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       # taz.de -- Fußball-WM 2026: Soll die Weltmeisterschaft den USA entzogen werden?
       
       > US-Präsident Trump droht politisch missliebigen Gastgeberstädten dreist
       > mit WM-Entzug. Das wirft eine grundsätzliche Frage auf. Ein Pro und
       > Contra.
       
   IMG Bild: Infantino macht sich zum Büttel von Trump: Beim Gaza-Friedensgipfel ist der Fußballfunktionär dank des US-Präsidenten auch dabei
       
       ## Ja!
       
       Nein, Sie haben nichts verpasst. Eine Fußballweltmeisterschaft kann nach
       den derzeitigen Statuten der Fifa keinem Land entzogen werden, [1][das
       extrem ins Autoritäre oder gar Totalitäre kippt.] Eine Änderung ist auch
       nicht in Sicht. Im Gegenteil, die letzten WM-Bewerbungsphasen zeigen, es
       wirkt sich eher begünstigend aus, wenn solvente Kandidaten ihren Willen der
       Bevölkerung aufzwingen und Menschenrechte mit Füßen treten können. Zum
       Spielball der Despoten wird dieses aufgepimpte Sportevent immer mehr, weil
       seine Wächter erkannt haben, wie viel Geld diese für das prächtige
       Propagandatool übrig haben.
       
       Wäre es aber nicht dringend geboten, Grenzen zu ziehen, um diese
       Entwicklung einzuhegen? Unbedingt! Die Fifa muss ihre Statuten dahingehend
       ändern und den USA und ihrem Präsidenten Donald Trump die WM entziehen. Die
       Grenzen sind bei Weitem überschritten. Während Gastgeber Katar noch
       Menschenrechtskritik zum Anlass nahm, um für den guten WM-Schein Gesetze
       minimal zu liberalisieren, nutzt Trump dieser Tage die WM willfährig als
       Instrument, um diejenigen einzuschüchtern, die sich seiner
       menschenrechtsverachtenden Politik in den Weg stellen. Boston und anderen
       WM-Ausrichterstädten drohte er mit Entzug des Turniers, sollten diese
       seinen Nationalgardisten nicht freie Hand lassen.
       
       Ein Anruf bei seinem Freund Gianni Infantino würde genügen, warnte er.
       Dessen kann er sich gewiss sein, weil ihm der Fifa-Chef schon seit seinem
       Amtsantritt [2][untertänigst und voller Dankbarkeit hinterherdackelt] –
       sogar bis zum Gaza-Gipfel nach Ägypten diese Woche. Deshalb kann der
       Schwanz nun mit dem Hund wedeln. Die Fifa hat sich unter der Führung von
       Infantino selbst entmachtet.
       
       Menschenrechtsvereinbarungen vor Turnieren sind eh nur noch lächerliche
       Staffage. Es ist aber auch nicht mehr mit WM-Boykottaufrufen aus der
       Schmollecke getan, in der es sich alle gemütlich machen können. Es braucht
       einen Aufstand derjenigen, die den Fußball nicht autoritären Mächten
       überlassen wollen. So prekär war die Lage schon lange nicht mehr. Es bedarf
       mindestens einer Debatte über den WM-Entzug. Johannes Kopp
       
       ## Nein!
       
       Die Fußball-WM der Männer 2026 findet in Nordamerika statt. Zwei Stadien
       stehen in Kanada, drei Stadien in Mexiko [3][und elf Stadien in den USA.]
       So ist die Macht im Augenblick leider verteilt.
       
       US-Präsident Donald Trump droht nun damit, US-Städten, die sich seiner
       autoritären Politik nicht beugen wollen, die WM-Austragung abzunehmen. Dies
       ist ein Verstoß gegen die Fifa-Regeln, aber ich mag mich darüber nicht
       aufregen. Der Weltfußballverband pflegt nämlich mit seinen
       Ausrichterverträgen Unverschämtheiten durchzusetzen: Steuerfreiheit für
       seinen Verein, exklusive Rechte für die Fifa-Sponsoren, Einschränkung von
       Versammlungsfreiheit, Aneignung öffentlicher Infrastruktur. Damit kommt die
       Fifa überall durch, weil sie die Welt mit ihrer wertvollen Ware „FIFA World
       Cup“ beglücken möchte und weil sie Monopolist ist.
       
       Dass Donald Trump nun gegen demokratisch regierte Städte vorgeht, ist ein
       Skandal. Aber ein Widerstand dagegen, der sich argumentativ nur auf die
       Regeln der Fifa stützt, taugt nichts. Eine solche Art von Protest lebt
       vielmehr von der zwar theoretisch beerdigten, aber im Diskurs
       quicklebendigen Lüge vom Sport, der anders und besser sei als die böse
       Politik und ansonsten nicht viel mit ihr zu tun hat.
       
       Die Fifa ist jedoch ein weltpolitischer Akteur, und zwar ein – gelinde
       gesagt – sehr unsympathischer. Bei der 2026er-WM kann sie ihre Macht
       besonders gut ausspielen, weil sie eine Kumpanei mit dem Weißen Haus
       eingeht – wie auch Donald Trump seine Macht vergrößern will, indem er sich
       bei der Fifa anwanzt.
       
       Neu ist so etwas nicht. Die Fußball-WM der Männer fand 1934 im
       faschistischen Italien statt, [4][1978 in der Militärdiktatur
       Argentiniens,] wir hatten sie 2018 in Russland und 2022 in Katar. Nur der
       Takt dieser Arschlochkumpanei wird kürzer (bis zur WM in Saudi-Arabien sind
       es nur noch 9 Jahre). Jede dieser WMs war für sich ein Skandal, aber immer
       hätten wir lernen können, dass unser politischer Protest sich nie auf die
       Fifa und ihre, haha, „Werte“ stützen sollte. (Und auf das Internationale
       Olympische Komitee übrigens auch nicht. Aber das ist eine ganz gleiche
       Geschichte.)
       
       Martin Krauss
       
       17 Oct 2025
       
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   DIR Martin Krauss
       
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