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       # taz.de -- Pop-Produzent Jack White ist tot: Sounds, die auch gekauft wurden
       
       > Keiner prägte mit seinen mitklatschfähigen Klängen die deutschen 70er so
       > wie Jack White. Hits wie „Fußball ist unser Leben“ spielten Millionen
       > ein.
       
   IMG Bild: Ließ sich das Singen nicht verbieten: Jack White, Musikproduzent, ist tot
       
       Der Sohn eines Metzgermeisterehepaares hatte ja zunächst starkes
       Fußballtalent, geboren und aufgewachsen in Köln, gelehrtes Kicken bei der
       dortigen Viktoria, dort in den Blick genommen von der späteren
       Gladbach-Trainerlegende Hennes Weisweiler: Horst Nußbaum, wie er vor seinen
       künstlerischen Schritten hieß, schaffte es bis ins Oberligateam, meist ein
       Libero, ein Spielsortierer. Später sollte er ein Mäzen des (West-)Berliner
       Vereins Tennis Borussia werden – TeBe und Jack White, wie der
       Musikproduzent nun hieß, das war fast so spannend wie der Querelenverein
       Hertha BSC.
       
       Es sollte aber mehr als Fußball sein. Nach Ausflügen ins schlagereske
       Solofach als Jack White begann er zu produzieren. Und das so erfolgreich,
       so kulturprägend für die 70er bis 80er Jahre, dass man ihn, Jack White mit
       Villa in Berlin-Grunewald, als einen der erfolgreichsten Pop-Erfinder der
       bundesdeutschen Nachkriegszeit verstehen muss.
       
       ## Er wusste, was ankommt
       
       Seine Masche, die ihm und seinen Unternehmen Abermillionen in die Kassen
       spülte, war so simpel wie genial: Er hatte ohnehin keine Ahnung von
       deutschen Eigentlichkeiten im Kulturmilieu, ihm ging es um Erfolg, also um
       Sounds, Klänge, die auch gekauft werden. White wusste, was ankommt –
       mitklatschfähige Schlager mit Neigung zur hymnischen Entgrenztheit.
       
       Anders als sein Generationskollege Ralph Siegel und der etwas ältere
       Christian Bruhn wusste White, was so auf den Jahrmärkten, bei den
       Schützenfesten, beim Karneval und beim gewünschten deutschen
       Frohbehauptungssinn gefragt ist: Schnarrende Schunkeleien in Noten, am
       liebsten zum Mitsingen.
       
       ## Wie ein Kommentar der 70er Jahre
       
       White schuf Titel wie „Schöne Maid“ (Tony Marshall), „Wir lassen uns das
       Singen nicht verbieten“ (Tina York), „Heute hau’n wir auf die Pauke“ (Tony
       Marshall), „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“ (Jürgen Marcus) und
       auch den Fußball-WM-Song für das Heimturnier 1974 „Fußball ist unser Leben“
       (vom DFB-Team) – später auch als Laura Branigans Produzentin „Self Control“
       u.a.
       
       Seine Klänge hörten sich wie der allerstimmigste Kommentar einer
       Bundesrepublik der 70er Jahre an: Man war aus dem Gröbsten raus, verdiente
       tüchtig auch durch Streiks erstrittene Löhne, konnte sich Urlaube leisten
       und hatte für Partys Geld übrig, gern im eigenen Garten (oder
       Schrebergarten) zum Grillen.
       
       Jack White war ein Kulturproduzent ohne jede weltkritische Allüre, er
       wollte, ganz im Einklang mit den Millionen, die seine Musik als Singles
       kauften, unterhalten, nicht die Welt verbessern, wenn, dann nur im
       Privaten. Er verstand sich nicht als verhinderter Jazzer, Kulturelles nahm
       er in Kauf, ihm ging es um Erfolg, und der definierte sich für ihn wie
       Goldene Schallplatten etc.: Reichlich wurde er mit diesen ausgezeichnet.
       
       Mit der Zeit wurde er so zum Mogul der Unterhaltungskünste, finanziell gut
       gebettet, mehrfach liiert und Vater mehrerer Kinder. Im Alter von 85 Jahren
       ist er in Berlin gestorben.
       
       16 Oct 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Feddersen
       
       ## TAGS
       
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