# taz.de -- Wehrpflicht in Dänemark: Mehr Wehrdienst für alle
> Dänemarks Streitkräfte setzen beim Rekrutieren von Nachwuchs trotz
> Losverfahren auf Freiwilligkeit. Der Wehrdienst wird verlängert – und
> gilt auch für Frauen.
IMG Bild: Wehrdienst in Dänemark: Nächstes Jahr soll er statt vier elf Monate dauern
Härnösand taz | Die Union führt gerne das Vorbild [1][Dänemark und seine
Wehrpflicht-Lotterie] ins Feld. Doch dann war der Widerstand [2][gegen ein
Losverfahren bei Musterung und Wehrpflicht in der SPD-Fraktion doch zu
groß]. Praktisch spielte sie in Dänemark auch bislang kaum eine Rolle. Aber
Dänemark steckt selbst in einem Wehrpflicht-Umbaumodus. Ab dem kommenden
Jahr wird der Wehrdienst grundlegend verändert – größer, schneller weiter,
sozusagen.
Statt vier soll er elf Monate dauern. Nach einer fünfmonatigen
Grundausbildung sollen die Rekrutierten dann noch ein halbes Jahr in dem
von ihnen gewählten Bereich an der Seite von Berufssoldaten operativen
Dienst tun, mit denselben Aufgaben. So könnten sie auch etwa auf dänischen
Fregatten eingesetzt werden, die auf Nato-Mission unterwegs sind.
Der Chef des Wehrpflichtprogramms, Kenneth Strøm, erklärte dem Dänischen
Rundfunk DR im Juni: „Es geht um Kampfkraft. Wir befinden uns in einer
Situation, in der die Kampfkraft fast nicht schnell genug aufgebaut werden
kann.“
Die zweite große Neuerung: Der Pool der Wehrpflichtigen wird radikal
vergrößert. Der Musterungsbescheid ist seit diesem Sommer auch für Frauen
verbindlich. Zuvor war er für sie ein Angebot, sich freiwillig zu melden.
Dänemark geht diesen Schritt übrigens zehn beziehungsweise acht Jahre
später als Norwegen und Schweden.
## Das Los gilt nur, wenn sich nicht genug freiwillig melden
Nur in Finnland bleibt der Militärdienst für Frauen vorerst freiwillig –
dort droht traditionell auch ohne sie kein Rekrutenmangel. Im vergangenen
Jahr wurden laut der finnischen Armee 76,07 Prozent der 2006 geborenen
Männer einberufen. Das waren 24.285 neue Soldaten. 1.448 freiwillige
Soldatinnen kamen dazu.
In Dänemark werden nun also sämtliche 18-Jährige per Musterungsbescheid
benachrichtigt, dass es Zeit wird, sich vorzustellen. Beim sogenannten Tag
der Streitkräfte werden sie dann informiert, untersucht und getestet. Und
wer dann als tauglich oder begrenzt tauglich gilt, zieht an diesem Tag das
Los, von dem in Deutschland so viel die Rede ist.
Die Nummer darauf kommt erst zum Einsatz, wenn sich nicht genug der
tauglich Gemusterten aus freien Stücken für den Wehrdienst anmelden.
Bisher, das betonen die Streitkräfte immer wieder, liegt diese
Freiwilligenquote quasi bei 100 Prozent. Erklärtes Ziel ist, dass das auch
künftig so bleibt, dass also niemand wegen seiner Losnummer zum Dienst
gezwungen wird. Auch dann nicht, wenn Dänemark die Zahl der jungen
Rekrutierten künftig erhöhen will, von derzeit rund 4.700 pro Jahr auf
zunächst 6.500. Man hat die Gruppe der Wehrpflichtigen ja gerade um etwa
das Doppelte vergrößert, das soll helfen.
Dass die anspruchsvolleren Elf-Monats-Dienste mit beabsichtigtem Nahkontakt
zu größeren Waffen [3][vielleicht zu mehr Wehrdienstverweigerungen führen]
könnten, sei zwar denkbar, so Kenneth Strøm. Derzeit sei die Zahl ja im
Grunde bei Null. Man hoffe aber, dass die „hundertprozentige
Freiwilligkeit“ auch künftig bestehen bleibe.
15 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Anne Diekhoff
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