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       # taz.de -- Besetzung in Berlin Steglitz: Der Bierpinsel ist wieder eröffnet
       
       > Aktivist:innen haben am frühen Samstagmorgen den „Bierpinsel“
       > besetzt, aus Protest gegen Kürzungen und Leerstand. Auch die taz war früh
       > auf den Beinen.
       
   IMG Bild: Besetzung im Bierpinsel: Die Aktivist:innen protestieren gegen Kürzungen und Leerstand
       
       4.30 Uhr, in einem Park nahe der Schloßstraße in Steglitz. Letzte
       Lagebesprechung, bevor sich die schätzungsweise rund 20-köpfige Gruppe auf
       den Weg macht. Sie alle sind vermummt, haben Rucksäcke mit Verpflegung
       dabei. Eine Aktivistin zeigt der Gruppe noch eine Atemübung, um auch in
       hektischen Situationen möglichst Ruhe bewahren zu können. Doch noch ist
       hier alles ruhig. Nur wenige Passant:innen sind unterwegs, hin und
       wieder mal ein Auto. Im „Pia Beef Kebab“ an der U-Bahn-Station Schloßstraße
       wird noch aufgeräumt.
       
       Dann ein Signal. Die Luft scheint rein zu sein. Plötzlich geht alles ganz
       schnell. Mucksmäuschenstill und geschlossen bewegt sich die Gruppe in
       Richtung des sogenannten „Bierpinsels“, ein rund 47 Meter hoher bauchiger
       Betonklotz, der auch als [1][„Steglitzer Pinsel“] bekannt ist. Unbemerkt
       verschwinden die Aktivst:innen in dem Gebäude. Die Eingangstür
       verschließen sie hinter sich. Nur die taz bleibt draußen.
       
       Doch was ist die Motivation hinter der Besetzung? Der Bierpinsel in
       Steglitz gelte als „Pleitebau“, heißt es in einer Pressemitteilung der
       Gruppe. Seit 2002 habe der „Bierpinsel“ „ständig wechselnde Besitzer“. Nun
       wolle man „diese Immobilienspekulation beenden und einen Begegnungsort für
       alle schaffen“, ist darin zu lesen. Im „Bierpinsel“ will man nun ein
       „selbstverwaltetes Gemeinschaftszentrum“ eröffnen.
       
       Erbaut wurde der „Bierpinsel“ zwischen den Jahren 1972 und 1976. Das
       Gebäude soll einen stilisierten Baum darstellen. So zumindest hatten es die
       Architekt:innen Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte im Sinn. In den
       1980er- und 1990er-Jahren wurde das Gebäude etwa gastronomisch genutzt,
       auch ein Hotel war mal darin. Seit mehr als zwei Jahrzenten steht das
       Gebäude nun aber vor allen Dingen leer. Gründe dafür sind Rohrbrüche,
       Asbestfunde und Brandschutzbestimmungen. Lediglich einige Zwischennutzungen
       gab es seitdem, kurzfristig etwa eine Diskothek und auch ein
       [2][Kunstcafé].
       
       ## Aktivist:innen wollen auf den Leerstand aufmerksam machen
       
       Seit 2021 gehört das Gebäude der ImmoMa GmbH von Götz Fluck. Gekostet hat
       es rund 2,7 Millionen Euro. Fluck träumt nun auch wieder von einem
       Gastronomiebetrieb, mit Dachterrasse, auch Büros und eine Außenstelle der
       Freien Universität ist angedacht. Wie die B.Z. Anfang des Jahres
       berichtete, sind zudem Büros sowie eine Außenstelle der Freien Universität
       geplant. Die Außenfassade will ImmoMa begrünen. Passiert ist bisher
       allerdings gar nichts.
       
       Auch aus der in diesem Jahr geplanten Eröffnung wurde nichts. Wie die B.Z.
       Anfang Januar berichtete, wollte ImmoMa in diesem Jahr Bauanträge
       einreichen. Laufe alles wie vorgesehen, könne das Gebäude in drei bis vier
       Jahren wieder eröffnet werden, [3][berichtete das Blatt unter Berufung auf
       den Geschäftsführer Fluck]. Kritiker:innen allerdings sprechen mit
       Blick auf den „Bierpinsel“ auch von „spekulativem Leerstand“.
       
       Mit der Besetzung wollen die Aktivist:innen deshalb auch auf den
       „massiven Leerstand in Steglitz und Gesamtberlin“ aufmerksam machen. Denn
       schon in unmittelbarer Nähe zum „Bierpinsel“ befindet sich noch ein
       Monument einer gescheiterten Stadtplanung, der der Steglitzer Kreisel. Und
       auch den „demokratiefeindlichen Sozialabbau“, gemeint ist die
       Kürzungspolitik des Senats, kritisieren sie. Der Entwurf des
       Doppelhaushalts 2026/27 steht wegen der anhaltenden Kürzungen derzeit
       [4][massiv in der Kritik]. Von den Kürzungen betroffen sind insbesondere
       etwa die Bereiche Kultur, Bildung und Sozialprojekte.
       
       Parallel findet in direkter Nähe zum besetzten „Bierpinsel“ an diesem
       Samstag ein Kiezfest statt. Auch hier geht es um die Kürzungen und das
       Thema Leerstand. „Die Kürzungen des Berliner Senats finden auf Kosten der
       Berliner*innen statt“, heißt es dazu in einem Aufruf. Das Kiezfest vor
       dem Boulevard Einkaufszentrum in Steglitz soll bis 18 Uhr stattfinden.
       
       Um 12 Uhr schließlich rollen Transparente aus den Fenstern des
       „Bierpinsels“, auch Bengalos. „Pinsel besetzen, und Kiez vernetzen“, steht
       auf einem. Auch auf der Schlossstraße haben sich augenscheinlich etwa 50
       Protestierende versammelt. „bierpinsel für alle“, wird skandiert, Flyer
       werden verteilt. Vor der Aufgangstreppe zum Gebäude haben sich einige
       Protestierende positioniert und blockieren den Zugang zum Aufgang des
       Gebäudes. Doch es dauert nur wenige Minuten, bis immer mehr Polizeikräfte
       eintreffen. Schnell ist die Sitzblockade geräumt. Laut einem
       Polizeisprecher werde nun das weitere Vorgehen geprüft und ermittelt, wie
       viele Personen im Gebäude sind.
       
       18 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bausuenden-in-Steglitz/!6112339
   DIR [2] /Bierpinsel-wird-in-Farbe-getaucht/!466882/
   DIR [3] https://www.bz-berlin.de/berlin/bierpinsel-investor-plaene
   DIR [4] /Proteste-gegen-Kuerzungen-in-Berlin/!6115046
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nicolai Kary
       
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