber kündigte bereits an, den
Kampf gegen Israel fortsetzen zu wollen. Auch ob sie ihrer geplanten
Entwaffnung oder der Verwaltung des Gazastreifens unter Führung der USA
zustimmen wird, ließ sie bisher offen.
Am Nachmittag reiste [3][Trump] weiter ins ägyptische Scharm al-Scheich zu
einem Friedensgipfel, zu dem mehr als 20 Staats- und Regierungschefs
erwartet werden. Ein Durchbruch ist dort kaum zu erwarten. Die Konferenz
soll trotz der hochrangigen Teilnehmer nur rund zwei Stunden dauern. Israel
hatte seine Teilnahme abgesagt. Auch ein Mitglied des Politbüros der Hamas
hatte erklärt, sich durch katarische und ägyptische Vermittler vertreten zu
lassen.
13 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Felix Wellisch
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