# taz.de -- Streit um Chiphersteller Nexperia: Autobauer schlagen Alarm
> Der niederländische Chiphersteller Nexperia steckt mitten im
> Handelskonflikt. Die Regierung in Den Haag hat ihn nun unter ihre
> Kontrolle gebracht.
IMG Bild: Mitarbeiter der Nexperia GmbH gehen durch die sogenannten Reinräume des Halbleiterproduzenten
taz | Wegen der Unruhen beim niederländischen Chiphersteller Nexperia
schlägt die [1][Autoindustrie] Alarm. Am Donnerstagabend warnte der
US-Lobbyverband Alliance for Automotive Innovation, der etwa Ford, General
Motors, Toyota und Volkswagen vertritt, in US-Werken könnten die Chips
schon im kommenden Monat knapp werden. Nexperia habe Autobauer und
Zulieferer am 10. Oktober darüber informiert, dass es seine Lieferungen
nicht mehr garantieren könne, heißt es beim europäischen Autoverband ACEA.
Das Chip-Unternehmen steckt mitten im internationalen Handelsstreit. Es hat
seinen Hauptsitz im ostniederländischen Nijmegen und betreibt auch Werke in
Großbritannien und Deutschland. Nexperia gehört aber [2][zu dem teils
staatlichen chinesischen Konzern Wingtech]. Sowohl von US-amerikanischer,
als auch von chinesischer Seite ist der Hersteller von
Ausfuhrbeschränkungen betroffen.
Die niederländische Regierung griff zu einem außergewöhnlichen Mittel, um
der Sache Herr zu werden. Ende September stellte Wirtschaftsminister
Vincent Karremans Nexperia für bis zu ein Jahr unter Aufsicht seines
Ministeriums, wie er diese Woche das Parlament informierte. Dabei gilt
seine liberal-rechte Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD) sonst
nicht gerade als Freundin staatlicher Eingriffe in den ökonomischen Sektor.
Ohne Zustimmung von Karremans' Haus dürfen nun keine Teile des Unternehmens
ins Ausland verlagert oder Führungspositionen neu besetzt werden. Auch
wichtige Entscheidungen kann Nexperia vorerst nicht an Den Haag vorbei
treffen. Wingtech-Gründer Zhang Xuezheng wurde von einem Amsterdamer
Gericht wegen schlechter Geschäftsführung als Nexperia-Chef suspendiert.
Übergangsweise übernimmt der bisherige Finanzvorstand Stefan Tilger die
Führung.
## Produktion wird laut Niederlanden nicht behindert
Durch die Schritte der niederländischen Regierung werde der reguläre
Produktionsprozess nicht behindert, heißt es in einem Schreiben von
Karremans an das Parlament. Das Ministerium wolle mit seinem Vorgehen den
„Erhalt einer für Europa zentralen Wertschöpfungskette“ sichern.
Juristische Grundlage ist das Gesetz über die Verfügbarkeit von Waren, das
1952 für Not-Situationen eingeführt, aber noch nie angewendet wurde.
China reagierte mit einem Export-Verbot für Nexperia, was in China
gefertigte Chips betrifft. Die staatliche Zeitung Global Times, die das
Vorgehen Den Haags „außergewöhnlich skandalös“ nannte, riet den
Niederlanden, „nicht zu unterschätzen, welche Gegenmaßnahmen China treffen
kann“. Der frühere Nexperia-Manager Frans Scheper äußerte am Donnerstag
gegenüber dem Wirtschafts-Sender RTL Z die Befürchtung, die Verlagerung der
Chip-Produktion nach China könne nun sogar beschleunigt werden.
## Chips für Autos, Kühlschränke – und Waffen
Nexperia stellt vor allem Standard-Produkte her, die in alltäglichen
Gebrauchsgegenständen wie Autos, Kühlschränken, Lampen und Mobil-Telefonen
enthalten sind. Daneben werden die Chips jedoch auch im Rüstungsbereich
verwendet.
Die besondere Brisanz des Falls Nexperia erschließt sich auch vor dem
Hintergrund, dass [3][Mikro-Chips] aus niederländischer Produktion in
großen Mengen in Russland landen und dort in Waffen eingesetzt werden.
Bereits Anfang 2023 berichteten niederländische Medien, die Sanktionen
würden vielfach unterlaufen.
Wladyslaw Wlasiuk, Sanktionsberater des ukrainischen Präsidenten Selenski,
erklärte 2024 bei einem Besuch der ukrainischen Botschaft in Den Haag:
„Jede russische Rakete enthält Teile, die im Westen hergestellt sind. Wenn
Russland diese nicht mehr empfängt, kann die Rakete auch nicht mehr fliegen
und in der Ukraine Menschen töten.“
Das TV-Magazin Nieuwsuur veröffentlichte im vergangenen Jahr
US-amerikanische Handelsdaten, denen zufolge Russland die Chips über Länder
wie China, Türkei oder Thailand importiere. Wasiuk forderte damals die
Fabrikanten selbst auf, „mehr zu tun, um zu verhindern, dass ihre Produkte
Russland erreichen“.
Die niederländische Tageszeitung Volkskrant sieht durch das Vorgehen der
Regierung gegen Nexperia den „Chip-Krieg zwischen den Niederlanden und
geopolitischen Widersachern in einer neuen Phase“.
17 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Tobias Müller
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