# taz.de -- Gedächtnisforschung: Wie starke Gefühle auf Erinnerungen ausstrahlen
> Eine neue Studie zeigt, welche Faktoren Erinnerungen befördern. Und wie
> Belohnungen unsere Gehirne unterstützen können.
IMG Bild: Unser Gedächtnis ist aufmerksamer gegenüber dem, was emotional ist
Warum erinnern wir uns an kleinste Details scheinbar belangloser Momente,
vergessen aber andere, wichtigere komplett? Dass das menschliche Gedächtnis
kein Diktiergerät ist und sich Erinnerungen verändern können, wissen
Neurowissenschaftler*innen schon lange. Hinter den [1][Themen der
Gedächtnisforschung] stecken gesellschaftliche Fragen: Können wir den
Berichten von Augenzeug*innen vertrauen? Wie beeinflusst es das
Erinnern, ob ich auf einer Polizeiwache aussage oder im eigenen Bett das
Erlebte reflektiere? Was führt dazu, dass sich einige Menschen Dinge besser
merken können als andere?
Ein Team rund um Robert Reinhart von der Universität Boston hat sich nun
mit der Frage beschäftigt, welche Rolle Gefühle bei der Frage spielen, ob
wir eine Erinnerung behalten.
## Die Studie
Für ihre Analyse, die im Fachblatt Science Advances [2][erschienen ist],
haben die Forschenden zehn Einzelstudien mit insgesamt 648 Teilnehmenden
ausgewertet. In den Experimenten prüften Wissenschaftler*innen, wie
Belohnung das Erinnerungsvermögen beeinflusst. So mussten Teilnehmende etwa
Bilder von Tieren und Werkzeugen richtig zuordnen – teils ohne, teils mit
Belohnung. Bei einer richtigen Antwort erhielten sie Punkte oder Geld.
Dabei wurden in verschiedenen Gruppen unterschiedliche Kategorien von
Bildern hoch belohnt. Einen Tag später mussten die Proband*innen
angeben, welche Bilder sie wiedererkannten.
So wurde deutlich, dass die Aussicht auf Belohnung das Erinnern verstärkt.
Für die Metastudie nutzen die Forschenden dann auch eine KI, die bei den
Tests verwendete Bilder nach Ähnlichkeit gruppierte. So berechneten die
Forschenden, ob belohnte Motive auch ähnliche, aber unbezahlte Bilder im
Gedächtnis stärken. Tatsächlich wirkte sich eine Belohnung auch darauf aus,
wie gut ähnliche Motive erinnert wurden.
Emotionale Erlebnisse wie eine Belohnung wirken also möglicherweise wie ein
Scheinwerfer im Gedächtnis: Sie erhellen nicht nur den zentralen Moment,
sondern auch die eher nebensächlichen, aber verwandten Erinnerungen um ihn
herum.
## Was bringt’s?
Die Studie zeigt, dass unser Gedächtnis aufmerksamer gegenüber dem wird,
was emotional ist. Das gibt Hinweise darauf, warum wir uns an scheinbar
nebensächliche Details rund um einschneidende Momente besonders gut
erinnern. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass das Gehirn Erinnerungen nicht
statisch ein- oder aussortiert, sondern dieser Filterprozess gleitend
verläuft. Dieses Wissen könnte auch pädagogische Methoden rund ums Lernen
und Gedächtnistraining beeinflussen. Emotionale Erfahrungen können
möglicherweise dafür genutzt werden, flüchtigere Erinnerungen dauerhafter
im Gedächtnis zu speichern. Inwieweit das auch für Englischvokabeln gilt,
muss die Forschung noch zeigen.
2 Nov 2025
## LINKS
DIR [1] /Ehrung-fuer-Psychiater/!5639411
DIR [2] https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.ady1704
## AUTOREN
DIR Raweel Nasir
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