# taz.de -- Anke Feuchtenberger Ausstellung: Körper von Frauen und Nacktschnecken
> Körper ziehen sich durch die Kunst von Anke Feuchtenberger. Nun wird ihr
> Werk, samt ihrer ikonischen Plakate für die Frauenbewegung, ausgestellt.
IMG Bild: Wahlplakat für den Unabhängigen Frauenverband zur ersten gemeinsamen deutschen Wahl 1990
taz | „Der Körper ist das einzige Haus, das wir haben“, zitiert Kuratorin
Dörte Ahrens die Künstlerin Anke Feuchtenberger bei einem geführten
Rundgang durch die Feuchtenberger-Ausstellung, die jetzt im Schweriner
Schleswig-Holstein-Haus zu sehen ist. Die Schau ist ein kleiner
Rundumschlag durch das Werk der vor allem für ihre ungewöhnlichen Comics
bzw. Graphic Novels – keiner dieser Begriffe trifft es wirklich – bekannt
gewordenen Künstlerin. Das eingangs angeführte Zitat bezieht sich auf
Feuchtenbergers Arbeit „Das Haus“, die anno 2000 als Fortsetzungs-Comic in
den Berliner Seiten der FAZ erschien.
In extrem schmalem Hochformat (in Buchform erschienen im Reprodukt Verlag)
dekliniert Feuchtenberger [1][im engen Rahmen eines mehrstöckigen Hauses
mit surrealistisch verrätselten Bildern und Worten] den menschlichen Körper
durch.
Aus geradezu körperlicher Sehnsucht nach Berlin sei diese Arbeit entstanden
– in Folge 6, „Der Nabel“, ist der Fernsehturm erkennbar –, hat die
Urheberin selbst dazu erklärt. Sie war damals gerade nach Hamburg gezogen,
wo sie heute immer noch als Professorin für Graphische Erzählung und
Zeichnen tätig ist. Ihren Lebensmittelpunkt hat sie jedoch inzwischen nach
Vorpommern verlegt, jenen Landstrich, in dem sie einst aufwuchs.
Der größte Raum der Schweriner Ausstellung ist Feuchtenbergers Plakatkunst
gewidmet, einem Schwerpunkt ihres Frühwerks. 1963 in Ost-Berlin geboren,
erlebte die Künstlerin die Wendezeit als junge Mutter und begann sich
verstärkt mit gesellschaftlich geformten Frauenbildern auseinanderzusetzen.
Wer in den neunziger Jahren in Berlin lebte, wird unweigerlich irgendwo
[2][Feuchtenbergers ikonisches Plakat] mit der Aufschrift „Alle Frauen sind
mutig! stark! schön!“ gesehen haben, mit dem der neugegründete Unabhängige
Frauenverband 1990 in den Wahlkampf zog. Die Künstlerin sei damals, erzählt
die Kuratorin, mit diesem Plakat einfach beim Frauenverband aufgekreuzt und
prompt wieder weggeschickt worden. Doch dann sei eine Frau ihr nachgelaufen
und habe gemeint, vielleicht sei da ja doch etwas möglich …
Zur Schweriner Ausstellung hat Feuchtenberger das Plakat als Lithografie
neu aufgelegt. – Für Bündnis 90/Die Grünen entstand in den 90ern ein
weiteres ikonisches Bild: „Mein Bauch gehört mir!“ steht neben einer
expressionistisch stilisierten, nackten Frauengestalt mit wehender lila
Haarmähne und einem Baby auf dem Arm.
Dieses Motiv, Frau mit anhängendem Kleinkind, findet sich auch in viel
späteren Feuchtenberger-Werken immer wieder. Auch in „Bärmi und Klett“,
einem ihrer ersten Werke im Comic-Sektor aus den 90er Jahren, ist das
Eltern-Kind-Thema zentral. Und selbst in der sehr viel später
[3][entstandenen Graphic Novel „Die hure h“], einem in komplexer Weise dem
weiblichen Körperbild nachspürenden Werk, taucht das Kind auf dem Arm
wieder auf.
## Rezeption in Deutschland erst spät
Im europäischen Ausland, wo zwischen Comic- und sonstiger bildender Kunst
eine weniger scharfe Trennlinie gezogen wird oder wurde als hierzulande,
wurde Anke Feuchtenberger viel früher intensiv rezipiert als in
Deutschland. Aber auch hierzulande hat sich die Wahrnehmung der
Bild-mit-Wort-Kunst in den letzten Jahrzehnten entscheidend gewandelt. Eine
wirksame Hochkultur-Weihe wurde Feuchtenberger 2024 zuteil, als ihr
[4][Opus magnum „Genossin Kuckuck“ für den Literaturpreis] der Leipziger
Buchmesse nominiert wurde.
Darin evoziert sie in assoziativer Weise und mit surrealistisch überhöhten
Bildern Kindheitserlebnisse und -traumata eines Aufwachsens im ländlichen
Osten Deutschlands. Zahlreiche Sequenzen und Einzelbilder daraus sind in
der Ausstellung zu sehen. Eigentlich, so wird erkennbar, ist jedes einzelne
dieser Bilder nicht nur Teil einer Geschichte, sondern könnte auch für sich
allein an einer Wand hängen.
Wobei sich die Frage stellen würde, ob man etwa ein mit hochästhetischer
Detailtreue erstelltes Großporträt einer Nacktschnecke wirklich an der
Wohnzimmerwand haben wollte. Ihre intensive Beschäftigung mit Schnecken, so
hat [5][die Künstlerin einmal im Interview] erklärt, sei daraus entstanden,
dass dort, wo sie lebe, diese Lebewesen mitunter „zu Hunderten ins Haus
gekrochen“ kämen.
Die Ekelgefühle der Menschen den Nacktschnecken gegenüber hätten sie
interessiert, denn sie sei das Gefühl nicht losgeworden, als richteten sich
diese „in sehr ambivalenter Weise gegen uns selbst. […] Wir alle sind
Schleim.“
22 Oct 2025
## LINKS
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DIR [2] /Ausstellung-feministisches-Grafikdesign/!5916987
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DIR [4] /Hoechste-Ehren-fuer-Anke-Feuchtenberger/!5998135
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## AUTOREN
DIR Katharina Granzin
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